Ein ganzer Kerl

Elegie zum Thema Frauen/ Männer

von  EkkehartMittelberg

Seine stahlblauen Augen
unter der schattigen Krempe des Huts
trafen uns mitten ins Herz.
Auf seinen Wangen
hatte das Leid
tiefe Kerben eingegraben.
Sein schmallippiger Mund
lächelte selten.
Sein wiegender Gang balancierte
den schwankenden Untergrund aus.

Rum und Tabak waren harmlos für ihn,
er stand täglich unter Pulverdampf.
Seine Gespielinnen hießen Jenny oder Jane,
aber er nannte alle Baby.
Er las keine Bücher,
das Leben schrieb Geschichten.
Manchmal hörte er Musik,
nicht den „Jungen mit der Mundharmonika“,
das war für Weiber,
aber „Spiel mir das Lied vom Tod“.

Er konnte die Einsamkeit ertragen,
sein Pferd war ihm Freund genug.
Als er es angeschossen
ins rettende Gebüsch schleifte,
jagte ihm eine Kugel ein Loch in den Hut.
Das ließ er niemals stopfen.

Wenn wir ihn im Kino sahen,
strafften sich kleine Busen
und schmale Jungenschultern.
Als wir hinauskamen,
hatten die Mädchen gerötete Wangen,
wir schlugen den Mantelkragen hoch
und spuckten weite Bogen.

So hielten wir sein Bild in Ehren,
bis uns zum ersten Mal
eine erfahrene Frau
Baby nannte.

Februar 2014

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Kommentare zu diesem Text


 BeBa (27.11.19)
Hi Baby,

ein tolle Elegie!

LG
BeBa

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.11.19:
Merci, ich freue mich, dass sie dir gefällt.
Servus
Ekki

 LottaManguetti (27.11.19)
Wie habe ich die Betitelung mit Baby/Babe gehasst! Mich durfte niemand so nennen! Bis heute ...
Aber die Colts, die schon im Halfter rauchten - die guckte ich heimlich bei meinem Andere-Opa, Sonntagnachmittag in der Guten Stube.
... wenn die Augsburger Puppenkiste nicht auf dem Schirm war.
Nur draußen aufm Hof, im Garten, im Dorf wars schöner.

Schönes Ende! :D

Lotta

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 27.11.19:
Danke, Lotta, ja, es war ein machohaftes Frauenbild. das sich in dieser Bezeichnung niederschlug. Schön, dass du den Text dennoch empfohlen hast.
Liebe Grüße
Ekki

 LottaManguetti schrieb daraufhin am 27.11.19:
Och, den Macho hab ich übersehen. Ich empfahl nur dein Gedicht. Zu den Kerlen, die sich nur männlich fühlen ob solcher Gebaren - hab ich ne eigene Meinung.
Es soll ja auch Damen geben, die sich nur als Kitty ausm Saloon wirklich weiblich fühlen.

 eiskimo (27.11.19)
Gary Cooper, Clint Eastwood, Lex Barker, John Wayne - Du lässt sie in ihrer coolen Männer-Herrlichkeit wieder auferstehen.
Ja, durch sie war der Wilde Westen unser wahres Zu Hause.
An Frauen kann ich mich nicht erinnern. We nn Mädchen bei uns mitspielten, waren sie Winnetous Schwester oder kamen gleich an den Marterpfahl.
Und zu Karneval gab es für unsere Colts echte Knallplättchen.
Nostalgische Grüße von
Eiskimo

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 27.11.19:
Hallo Eiskimo,,ja, eigentlich waren diese Westernhelden austauschbar. Aber es gab doch schauspielerische Unterschiede. Ich habe gestern nach langer Zeit wieder "12 Uhr mittags" mit Gary Cooper gesehen. Der hatte es nicht nur in den Fäusten.
An Frauen können wir uns nicht erinnern, weil sie nur ihr schönes Lärvchen hinhalten mussten. Ich wusste zum Beispiel nicht mehr, dass Grace Kelly die Partnerin von Gary Cooper war.
Nostalgische Grüße zurück
Ekki

 AchterZwerg ergänzte dazu am 27.11.19:
Habe ich mir eben gerade wieder einmal auf Arte angeschaut, konnte mich aber auch vorher schon an die schöne Grace Kelly erinnern.

