Kein Unrechtsstaat - Zitat Spiegel: 07. Oktober 2019: Schwesig und Ramelow wollen DDR nicht "Unrechtsstaat" nennen

Essay zum Thema Politik

von  tueichler

Manuela Schwesig: Frankfurt Oder, Abitur 1992
Bodo Ramelow: Osterholz-Scharmbeck, Fachhoschulreife 1977

Wie kann ein Ministerpräsident, der im Westen sozialisiert wurde und dann in die Nachfolgeorganisation der SED eingetreten ist, deren Geschichte und Finanzkonstrukt noch nicht einmal aufgearbeitet sind, und Politkarriere gemacht hat behaupten, die DDR wäre kein Unrechtsstaat gewesen.
Wie kann eine Ministerpräsidentin aus dem Osten, die erst 1992 unter den Bedingungen der Bundesrepublik Abitur gemacht hat und dann in einer Beamtenlaufbahn Karriere machte behaupten, die DDR sei kein Unrechtsstaat gewesen.

Es sind zweierlei Dinge, den Menschen im Osten ihre Lebensleistung anzuerkennen und andererseits das stalinistisch durchdrungene politische System der DDR als Unrecht zu bezeichnen.

Scheinbar im Zuge der AFD Wahlsiege sieht man sich wohl genötigt, den Altkadern und deren Anhängern Honig ums Maul zu schmieren. Wie können es diese Personen wagen, einen Staat, der Müttern ihre Kinder nahm, der willkürlich 'Andersgläubige' in sogenannte Jugendwerkhöfe steckte, der bespitzelte, der Menschen einsperrte, weil sie die Freiheit erlangen wollten, der Bildungschancen nach Herkunft willkürlich verteilte, der seiner eigenen Verfassung entgegen die Religionsfreiheit mit Füßen trat, der über 1000 Tote zu verantworten hat, die das Land verlassen wollten, der Ideologie über Menschlichkeit stellte, der Familien trennte, der eigene Gefangene als Zwangsarbeiter für den Westen Devisen beschaffen ließ und im eigenen Kader Altnazis als geläuterte Kommunisten hofierte und nutzte, nicht als Unrechtsstaat zu bezeichnen. Haben diese Personen denn nicht begriffen, dass das Wahlergebnis im Osten nicht der Ignoranz einer Lebensleistung vieler Menschen entspringt sondern der Tatsache, dass immer noch Alteliten (FDJ-Kader, Parteikader, Begünstigte des DDR Regimes oder deren ideologische Nachfolger) nach der verlorenen Macht streben? Vielleicht auch, weil, wer konnte und weitergebildet war, den Osten verlassen hat, in dem es außer für ehemals Privilegierte, keine Chancen gab. Keine Chancen nicht deshalb, weil ein neues System so schauderhaft war, sondern, weil ein altes System nur verbrannten Boden und eine marode Wirtschaft hinterlassen hat. Kein Wunder, dass es im ehemals blühenden Osten Deutschlands (Chemie, Maschinenbau und Schwerindustrie, Textilindustrie, Forschung und Entwicklung) nach dem Ende der DDR keine nennenswert wirtschaftliche Großindustrie gab. Die Reparationen haben die Russen sich in Form von Wirtschaftsgütern im Osten geholt, der Westen hatte seinen Aufbauplan.

Aber. Obwohl der Osten regelrecht ausgeplündert wurde, ist das keine Rechtfertigung für das durch die Partei und ihre Organe begangene Unrecht. Schergen wie Ulbricht, Stoph, Honecker und dergleichen haben sich bedient und das System der Unterdrückung - ebenso wie lupenreine Kapitalisten - für sich arbeiten lassen. Natürlich auf Kosten der vielen Bürger. In anderen Kontinenten nennt man das Korruption und Junta. Nein, die DDR war kein Unrechtsstaat.
Das muss man sich sagen lassen von zwei Politikern, die ebenjene DDR nicht selbst erlebt haben, deren Haus nie durchsucht wurde, deren Familien vermutlich nicht getrennt waren, deren Kinder nicht von Bildung ausgeschlossen waren, deren Väter und Familienmitglieder nicht durch Schauprozesse mit persönlich verheerenden Fehlurteilen einer Parteijustiz mit vorgefällten Urteilen belegt wurden.

