Einer von Zweihundertfünfzigtausend

Text zum Thema Krieg/Krieger

von  Buchstabenkrieger

Auf dem Heimweg luden sie mich auf einen Pritschenwagen.
Ich musste alles zurücklassen, konnte mich nicht verabschieden.

Sie schüchterten mich ein, bedrohten und misshandelten mich.
Ich musste hungern, wurde krank. Man gab mir Alkohol.
Ich lebte in ständiger Angst, verletzt oder getötet zu werden.

Bis ich selbst Gewalt anwenden musste,
Grausamkeiten begangen habe.
Wieder und wieder.
Wieder und wieder.

Ich wollte fliehen.
Doch die Gefahr erwischt und getötet zu werden, war groß.
Auch wusste ich nicht, wo ich war und wie ich hätte nach Hause kommen sollen.

Bis es nach Jahren vorbei war,
und ich dachte, frei zu sein.

Ich lebte auf der Straße.
Ich hungerte, ich prügelte mich.
Ich schlief auf kalten Böden in verlassenen Gebäuden.
Dachte, die schlimmen Bilder vertreiben zu können, die Alpträume, die Angst.

Bis ich wieder auf einen Pritschenwagen geladen wurde.
Und sie mich  in eine Stadt aus Zelten brachten.
Sie gaben mir Nahrung. Sie behandelten meine Wunden.

Ich dachte, alles würde wieder wie früher sein, als mich mein Vater holen kam.

Bis ich erfuhr,
dass ich nicht zufällig auf dem Schulweg aufgegriffen wurde,
dass meine Eltern meine jüngeren Geschwister schützen wollten,
und dachten, dass mich die Soldaten gut behandeln würden,
und dachten, dass ich Geld für die Familie verdienen könnte,
und hofften, dass ich unversehrt heimkehren würde.

Bis ich erfuhr,
dass meine Mutter und meine Geschwister es nicht geschafft hatten.

Ich gab meinem Vater die Schuld.
Für einen kleinen Augenblick überlegte ich, das zu tun, was ich am besten konnte: töten.


Anmerkung von Buchstabenkrieger:

1. Überarbeitung.
- Hinweis auf Schüler (am Ende)
- einige plakative Begriffe gestrichen; versucht, etwas subtiler zu beschreiben
- funktionierende Elektrizität gestrichen

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Kommentare zu diesem Text

Sätzer (77)
(01.08.19)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Buchstabenkrieger meinte dazu am 01.08.19:
Danke fürs Lesen, deine Meinung und die nette Begrüßung.

LG, Buchstabenkrieger

 Dieter_Rotmund (01.08.19)
auf kalten Böden in verlassenen Geschäftsgebäuden. Ließ das Licht an ...

Ach, aber es gibt funktionierendes, elektrisches Licht???

Ist mir insgesamt zu bemüht, zu überfrachtet. Und vor allem: Zu viel vorgekaut.

 Buchstabenkrieger antwortete darauf am 01.08.19:
Hallo Dieter_Rotmund,

danke fürs Lesen und deinen Kommentar.

Ja, Licht gibt es.
Habe einen Bericht über Kindersoldaten gelesen (und auch die Fotos gesehen), die nach dem Krieg in den (Nachbar-)Ortschaften "lebten", nachts halt bei angeschaltetem Licht in leeren Bürogebäuden schliefen.

Wenn du mir noch ein, zwei Beispiele nennen könntest, was du als überfrachtet findest, wäre ich dir dankbar.

Danke und
LG, Buchstabenkrieger

Sorry, dass ich die Zitierfunktion noch nicht gefunden habe ...

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 01.08.19:
Gegenfrage: Wenn Deine Firma aus ihren Büro(gebäude) auszieht, sorgt sie dann weiterhin dafür, dass dort Strom und das Licht funktionieren?
Auch wenn das in noch so vielen Artikeln stand, in Deinem Text erzeugt es die geschilderte Irritation.

Die gewählten, mitunter zu blumigen Begriffe erzeugen den Charakter eines Textes, der zu insgesamt zu bombastisch angelegt ist: "Am hellichten Tag"! "Schlimmste Grausamkeiten"! "Schuld" und dann noch achso furchtbare Schluss-Pointe.
Vor allem aber, musst Du den Lesern selbst den Schluss ziehen lassen, dies oder jenes sei grausam oder schlimm oderwasweissich - erst DANN kann ein Text unter die Haut gehen. So wie er jetzt ist, bleibt er nur an der Oberfläche.

Grundsätzlich finde ich den alten Doderer-Gedanken "Wer sich in Familie begibt, kommt darin um" hochspannend und interessant, aber eine gute Ausführung darf nicht so trivial daherkommen.

 Buchstabenkrieger äußerte darauf am 01.08.19:
Hallo Dieter_Rotmund,

danke für deine Details.
Damit kann ich etwas anfangen. Werde den Text dahingehend prüfen und überarbeiten.

Ja, das mit dem Licht/Strom kam mir ehrlich gesagt auch merkwürdig vor, als ich davon gelesen hatte. Ich überlege, diese Stelle im Text zu ändern. Soll ja keiner drüber stolpern.

Bis dann und
LG, Buchstabenkrieger

 Buchstabenkrieger ergänzte dazu am 02.08.19:
Hallo Dieter_Rotmund,

habe nun die funktionierende Elektrizität gestrichen und versucht, den Text etwas subtiler zu gestalten durch Streichen einiger plakativer und blumiger Begriffe.
Einige wenige entsprechende Aussagen werde ich wohl lassen müssen, da es geplant ist, den Text während einer Veranstaltung zum Thema Frieden vorzutragen und die Zuhörer wohl nicht die Chance haben, wie beim Lesen rein subtile Beschreibungen in der kurzen Zeit richtig zu erfassen. Einiges Plakatives wirkt da wahrscheinlich besser.

Danke nochmal und
LG, Buchstabenkrieger

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 02.08.19:
Viel Erfolg beim Vortragen möchte ich noch wünschen!

 Buchstabenkrieger meinte dazu am 02.08.19:
Danke dir.

Ist ja erst im November. Bleibt also noch ausreichend Zeit, dran zu werkeln.

Schönes WE und
LG, Buchstabenkrieger

 derNeumann (01.08.19)
Guten Tag.
Ein sehr ambitionierter Text, der überraschend fesselnd ist. Schon seltsam, wo die Bilder weitestgehend fehlen und dafür mit plakativen Aussagen gearbeitet wird.
Trotzdem würden Bilder den Text aufwerten und könnten die Hintergründe erleuchten. So wäre ich ohne Hinweis nicht auf "Kindersoldaten" gekommen, denn aus dem Text ist das nicht zu erschließen (muss es auch eigentlich gar nicht).
So könntest Du am Anfang eine Schultasche einbauen (Bild und Hinweis), die etwa im Staub zurückbleibt oder von nachfolgenden Pritschenwagen überrollt wird. Durch solche Details kann etwas erzählt werden, ohne es direkt auszusprechen.
Besonders Formulierungen wie: "misshandelten mich", "ich musste hungern" und "ich lebte in ständiger Angst" sollten nicht ausgesprochen werden, sondern durch Bilder in den Köpfen der Lesenden entstehen. Natürlich kurz und knapp, aber dadurch auch viel eindringlicher.

Ach ja: den Text bitte kopieren und alle Änderungen nur in den Kopien machen. So kannst Du immer vergleichen und Dich selber für die beste Fassung entscheiden.

es grüßt der Neumann

 Buchstabenkrieger meinte dazu am 01.08.19:
Hallo derNeumann,

danke für deine Zeit und den tollen Kommentar.

Ein sehr ambitionierter Text, der überraschend fesselnd ist. Schon seltsam, wo die Bilder weitestgehend fehlen und dafür mit plakativen Aussagen gearbeitet wird.

Danke dafür.

Trotzdem würden Bilder den Text aufwerten und könnten die Hintergründe erleuchten. So wäre ich ohne Hinweis nicht auf "Kindersoldaten" gekommen, denn aus dem Text ist das nicht zu erschließen (muss es auch eigentlich gar nicht).

"Kindersoldaten" soll im Text auch gar nicht vorkommen. Das soll sich durch den Inhalt erschließen -so meine Intention.

Ja, Bilder könnten es aufwerten, da stimme ich dir zu, aber ...

So könntest Du am Anfang eine Schultasche einbauen

Diese Idee hatte ich auch, aber ich wollte zumindest am Anfang nicht, dass man auf das Alter des Protas schließen kann.
Ein verzwickte Sache ... Ich denke da noch drüber nach.

Besonders Formulierungen wie: "misshandelten mich", "ich musste hungern" und "ich lebte in ständiger Angst" sollten nicht ausgesprochen werden, sondern durch Bilder in den Köpfen der Lesenden entstehen. Natürlich kurz und knapp, aber dadurch auch viel eindringlicher.

Das wäre ein guter Ansatz, einige plakative Aussagen zu streichen, es zu versuchen, anders hinzubekommen.
Der text

Ach ja: den Text bitte kopieren und alle Änderungen nur in den Kopien machen. So kannst Du immer vergleichen und Dich selber für die beste Fassung entscheiden.

Yepp, so mache ich es (bisher auch immer). Versionierung ist wichtig
Dennoch danke für den Tipp.

Ich lasse eure Tipps und Anmerkungen noch ein wenig auf mich wirken, vielleicht kommen ja noch weitere Kommentare, und ich mache mich dann an die Überarbeitung.

Danke dir und
LG, Buchstabenkrieger

 Buchstabenkrieger meinte dazu am 02.08.19:
Hallo der_Neumann,

So könntest Du am Anfang eine Schultasche einbauen (Bild und Hinweis), die etwa im Staub zurückbleibt oder von nachfolgenden Pritschenwagen überrollt wird.
Habe darüber nochmal nachgedacht und nun einen Hinweis auf Kind/Schüler am Ende hinzugefügt, damit es nicht untergeht.

Ich arbeite noch weiter am Text, damit die Bilder noch besser in den Köpfen der Leser entstehen können.

Danke dir und
LG, Buchstabenkrieger

Antwort geändert am 02.08.2019 um 08:32 Uhr

 Teichhüpfer (01.08.19)
Das ist verboten.

 Buchstabenkrieger meinte dazu am 01.08.19:
Hallo Teichhüpfer,

ich bin noch neu hier und habe keine Ahnung, was du mir sagen möchtest.
Vielleicht kannst du mich ja aufklären.

Danke dir und
LG, Buchstabenkrieger

 Teichhüpfer meinte dazu am 01.08.19:
Am Krieg sich zu beteidigen ist international Kindern untersagt.

 Buchstabenkrieger meinte dazu am 02.08.19:
Hallo Teichhüpfer,

danke für deine Antwort.

Untersagt/verboten - ja.
Aber derzeit 18 Länder halten sich nicht daran, deshalb gibt es derzeit 250.000 Kindersoldaten weltweit.
Ich war geschockt, als ich das gelesen hatte. Daraus entstand mein kleiner Text.
Und durch das Posten hier und das geplante Vortragen während einer Friedensveranstaltung möchte ich dies in die Köpfe der Menschen setzen.

Danke dir und
LG, Buchstabenkrieger
rochusthal (71)
(01.08.19)
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 Buchstabenkrieger meinte dazu am 01.08.19:
Hallo rochusthal,

buchstaben sind das ende der kriege

Da stimme ich dir zu

Schönen Abend noch und
LG, Buchstabenkrieger
JGardener (38)
(02.08.19)
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 Buchstabenkrieger meinte dazu am 02.08.19:
Hi JGardener,

und willkommen sagt ein ebenfalls Neuer

Das Thema geht auf jeden Fall unter die Haut.
Schon mal gut. Soll es auch.

weiß ich nicht, ob ich zu diesem Thema wirklich Bilder möchte
In dem Dilemma stecke ich auch. Deshalb habe ich versucht, so wenig Bilder wie möglich zu zeigen, dass es so eben noch reicht, um genügend Bilder im Kopf des Lesers erzeugen zu können. Wie ich finde, recht schwierig bei dem Thema. Bin da noch in der Findungs-/Experimentierphase.

In meinem Kopf tötet er am Ende seinen Vater.
Zu brutal?
Könnte man so verstehen, dass er seinen Vater tötet. Ist aber nicht gesagt, soll der Leser für sich selbst ausmachen.

Danke für deine Zeit und deinen Kommentar und
LG, Buchstabenkrieger
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