Kneipenatmosphäre

Sonett zum Thema Abendstimmung

von  FrankReich

Ein Gast wähnt sich auf dem Basar,
er hält die Leute für Korsaren
und spricht von dem, was früher war,
vom Urlaub auf den Balearen,
von Hollywood als Kinderstar,
dem ersten Mal vor den Kanaren.
Sein Publikum macht sich schnell rar.

Betrunken spielt in ihren Haaren
der One-Night-Stand vom letzten Jahr,
ein Freund bestellt ihr einen Klaren,
im Goldfischglas schwimmt ein Skalar,
ein Greis schluckt noch an den Katarrhen
des letzten Monats, und sogar
der Stammtischhund lässt einen fahren.

Die Wirtin liebt es kulinar,
und angesichts des ziemlich raren
Bestands an Bier erbebt die Schar,
der Koch jedoch sitzt an Kalmaren,
in seiner Suppe schwimmt ein Haar,
um das sich längst Kritiken scharen,
der Sohn des Hauses kommt nicht klar.

In einer Ecke liegt ein Paar
und in der Kneipenküche garen
noch Würstchen, die summa summar
den Pommesbudengang ersparen,
ein Stammgast sieht im Bipolaren
des Lebens keinerlei Gefahr,
das Paar beginnt sich nun zu paaren.

Zwei alte Säufer offenbaren
ihr Credo seufzend an der Bar,
der Wirt ist sichtlich schon bei Jahren
und stößt mit seinem Kommentar
auf Zeiten an, um sie zu wahren,
dabei ist es erst Januar,
die Winterwelt trotzt Spatz und Staren.


Anmerkung von FrankReich:

Zweieinhalbfaches Sonett.

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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (01.12.19)
Atmosphärisch dicht! :)
Und entspricht so ganz & gar jener besonderen Kneipenmischung zu fortgeschrittener Stunde: Lethargie, ab und zu ein glühendes Statement, Lider, die kaum noch offenzuhalten sind und die einende Furcht vor der "Letzte(n) Runde."
All dies mochte ich gern - altersbedingt aber mehr in seiner Beschreibung.

Leicht nostalgische Grüße
der8.

 FrankReich meinte dazu am 01.12.19:
Hi A-Z,

danke für das Bier, und es wurde wirklich Zeit, dass Hunde mit Flatulenzen auch in Gedichten mal ganz groß herauskommen, bleibt nur zu hoffen, dass diesem ein besseres Schicksal beschert ist. Irvings Buch ist vorgemerkt, ich habe momentan allerdings noch reichlich Lesefutter.

Ciao, Frank
Hannah (72)
(01.12.19)
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 FrankReich antwortete darauf am 01.12.19:
Hi Babette,

vielschichtig, aber oberflächlich, und keinen interessiert der andere so wirklich. Die Entscheidung, frühzeitig ins Horn zu brechen, oder doch lieber den Kampf gegen die Spirituosen aufzunehmen, dürfte in diesem Fall eindeutig durch die winterliche Atmosphäre beeinflusst sein.

Ciao, Frank

P.S.: Danke für Kommentar und Empfehlung.
Sätzer (77)
(01.12.19)
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 FrankReich schrieb daraufhin am 01.12.19:
Danke Sätzer,

auch für die Empfehlung, und ich hoffe, in diesem Fall alle möglichen Reimendungen einmal erwischt zu haben. :D

Ciao, Frank

 franky (01.12.19)
Hi lieber Ralf!

Ich musste dein Zweieinhalb Sonett ein Paar Mal Lesen, es strotzt ja nur so von griffigen Bildern, die ich nur zu Genüge kenne. Als Berufsmusiker ist man sehr oft in diesen Kreisen verkehrt.

Auch nostalgische Grüße

Von
Franky

 FrankReich äußerte darauf am 01.12.19:
Hallo, mein Bester,

danke für Empfehlung und Favorisierung. Mir persönlich haben die Subkulturkneipen immer am Besten gefallen. Ich erinnere mich ebenfalls wehmütig an Auftritte von Gruppen wie "Birthcontrol", "Novalis" und "Zoff" im Paderborner Hafenviertel und Umgebung.

Ciao, Frank
Stelzie (55)
(01.12.19)
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 FrankReich ergänzte dazu am 01.12.19:
Danke Kerstin,

auch für Deine Empfehlung. Glücklicherweise habe ich keine Probleme mit Alkohol, nur ohne.

Ciao, Frank
una (56)
(01.12.19)
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 FrankReich meinte dazu am 01.12.19:
Hi Una,

danke für Deine Empfehlung, und ich war vor ungefähr 10 Jahren das letzte Mal in einer Kneipe, ich denke aber, dass sich die Atmosphäre dort auch seit dem Rauchverbot nur unwesentlich verbessert haben wird. :D

Ciao, Frank

 LotharAtzert meinte dazu am 01.12.19:
Fünf Minuten reichen aus, um sich zu besaufen, locker!

weiß Lothar

 FrankReich meinte dazu am 01.12.19:
Nee, Lothar, ist klar:

Lieber locker übern Hocker,
als zu hektisch übern Ecktisch.

Ciao, Frank

 AvaLiam (04.12.19)
Ich hatte ja auch so meine Sturm-und Drangzeit. Und viele Atemzüge verbrauchte ich in solchen Kneipenbildern - mal war ich Statist - mal Hauptdarsteller...

so oft - wenn ich die Location verließ, fragte ich mich: WARUM war ich jetzt eigentlich DA?

Ziemlich häufig sogar ging mir der regelmäßige Gang selbst auf die Nerven und ich kehrte auf halbem Wege wieder um und entschied mich: Heute nicht!

Doch in den Abenden, an denen ich nicht dort war, fehlten mir diese kleinen und größeren Oberflächlichkeiten, die immergleichen Gesichter, die Gerüche, die nervig leiernden Lieder... weil es was von Zuhause hatte.
Es war vertraut und immer war ein Platz frei für mich - wie ich aussah, wie ich drauf war, ob ich lächelte oder weinte, ob ich fluchte oder witzelte.

Heute denk ich manchmal zurück und würde gern noch einmal Platz nehmen...so, wie zwischen deinen Zeilen.

lG - Ava

 FrankReich meinte dazu am 04.12.19:
Danke für Deine nostalgische Rückschau, Ava, und auch für mich sind nur noch die Verse übrig geblieben, allerdings zog ich zuvor die Musikszenekneipen vor, das war zwischen 1975 - 1985, danach wurden die einfach zu "professionell", Marke "Massenmenschhaltung", so dass wirklich nur die konventionellen Kneipen in Frage kamen, deren Atmosphäre so harmlos war wie oben beschrieben.

Ciao, Frank

P.S.: Danke auch für Empfehlung und Favorisierung.
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