 FrankReich meinte dazu am 21.12.19:
"12 Uhr mittags" habe ich in meiner Jugendzeit unzählige Male gesehen. Aber wer war noch gleich Gary Cooper?

 Didi.Costaire (27.11.19)
Ja Ekki, das war noch ein echter Held. Da kam höchstens einer ran, und zwar in der Werbepause ("Ein ganzer Kerl dank Chappi").
Schön beschrieben!
Beste Grüße, Dirk

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.11.19:
Merci, Dirk, da hast du recht. Hätten die Westernhelden auch Chappi bekommen, wäre die Leinwand gerissen.
Beste Grüße zurück
Ekki

 GastIltis (27.11.19)
Hallo Ekki, man staunt immer wieder, welche Langzeitwirkungen doch bestimmte Ereignisse, und einige Filme, die man gesehen hat, waren schon Ereignisse, hinterlassen haben. Das geht bei den schauspielerischen Leistungen los, setzt sich fort über die Persönlichkeiten, die verkörpert wurden, und dokumentiert sich darin, was inhaltlich ausgedrückt wird. Oder, simpel gesagt, herüber kommt. Dass es dir gelingt, immer Rosinen aus dem Kuchen „Große Kunst“ herauszupicken, ist eine Besonderheit deines KV-Daseins. Beneidenswert und einmalig. Herzlich grüßt dich Gil.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.11.19:
Grazie für das schöne Kompliment, Gil. Ich bin der Großen Kunst für die zahlreichen Rosinen dankbar. Falls die aber nicht mehr reichen sollten, habe ich noch ein paar im Kopf. :)
Herzliche Grüße
Ekki

 TassoTuwas (27.11.19)
Hallo Ekki,
ich schreib das mal ganz leise, muss ja nicht jeder mitkriegen, dass uns diese knallharten Kerle bis heute nicht aus dem Kopf gehen!
Wir Weichgespülten
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.11.19:
Merci, Tasso- Das stimmt. Wir Weichgespülten leben länger, weil uns weiche Herzen beistehen. :)
Herzliche Grüße
Ekki
Sätzer (77)
(27.11.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.11.19:
Danke, Uwe. Ja, wir haben als junge Menschen diese Welt, die einfach in gut und böse geteilt war, gemocht. Später mussten wir einsehen, dass es Grauzonen gibt, in denen der Colt nichts lösen kann.
Servus
Ekki
Stelzie (55)
(27.11.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.11.19:
Merci, Kerstin, erst kürzlich habe ich wieder "Spiel mir das Lied vom Tod" gesehen. Der Italo-Western ist anders als der klassische und kommt der Realität näher. Das sieht man an der Umkehrung alter Klischees,, Der Held in diesem Film, Charles Bronson, hat braune Augen, fast Schlitzaugen, und der Schurke, Henry Fonda, den stahlblauen Blick.
Liebe Grüße
Ekki

 AZU20 (27.11.19)
Das waren noch Kerle. An das "Baby"kann ich mich nicht erinnern. Zu lange her. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.11.19:
Danke, Armin. Das wundert mich. In amerikanischen Filmen hörst du immer wieder die stereotype Liebkosung babe oder honey, die später auch von Frauen gegenüber Männern verwandt wurde.
LG
Ekki

 AchterZwerg (27.11.19)
Ja, lieber Ekki,
einige Western gehören zu den besten Filmen, die je produziert wurden. Unnachahmlich: Henry Fonda, John Wayne und Guiliano Gemma.

Spielt es dabei wirklich eine tragende Rolle, welches Männer-, bzw. Frauenbild sie seinerzeit verkörperten? Und waren diese Bilder immer (!) ernst und nicht zuweilen parodierend amerika-kritisch gemeint?

Für mich war und ist das Kunst. Ganz große Kunst. - Wenn ich nur an die summenden Fliegen in "Spiel mir das Lied vom Tod" denke, weiß ich einfach, dass ich damit richtig liege.

