Hinterausgang

Kurzprosa zum Thema Traum/ Träume

von  Moja

Wie aus dem Nichts erscheinen zwei Herren im Türrahmen, der eine sieht aus wie der andere – gleicher Haarschnitt, grauer Anzug, blendend weißes Hemd, gestreifte Krawatte. Sie ziehen die Köpfe ein  – und sind drinnen, sitzen schon auf den wackligen Stühlen. „Ihre Frist ist abgelaufen!“, verkündet der eine und klappert seine Rede herunter. „Wo kann man hier Geld tauschen?“, unterbricht der andere, sein Blick schweift argwöhnisch über Termitenhügel und Matratze. „In drei Monaten haben Sie sich am anderen Ende der Welt einzufinden!“ beharrt der erste und breitet meinen Arbeitsvertrag aus – 113 Seiten stark, Querformat, kleinkariert – der Firmenname, schwarz auf weiß gestempelt, rechts oben: DEUTSCHES MASS, darunter kleiner: datiert, mein Name, Personenkennzahl. Umhimmelswillen, ich erinnere mich an den Namenszug auf der Hauswand, ein altes Familienunternehmen. Dieser Schreck! Besser keine Fragen stellen, ich könnte mich um Kopf und Kragen reden. Trotzdem, nein, nun erst recht: sofort aufwachen. JETZT!

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (25.06.19)
Hallo Monika,
erinnert mich ein bisschen an den Anfang von Kafkas Prozess.
LG
Ekki

 Moja meinte dazu am 26.06.19:
Danke, lieber Ekki, ja, ein ziemlich kafkaesker Alptraum, den ich in Afrika erlebte und hier verarbeitete.
Gut gekühlte Grüße, Moja

 AchterZwerg (25.06.19)
Tja,
so isses während der Globalisierung.
Mobilität ist angesagt. Ganz besonders, wenn die Frist (Zeitvertrag?) bereits abgelaufen ist. ;)
Da wird noch schnell auf DIN-Norm zurechtgestumpt, denn am Ende der Welt ist vielleicht noch weniger Platz als hier ...
Besonders gefällt mir die Parallelgestaltung der beiden Anzugtypen:
"Ihre Frist ist abgelaufen" und
"wo kann man hier Geld tauschen?"

Liebe Grüße
der8.

 Moja antwortete darauf am 26.06.19:
Heißen Dank für Deine Anmerkungen, lieber AchterZwerg!
Zu mehr bin ich gerade nicht fähig, in Afrika war das damals irgendwie nicht so heiß, schmelzende Grüße, Moja

 GastIltis (25.06.19)
Oh oh, erinnert mich ein wenig an Günter Kunerts "Zentralbahnhof". Nicht ganz so ernst, aber immerhin. Überlegenswert. LG von Gil.

 Moja schrieb daraufhin am 26.06.19:
Danke auch für diesen Hinweis, lieber Gil, las ich gleich mal nach - kafkaeskes Stück von Kunert.
Ich verarbeitete einen Alptraum, das "andere Ende der Welt" war für mich damals Deutschland, in Afrika wollte ich bleiben...
Lieben Gruß, Moja
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