Das Einzige, was mir hierzu einfällt ist, sie haben nichts gelernt, kein Geschichtsbewußtsein und sollten sich schämen, eine solche Meinung vor den Menschen zu vertreten, die es erreicht haben, dass dieses System getilgt wurde.

Schämt Euch!

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

Cora (29)
(07.10.19)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Sanchina (07.10.19)
" Keine Chancen nicht deshalb, weil ein neues System so schauderhaft war, sondern, weil ein altes System nur verbrannten Boden und eine marode Wirtschaft hinterlassen hat"

nicht sondern: und!

 AvaLiam (07.10.19)
...die körperlichen und sexuellen Misshandlungen, die seelischen eingeschlossen, nicht zu vergessen sowie Jahrzehnte lange Zuchthausurteile für Staatsfeinde und jene, die versucht haben, es mit Humor zu nehmen...

...nicht zu vergessen den vielen und endlosen, einprasselnden "Gesprächen" der Bekehrung... die Einladungen nach Berlin unter fadenscheinigen und feierlich formulierten Gründen, die an-und wahrgenommen kaum einer lebend oder/und frei verlassen hat...

...nicht vergessen...

da gibt es noch so viel...

Die Frage die sich mir selbst seit Jahren stellt: interessiert es überhaupt jemanden?

Gut - dein Essay stillt ein wenig der geschlagenen Wunden und zeigt mir, dass es weder ganz vergessen noch ohne Interesse ist.

ein DDR-Kind sagt von Herzen Danke - Ava

Kommentar geändert am 07.10.2019 um 10:03 Uhr

 Dieter_Rotmund (07.10.19)
Mimimi.

 tueichler meinte dazu am 07.10.19:
Ich verstehe den Kommentar nicht. Oder will nicht. Entweder Klappe halten oder sachliche Kritik!

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 07.10.19:
Ja, wollte bloß ein wenig frotzeln, wusste gar nicht, dass Du Ossi bist!

Kritik: Da fehlen zum Verständnis zwei wichtige Kommas (nämlich die des Rahmens!) im Monstersatz:

Wie können es diese Personen wagen einen Staat, der Müttern ihre Kinder nahm, der willkürlich 'Andersgläubige' in sogenannte Jugendwerkhöfe steckte, der bespitzelte, der Menschen einsperrte, weil sie die Freiheit erlangen wollten, der Bildungschancen nach Herkunft willkürlich verteilte, der seiner eigenen Verfassung entgegen die Religionsfreiheit mit Füßen trat, der über 1000 Tote zu verantworten hat, die das Land verlassen wollten, der Ideologie über Menschlichkeit stellte, der Familien trennte, der eigene Gefangene als Zwangsarbeiter für den Westen Devisen beschaffen ließ und im eigenen Kader Altnazis als geläuterte Kommunisten hofierte und nutzte nicht als Unrechtsstaat zu bezeichnen.

Korrekt ist:

Wie können es diese Personen wagen, einen Staat, der Müttern ihre Kinder nahm, der willkürlich 'Andersgläubige' in sogenannte Jugendwerkhöfe steckte, der bespitzelte, der Menschen einsperrte, weil sie die Freiheit erlangen wollten, der Bildungschancen nach Herkunft willkürlich verteilte, der seiner eigenen Verfassung entgegen die Religionsfreiheit mit Füßen trat, der über 1000 Tote zu verantworten hat, die das Land verlassen wollten, der Ideologie über Menschlichkeit stellte, der Familien trennte, der eigene Gefangene als Zwangsarbeiter für den Westen Devisen beschaffen ließ und im eigenen Kader Altnazis als geläuterte Kommunisten hofierte und nutzte, nicht als Unrechtsstaat zu bezeichnen.

 tueichler schrieb daraufhin am 07.10.19:
Danke für den Tip!

