Kommentarverlauf zu einem Artikel zum Film Systemsprenger (Spoiler)

Kommentar zum Thema Familie

von  Oskar

Der Film „Systemsprenger“ tut weh – aber das muss er auch (Krautreporter)

Tut er leider nicht. Vollkommen überzogen, um ihn ernst zu nehmen und das kreide ich dem Film wirklich an, er ist sehr billig auf Effekt geschrieben. Ein "Lola rennt" für Pädagogen. Ein dokumentarischer Stil wäre bei dem Thema mehr als angebracht gewesen.

"Das interessiert mich jetzt: Arbeitest du in dem Gebiet? Kennst du dich da aus? Weil: Alle Pädagog:innen, mit denen ich gesprochen habe, alle Sozialarbeiter:innen, Schulleitungen, der Experte, der den Film wissenschaftlich begleitet hat, ich als Bildungsjournalist sagen: Das ist ein krasser Einzelfall, aber keineswegs unrealistisch. Deshalb überrascht mich deine Einschätzung so."

Ja. Ich habe Erfahrung in dem Feld. Und ich finde, dass das Leid dieser Kinder, von dir krasse Einzelfälle genannt, die es in der Realität nicht sind, zugunsten eines poppigen Films verraten wurde.

"Es sind keine Einzelfälle, weil das öfter vorkommt in der Realität, oder wie meinst du da? Nur um das klarzustellen: mit "Fällen" meine ich nicht die Kinder, sondern die gesamten Umstände inkl. beteiligter Personen, Kinder sind keine Fälle. Menno Baumann selbst sagt, eine derartige Laufbahn in dem jungen Alter sei zwar selten, aber nicht unrealistisch. Also poppig würde ich den Film tatsächlich nicht nennen. Ganz im Gegenteil. Wo siehst du denn das Leid verraten konkret? Welche Aspekte findest du überzogen? Welche Szenen nicht realistisch?"

Ja, so meinte ich das. Eine Laufbahn in diesem Alter in der stationären Jugendhilfe ist nichts sonderlich ungewöhnliches. Der Film wollte aber, dass es so wirkt, meine Meinung. Mit poppig meinte ich den Schnitt, die Kameraführung und den Soundtrack. Die Art des Storytellings, vor allem das Ende. Kennt man aus jedem xbeliebigen Popsong. Eben das gleiche mit ihren Backflashs und ihrem getriggert sein. Kennt man so aus „Drogenfilmen“ z.B. aus „Requiem for a Dream“.
Auch wissen wir, dass durch Schnitt und Musik künstlich Gefühle erzeugt werden, was bei diesem Thema nicht nötig gewesen wäre. Deshalb plädierte ich dafür, dass ein dokumentarischer Stil, an Dogma Filme angelehnt, für das Thema angemessener gewesen wäre. Was sollte z.B. diese Szenze im Imbiß? Was mich auch zum Herkunftssystem führt. Alle Eltern die ich kennengelernt habe, habe nicht so viel mit dem Dargestellten zu tun.
Und ja. Von der Struktur hat der Film etwas mit der Realität zu tun. Junges Kind wird von Einrichtung zu Einrichtung gereicht, dadurch werden die Probleme mehr. Alle Beteiligten lassen sich mehr oder weniger von dem Trauma des Kindes anstecken und werden dadurch hilflos und ohmächtig, was dazu führt, dass „rumgedoktert“ wird, was es nicht besser macht...Und Fehler begehen. Welcher Profi lässt denn ein so hochtraumatisiertes Kind alleine auf die Eisfläche? Ich denke keiner. Passt aber in den Storyverlauf, deshalb musste es so geschehen. Es wurden schon alle wichtigen Punkte abgehakt, aber eben nur dies, wie ich finde, abgehakt. In die Richtung: Backflashs, check. Unzuverlässige Mutter, check. Gewalttätiger Partner, check. Erlebnispädagogik, check usw.
Zwei Szenen gingen mir dann aber doch Nahe, jetzt nach ein paar Stunden Abstand. Die Szene mit den Photoalben und als sie auf der Straße saß und auf Mutter wartete, die nicht kam. Und wie sie dann ihre Mutter auf ein Podest stellte und ihr sogar noch was sang. Nichts ist mächtiger als abwesende Eltern. Von solchen kleinen subtilen Szenen hätte ich mir mehr gewünscht. Naja. Liegt natürlich auch an meiner Wahrnehmung. Wenn man mit solchen Kindern gearbeitet hat, kann ein solcher Film einen nur umhauen oder man ist enttäuscht, denke ich. Und das mit dem Verrat war wohl etwas zu drastisch von mir ausgedrückt.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (19.10.19)
Mit hat dieser Spielfilm, der ein Fiktion ist, gefallen. Ob es in Wirklichkeit so ist, ist mir völlig egal. Der Film hat es für mich (und sicherlich für sehr viele andere) so erzählt, dass es glaubwürdig ist, und nur das zählt im Spielfilm.

 FrankReich meinte dazu am 19.10.19:
für Dich!!!

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 19.10.19:
Nein, für eine Fiktion, einen Spielfilm, ist das essentiell.

 Oskar schrieb daraufhin am 19.10.19:
Nur leider wollte der Film mehr. Das weißt du auch.

 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 19.10.19:
Und das wäre?

 Oskar ergänzte dazu am 20.10.19:
Die Realität von Kinder in der stationären Jugendhilfe zu zeigen.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 20.10.19:
Ich habe das nicht erwartet, ist ja kein Dokumentarfilm!

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 25.10.23 um 14:08:
Also zusammengefasst ein etwas krudes Statement zu einem Spielfilm, Oskar. Ich würde das nicht so emotional bewerten, eine Art "Verrat" fand damit sicherlich nicht statt.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 25.10.23 um 14:08:
Und wieso steht "Spoiler" im Titel?
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