Im "richtigen" Leben bin ich für dein Gedicht jedoch durchaus empfänglich. Ernsthaft

Pico

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.11.19:
Grazie, Pico, wir liegen überhaupt nicht auseinander. Ich halte nämlich einige klassische Western auch für Kunst, wenn die Stereotypen genau an der richtigen Stelle eingesetzt sind, zum Beispiel der Saloon in "12 Uhr mittags", oft der Ort des Heldentums, in diesem Film der Platz feigen Versagens. Und wir sind uns einig: "Spiel mir das Lied vom Tod" ist ganz große Kunst, Aber zu der Zeit, in der mein Text spielt, gab es den Film noch nicht.. Mir sind aus diesem Film auch insbesondere die Geräusch-Stereotypen in Erinnerung und die Tatsache, dass nicht nur gute und böse, sondern auch gemischte Charaktere auftreten.. Wie groß ist zum Beispiel der Kontrast zwischen Grace Kelly, der Reinen, in "12 Uhr mittags" und Claudia Cardinale, der weiblichen Hauptfigur in "Spiel mir das Lied vom Tod", einer Hure, oder der zwischen dem sauberen Gary Cooper und der dritten Heldenfigur Cheyenne in dem Italo-Western, einem Mann mit Herz, der den eiskalten Henry Fonda als Schurken und den in seiner Rache ebenfalls kalten Charles Bronson kontrastiert.

Antwort geändert am 27.11.2019 um 18:19 Uhr

 TrekanBelluvitsh (27.11.19)
Ach ja, das Kino...
Real life sucks!
;-)

Kommentar geändert am 27.11.2019 um 16:41 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.11.19:
Danke, ohne die Traumfabrik wäre das real life schwer zu ertragen.
Al-Badri_Sigrun (61)
(27.11.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.11.19:
Vielen Dank, Sigi, ich dachte, dass ich alle interessanten Western kenne. Das "Wiegenlied vom Totschlag" ist eine Lücke, die ich bei nächster Gelegenheit schließen werde.
LG
Ekki
Agneta (62)
(27.11.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.11.19:
Grazie, Monika, jetzt bin ich nicht mehr traurig. Soweit ich sehe, bist du die Erste, die Sprache meines Textes würdigt.
LG
Ekki
Jo-W. (83)
(27.11.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.11.19:
Jo, die haben dich so genannt, weil du ein ganzer Kerl warst und bist. :)
LG
Ekki

 Oreste (28.11.19)
DAS gefällt mir, Ekki.
HIER finde ich mich wieder.

O.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 28.11.19:
Das freut mich besonders.
Ekki

 AvaLiam (04.12.19)
Bisher dachte ich, dass ich die falschen Männer kenne. Die meisten davon kochen, malen, basteln am PC...gut, manche schreiben Gedichte...und manche machen Musik.

Aber nun, wo ich deine Zeilen lese, stelle ich fest, ich kenne vor allem die falschen Frauen.

WIE kann eine Frau SOWAS zu einem Mann sagen?
DAS ist ja noch schlimmer als: ...süß oder niedlich...

DAS ist ja schon Verbalkastration!


SO erfahren kann die Frau nicht gewesen sein, die DAS zu einem MANN sagt.

Ich komm gar nicht drüberweg.

perplexe und Weltbild prüfende Grüße - Ava

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.12.19:
Grazie, liebe Ava, ich denke, dass die Frauen, die das zu einem Manne sagen, sich seiner Unschuld erfreuen. Manche Männer können ja auch wirklich kein Wässerchen trüben, gerade wo wie ein Baby.
Reine Grüße
Ekki

 harzgebirgler (16.02.21)
gary cooper kommt - ist echt kein witz -
vor im welthit "puttin' on the ritz" *
von taco denn der war echt total cool
und wer ihm wirklich gleicht haut frau'n vom stuhl
genau wie er - egal ob nun erfahren
oder nicht - locker allemal mit haut und haaren...;-)

lg
henning

*  https://www.youtube.com/watch?v=4OUnedMCCW0

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.02.21:
Vielen Dank, mein Freund. Heute fehlen ganze Kerle, nach Weicheiern sehnt sich keine Perle.
LG
Ekki
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