 Reliwette äußerte darauf am 07.10.19:
Dieter Kann und will es nicht lassen! Gut gut. Es lassen sich aus einem "Bandwurmsatz" mehrere Hauptsätze gestalten. Aber das kann nicht der Sinn eines Literaturportals sein, sich auf Rechtschreib- bzw. Interpunktionsfehler zu stürzen.
Zum Inhalt: Ich bin auch in der DDR aufgewachsen und habe als Knabe den Zweijahresplan mitgekriegt und in der 2. Klasse den Fünfjahresplan.
Ein Unterschied zwischen den beiden Systemen ist, dass im Westen die "Leckerchen" funktionierten, im Osten mangels Masse - nicht! Über "Horch und Guck", Wanzeninstallation und Schießbefehl wollen wir nicht diskutieren.. Wer seine Bürger ausspioniert oder am Reisen/ Abreisen hindert, deshalb einen Schießbefehl anordnet, hat die Kappe kaputt - von der Gerichtsbarkeit der DDR wollen wir auch nicht reden, denn sie schützte die unrechte DDR-Verfassung samt Schießbefehl. Das ist keine Interpretationssache, das geht ans "Eingemachte".
D' accord, lieber Tüchler, aber ja! Gruß vom alten Kunstmeister!

 Dieter_Rotmund ergänzte dazu am 07.10.19:
Ach, und was ist der Sinn eines Literaturportals? Auf Politiker und bestehende Verhältnisse zu schimpfen?

Zuerst muss natürlich die Form stimmen, erst dann kann man den Inhalt überhaupt verstehen. Komm, wir essen Reliwette /Komm wir essen, Reliwette (?)

Antwort geändert am 07.10.2019 um 14:12 Uhr

Antwort geändert am 07.10.2019 um 14:13 Uhr

 FrankReich meinte dazu am 07.10.19:
Das erste Komma im ersten Satz sollte auch im zweiten stehen, Dieter.
Zwar lässt sich nicht bestreiten, dass ein Essay nicht politischer Natur sein darf, aber ich bin durchaus der Meinung, dass dann auch auf Rechtschreibung Wert gelegt werden sollte, da es weniger einen künstlerischen, sondern vielmehr einen journalistischen (Sorry, Dieter, ) Wert verkörpert, und da setzt nun meine Kritik an, denn in obigem Essay steht z. B. die ironische Phrase: "Nein, die DDR war kein Unrechtsstaat." Natürlich war sie das, aber das bestreiten weder Schwesig noch Ramelow, die sich halt nur über die Tradition ärgern, über Tote herzuziehen, bzw. schlecht darüber zu reden. :D
Aber Spaß beiseite, mir ist unverständlich, warum aus so einem offensichtlichen "Voicefishing" ein Buckelwal gemacht wird, besonders, weil der Hype darum den beiden Politikern sogar noch Aufwind beschert, zudem unsere Welt wahrlich größere Probleme aufweist als solche läppischen "Walversprecher".
Und ja, Dieter, es kommt selten genug vor, dass ich Dir recht gebe, aber auch mir ist bereits aufgefallen, dass diese Literaturseiten von einem Klatschblatt kaum noch zu unterscheiden sind.
Eine Anmerkung dazu hätte ich noch:

Gegenmittel

Vorbeugung hilft meist
auch gegen Durchfall.

