Schnittstelle

Kurzprosa zum Thema Traum/ Träume

von  Moja

Ein riesiger Mond, weiß wie Milch, steht dicht vorm offenen Fenster. Sein scharfer Schein rötet meine Haut. Ich habe Mondbrand.

Im Treppenhaus fegt ein Afrikaner, er sammelt 6000 Unterschriften gegen seine Ausweisung. Ich unterschreibe im Vorbeigehen.

Aus Hauseingängen strömen Menschen auf die Straße, versammeln sich vor einem Jazz-Klub. „Solche Musik spielte man früher, die gibt es nicht mehr“, seufzt einer.

Neben der Wasserpumpe schneidet ein Afrikaner Unkraut mit einer Machete, ein anderer füllt Blechkannen voll Wasser, Leute nehmen sie ihm ab.

Schnee fällt, bedeckt im Nu alles. „So früh schon?“ – „Wenn es zu schneien beginnt, hört es nicht mehr auf“, behauptet ein anderer.

Überwacht von Videokameras wird eine Gruppe Ausländer in einen Käfig getrieben. Während die Flüchtlinge ihr Essen auspacken, zerstört eine der Frauen die Kamera, sie verletzt sich schwer. Ich rufe den Notarzt. Meine Freundin wird wütend, sie schießt auf mich. Ein Warnschuss!

Flüchtlinge, Ausländer wie ich, werfen Kleidungsstücke in die Luft. Die aufgeknöpften Hemden bäumen sich auf, fliegen über uns hinweg.

„Wie bist du hergekommen?“ Mein afrikanischer Freund bleibt stumm. Seine Haut ist fahl, spröde wie Papier, waren seine Augen immer schon so schmal? „Mit dem Schiff?“ Er antwortet nicht. Schweigend gebe ihm alles Geld, das ich bei mir habe.

„Warum kauft ihr so große Streichholzpackungen von eurem geringen Lohn?“ – „Falls wir arbeitslos werden, verkaufen wir sie eben“, antworten die Afrikaner müde.

Ich reise in ein orientalisches Land, dort ist fast alles verboten, sogar persönliche Briefe werden veröffentlicht. Ich spüre den Argwohn der Leute – und niemand darf abends ans Meer.

Der Bus fährt den Highway am Atlantik entlang. Auf den Sitzen lungern biertrinkende Jugendliche, aus Deutschland. Der Busfahrer, ein Deutscher, fragt missbilligend, warum er mich ins Land hineinfahren soll statt zu einer Hotelanlage, schließlich wäre ich doch Deutsche!

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Kommentare zu diesem Text

Sätzer (77)
(04.07.19)
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 Moja meinte dazu am 04.07.19:
Meinst Du wirklich, Sätzer?
Vielleicht scheue ich einfach nur Etiketten und Schubfächer, Träume, nichts als Träume unter dem Einbruch der Realität.
Ich werde Deine Anregung ausprobieren..
Danke und lieben Gruß, Moja

 AchterZwerg (04.07.19)
Der Bus fährt den Highway am Atlantik entlang. Auf den Sitzen lungern biertrinkende Jugendliche, aus Deutschland. Der Busfahrer, ein Deutscher, fragt missbilligend, warum er mich ins Land hineinfahren soll statt zu einer Hotelanlage, schließlich wäre ich doch Deutsche!

Zwar grotesk, aber durchaus nicht ungewöhnlich.
Mir ist das vor vielen, vielen Jahren auf einer Albanien-Gruppenreise mehrfach so ergangen.

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Deine Schnipsel, die zu einem traurigen Mosaik zusammengeführt werden, gefallen mir sehr. Da passt alles: Die Armut, die leise Rebellion, die Musik - nur wir fügen uns nicht so recht ein ...

Liebe Grüße
der8.

 Moja antwortete darauf am 05.07.19:
Nee, genau, wir fügen uns nicht so recht ein, liebe AchterZ!
Das Unterbewusstsein nimmt das wahr und zeigt uns die Bilder.

Freue mich über Deinen Kommentar, denn selbst kann man das ja gar nicht einschätzen.

Danke und liebe Grüße,
Moja
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