Blatt 13-14 und Meistersonett

Sonett

von  LottaManguetti

13. Herbstblatt

Inzwischen ist dem wilden Bärenklau,
der unbeachtet bei der Hecke wohnt
und dessen Dolde über dieser thront,
ein Blick gestattet, hoch zum Himmelsgrau.

Er wuchs, verborgen hinterm Drahtverhau;
kein Rasenmäher störte wie gewohnt.
So wurde er mit Fruchtbarkeit belohnt
und weiß: Hier zu gedeihen, das war schlau.

So kann er bis zum Ende diese schöne Welt
betrachten, bis der Frost ihn überfällt
und Schnee und Eis an seine Stelle rückt.

Weil niemand seinem Wuchs entgegenschritt,
war ihm ein langes Sein beschert, somit
ein Rendezvous im Nebeldunst geglückt.


14. Herbstblatt

Ein Rendezvous, im Nebeldunst geglückt,
sei besser als kein Rendezvous im Lenz.
und besser als zur Weihnacht Abstinenz.
Manch einer fühle sich gedemütigt,

meint heute früh mein Nachbar, halbgebückt,
schlurft über Wege seiner Residenz.
Er harkt mit unverminderter  Frequenz,
bemerkt es beinah nebenbei und nickt.

Ein Lachen hat er mir damit entlockt.
Da schaut er auf, hat sich zu mir gehockt
und meint: „Mensch, Mädel, sei nicht ungeschickt!

Genieß das Leben jetzt und aktuell,
bevor es dir wie Sand zerrinnt. Wie schnell
ist Herbst, der Tagzeit schluckt und Winde schickt!“


15. Meistersonett

Oktober

Ist Herbst, der Tagzeit schluckt und Winde schickt
auf reife Felder, die mit Früchten grüßen,
wenn Feuer über Schollen sich ergießen,
die letzte Sonnenblume trunken nickt.

Ist Zeit zu gehen. Sommer wirkt entrückt,
wie auch die Regenwolken uns verdrießen.
Zum Trotz versucht ein Löwenzahn zu sprießen,
hat seine Blütenreste lichtbestückt.

Wo letzte Woche noch betagte Rosen
dem Garten Farbe schenkten, gleich Pretiosen,
mein Blick sie streifte, glücklich und verzückt,

färbt Ahornlaub das Beet, ruht jetzt der Tau.
Inzwischen ist dem wilden Bärenklau
ein Rendezvous im Nebeldunst geglückt

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (21.10.19)
liebe Lotta, wie sagte doch Mörike in seine Gedicht "Auf eine Lampe": "Was aber schön ist, selig scheint es in ihm selbst." Er würde es angesichts deines Sonettenkranzes bestimmt wiederholen
Fisch (55)
(21.10.19)
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 LottaManguetti meinte dazu am 22.10.19:
Ich hoffe ja, dass für jeden etwas dabei ist und so mancher sein Lieblingssonett findet.
:D

Hörst du meine strahlenden Blicke, pescadito querido?

Es winkt

Lotta

 AchterZwerg (22.10.19)
Liebe Lotta,
du lieferst uns eine echte Fleißarbeit, der man aber - den Göttern seis gedankt - die enthaltene Mühe kaum ansieht.

Naturgemäß gefällt mir folgende Strophe

Nicht immer sind die größten Helden Riesen.
Die sind nur hoch, versperren dir die Sicht,
erdrücken dich mit Wucht, wie Bleigewicht.
Jedoch: Sie reichen nicht heran an diesen.

am allerbesten.

In diesem Sinne
der8.

 LottaManguetti antwortete darauf am 22.10.19:
Als Zwergin musste dich ja genau darin wiederfinden! War ja klar!

:D

Danke
Lotta

 Didi.Costaire (25.10.19)
Bis zum Ende gut gedichtet mit einem versöhnlichen Abschluss, wobei ich sogar noch den Bärenklau kennengelernt habe. Ich kannte nur den Bärenfang.

Beste Grüße, Dirk

 LottaManguetti schrieb daraufhin am 08.11.19:
Als Dorfkind musste ich oft Bärenklau sammeln. Damit wurden dann u.a. die Karnickel gefüttert.
Danke, Didi, für deine motivierenden Worte.

Lotta

 TassoTuwas (08.11.19)
Liebe Lotta,
auch der großartigste Sonettenkranz geht einmal zu Ende.
Wirklich schade.
Der Flut der Bilder einer sich verändernden Natur zu folgen, und das Verhalten der Menschen dazu, so meisterlich zu beschreiben, ist bewundernswert.
Mir bleibt nichts anderes zu sagen als
"Hochachtungsvoll"
TT

PS. Da fällt mir ein, es gibt doch noch mehr Jahreszeiten

 LottaManguetti äußerte darauf am 08.11.19:
Tja, lieber TT, solcherart Werke bedürfen einer wirklichen Schreibarbeit. Die kritzelt man nicht einfach mal so gegen halb 1 inner Nacht.
Dennoch glaube ich, dass man es besser machen könnte, aber ich lerne ja noch.

Bezügl. P.S.: Außer dem Sommer habe ich schon mehrfach ... aber das interessiert ja eh niemanden.
Ich kann dir aber verraten - es macht ungemein Spaß sich dieser Arbeit zu widmen.
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