Antwort geändert am 07.10.2019 um 15:43 Uhr

 AZU20 (07.10.19)
Ich habe diesen Wahnsinn jetzt erst von Dir erfahren und schließe mich Deiner Meinung voll an. LG

 AchterZwerg meinte dazu am 08.10.19:
Ich weiß jetzt zwar nicht genau, von welchem Wahnsinn hier die Rede ist, aber der AFD anzudichten, sie wünsche sich "den" Unrechtsstaat zurück, halte ich für ziemlich kühn.
Ein wenig kommt es wohl auch auf die verfolgten Ziele an, nicht wahr?
Nun zu dem, was gewagt werden darf und was nicht.
In einer Demokratie darf zunächst einmal (fast) alles gesagt werden. - Der große Voltaire schrieb einmal sinngemäß: "Ich teile Ihre Ansicht nicht, doch würde ich mein Leben dafür geben, dass Sie die Ihre vertreten können!" - Die Sache mit dem Leben ist sicherlich stark übertrieben, der Kern aber richtig und wünschenswert.
Eine andere Frage ist, mit wem man sich selbst umgeben und unterhalten möchte. Oder: Wen soll ich überhaupt noch grüßen?

Der8.

 tueichler meinte dazu am 08.10.19:
Tja, 8ter, das ist eben so eine Sache. Haben wir Deutschen nicht schon einmal - und zwar auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs - die bittere Erfahrung gemacht, was es bedeutet, historische Tatsachen zu relativieren? Ich glaube daran werden wir noch lange zu knabbern haben. Und es ist ein Unterschied zwischen Meinungsfreiheit im Sinne von Voltaire und dem Leugnen von Tatsachen mit dem Ziel der Abschwächung historisch belegter Fakten. Da beziehen Gerichte ja in anderen politischen Lagern eindeutig Stellung. Dazu kommt, wie Eingangs beschrieben, dass derartige Äußerungen nicht von Betroffenen sondern von Berufspolitikern ohne geschichtlichen Bezug getroffen werden. Das lässt schon die Absicht der Verlautbarung erkennen. Für die, die es erlebt haben, ist das ein Schlag ins Gesicht!

T.

 AchterZwerg meinte dazu am 08.10.19:
Glaub mir, das verstehe ich sehr gut. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass sich die Debatte (auch) um den juristischen Begriff "Unrechtsstaat" selbst dreht, der nicht ganz glücklich gewählt ist.
Und natürlich sind solche Diskussionen für jemanden, der vielleicht in Bautzen eingesessen oder im umebauten Kofferraum eines Trabbis sein Leben aufs Spiel gesetzt hat, unerträglich.
Und natürlich müssen solche Verlautbarungen energisch zurückgewiesen werden.
"Erlaubt" bleiben sie zunächst trotzdem, so lange sie keinen volksverhetzenden Charakter tragen.

Freundliche Grüße
der8.

 TassoTuwas (07.10.19)
Hallo Tom,
dem ist nichts hinzu zu fügen!
Ein Beweis, das es als Politiker kein Scheu davor gibt Fakten zu ignorieren oder schlimmer noch im eigenen Interesse zu verdrehen!
Die Zukunft bewahre uns vor derartigen kruden Karrieristen.
LG TT
Sin (55) meinte dazu am 07.10.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
nomi_74 (44)
(07.10.19)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Jack (36) meinte dazu am 07.10.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 FrankReich meinte dazu am 07.10.19:
Gut gebrüllt, Jack, und wenn nomi_74 wider Erwarten eine Quelle liefern sollte, werden wir auch gewahr, welches Damals er meint. :D
Jack (36) meinte dazu am 07.10.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
nomi_74 (44) meinte dazu am 07.10.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Reliwette (07.10.19)
An dieser Stelle ein Kommentar zu Dieter, der seine Kommentare, jedenfalls auf meinem Rechner, unkommentierbar macht. Icke lach mir schief! Ak. 4. Fall: wem - mir! Ha ha ha.. Wenn Du,Dieter, mich essen willst, guten Appetit. Grüße ins Nirwana! Hartmut

Kommentar geändert am 07.10.2019 um 17:03 Uhr
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram