Traum? Kapitel 10

Kurzgeschichte zum Thema Meer

von  Manzanita

Obwohl, es war noch ein Familienmitglied übrig. Aber das sollte man nicht als solches ansehen. Er hatte freiwillig die Familie verlassen, er hatte unseren schönen Stammbaum verlassen. Einfach so. An meinen Vater wollte ich nicht mehr denken. Mama reicht mir, wenn es keinen Papa mehr gibt. Aber jetzt ist es andersherum. Der Papa, der jahrelang hinter einer Mülltonne versteckt war, muss rauskommen, damit er mir helfen kann, weil Mama wirklich nicht mehr da ist. Nicht irgendwo versteckt, wie er. Papa muss mir helfen. Aber das konnte man von ihm wahrscheinlich gar nicht mehr erwarten. Denn weder kannte er mein Gesicht, noch ich seines, und den Rest des Körpers natürlich auch nicht. Wir kannten uns gar nicht. Wir hatten uns ja auch schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Wann wohl? Ich glaube, er ist kurz nach der Einschulung weggezogen, oder wie man das auch immer nennen mag. Also muss er bei meiner Einschulung noch dabei gewesen sei. Ich versuchte mich an meinen ersten Schultag zu erinnern. In meinem Kopf tauchte irgendwo ganz hinten ein kleines Bild an unserem Kühlschrank auf. Die ganze Familie war auf ihm zu sehen. Mein Bruder, meine Mutter, ich und mein Vater. Mein Vater, nur ohne Kopf. Anstelle eines Kopfes, tauchte über seinem Hals nur noch ein großes, rotes Fragezeichen auf. Mein Kopf hatte ihn vergessen. Ich weiß nur nicht, ob es meine oder seine Schuld ist.

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