Harzreise

Kurzgedicht

von  juttavon

Erwartung von Grün
graue Säulen stechen ins Blau
Fichtenskelette
das Starre
unter unseren Häusern
die Gräber
Stille
in der Krypta
singt es

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

Cora (29)
(12.09.19)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 juttavon meinte dazu am 16.09.19:
Ja, so ist es.
Vielleicht geht die Rechnung mit dem nachwachsendem sog. neuen Wildwald ja auf: Wie vor der industriellen Fichtenanpflanzung ein kraftvoller Buchen-Mischwald.

HG Jutta
Cora (29) antwortete darauf am 16.09.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 albrext (12.09.19)
Lieder der Stille

Da,
wo ich gestern gewesen,
schweigt es.
Unter meinen Füßen weiches Moos.
Und die Bäume im Heute,
singen mir,
ihre herbstlichen
Lieder der Stille.

liebe Grüße Albrecht

 AchterZwerg schrieb daraufhin am 12.09.19:
:)

 juttavon äußerte darauf am 16.09.19:
Danke, lieber Albrecht. Eine schöne Herbststimmung im Jetzt!

HG Jutta

 AchterZwerg (12.09.19)
Hallo Jutta,
du könntest noch einmal über den Plural der Häuser nachdenken (Klang und Dreierformation des ausdrucksstarken au-Lautes): Ein Haus täte es auch. :)

Erwartung von Grün
graue Säulen stechen ins Blau
Fichtenskelette
das Starre
unter meinem Haus
die Gräber

Stille

In der Krypta
singt es

Gern gelesen
der8.

 juttavon ergänzte dazu am 16.09.19:
Nun habe ich es ein paar Mal in Deiner Version gelesen, lieber Achter; ich bleibe bei der oben stehenden. Inhaltlich geht es mir mehr um "unsere Häuser" als um "mein", und klanglich bilden die Diphtonge, besonders "Säulen" - "Häuser", ein Echo.

Danke fürs Mitdenken.

HG Jutta
Kreuzberch† (66)
(12.09.19)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 juttavon meinte dazu am 16.09.19:
Danke!
Nee, fröhlich nicht, doch schön

HG Jutta

 EkkehartMittelberg (12.09.19)
Hilf mir, liebe Jutta, das Starre unter unseren Häusern überfordert mich. Aber ich muss ja nicht alles verstehen.
LG
Ekki

 juttavon meinte dazu am 16.09.19:
Lieber Ekki,
das "Starre" ist die Abstrahierung von "Säulen" und "Fichtenskelette", und es schafft in dem Gedicht einen Übergang von Natur zu Kultur, in der das "Starre" in Form von "Gräber" und "Krypta" vorkommt.
Und in all dem Erstarrten, Todesnahen der Gesang...

HG Jutta

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.09.19:
Danke für deine Erklärung, Jutta. Ich kann sie nachvollziehen.
HG
Ekki
PowR.TocH. (58)
(12.09.19)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 juttavon meinte dazu am 16.09.19:
Danke!
Ja.

HG Jutta

 Habakuk (15.09.19)
Gefällt mir gut, liebe Jutta.

Das Gedicht wiedergibt in elliptischen und asyndetisch verkürzten Versen Wahrnehmungen eines Harzbesuches.
Das kurze, kondensierte Gedicht fällt durch die lakonische Sprache sowie seine prägnante Kürze der Verse auf.
Stakkato-Stil-mäßig beschleunigen die Verse dadurch den Leserhythmus.
Die fortschreitende, teilweise Zerstörung der Wälder wird sehr plastisch eingefangen. „Erwartung von Grün / graue Säulen stechen ins Blau / Fichtenskelette“.

Auffallend die Apokoinus (ein Teil, Wort oder Satzteil eines Satzes, wird gleichmäßig auf zwei andere Teile bezogen) bei „das Starre / unter unseren Häusern /die Gräber“ sowie „Stille / in der Krypta / singt es“.
Gäbe noch das eine oder andere anzumerken, aber der Kommentar ist schon jetzt länger als das Gedicht.
Ein Gedanke darf aber nicht fehlen.

Spirituell interpretiert ist die Krypta ein Ort verborgener Kräfte und okkulter Mächte, symbolisiert im Traum das Unbewußte.
„in der Krypta /singt es“.
„Singen“ bedeutet ja, mit der Stimme eine geordnete, melodische Folge von Tönen hervorbringen. Die Ambivalenz zwischen dem Verfallsprozess des Waldes in seiner Disharmonie und diesen geordneten, harmonischen Tönen des Singens wird deutlich, was keine gedankenlose Verharmlosung im Sinne von „weiter so, alles hat seine Ordnung“ bedeutet, sondern lediglich das Einnehmen eines höheren Blickwinkels.
Wir können die Natur als ein Prinzip höherer Einheit und Ordnung nicht wirklich zerstören, wir können nur uns zerstören. „Die sichtbare, materielle Welt ist eingebettet in höhere, unsichtbare Welten. Unsere Erinnerungen daran werden immer lebendiger.“ ( Armin Risi).

Solche Kurzgedichte liegen mir eher nicht, aber Dir ist es vortrefflich mal wieder gelungen.

HG
H.

 juttavon meinte dazu am 16.09.19:
Danke, lieber H., für Deinen prägnanten Kommentar

Sehr schön, was Du zu der Krypta schreibst, auch das Zitat von A. Risi.
In einer Krypta finde ich immer eine besondere Stimmung von spiritueller Kraft in einer eindrucksvollen architektonischen Schlichtheit. Sie bietet Schutz und Ruhe. Die Säulen dort tragen zudem ja oft immense sakrale Bauten. Und dann noch Gesang... ...

HG Jutta
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram