Dichter Nebel

Gedicht zum Thema Natur

von  EkkehartMittelberg

Meister Nebel sprach zu seinen Schwaden:
Habe euch zu einem Spiel geladen,
fallt auf Bäume, Dächer und Gefilde,
zaubert Nebel für die Dichter-Gilde.

Lasst die Spinnen ihre Netze weben,
eure Geister über Flüssen schweben,
magisch sollt ihr euch auf Wiesen senken
und mit eurem Dunst die Dichter lenken.

Denkt an Hesse und den alten Storm,
Nebelschwaden brachten sie in Form.
Animiert mir jetzt die vielen andern,
raunend sollen sie im Nebel wandern.

Wenn Poeten ganz vernebelt sind,
wird durch Nebelschönheit mancher blind,
und es macht das kluge Wort die Runde:
Dichter sind mit Nebel stets im Bunde.

November 2011

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (09.12.19)
Romantisch. Was nicht heißt, das es unwahr ist, benebelt oder nicht.
;-)

Kommentar geändert am 09.12.2019 um 04:26 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Merci, Trekan. Ja, romantisch, aber mit a bisserl romantischer Ironie.
LG
Ekki

 TrekanBelluvitsh antwortete darauf am 09.12.19:
Wer die Welt ohne Ironie wahrnehmen kann, nimmt Drogen.

 LottaManguetti (09.12.19)
Lieber Ekki, mystische Stimmungen, wie solche, die bei Nebel entstehen können, ruft auch das dichterische Wehklagen auf den Plan. Jemand, der stets empfänglich für Wortpinseleien ist, wird im Nebel immer fündig. Da stockt der Atem, da wirbeln die Gehirnwindungen und schaurig wandert Gänsepelle übern Rücken, stellen sich die Nackenhaare auf.
:D

Gruselige Grüße
Lotta

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 09.12.19:
Mercissimo, Lotta, wenn ich meine Anthologie "Nebelgrusel" herausbringe, wird sich auf lange Zeit kein Nackenhärchen mehr legen.
Schaurige Grüße
Ekki

 Momo (09.12.19)
Hallo Ekki,
verschwommene Sicht regt die Phantasie an, lässt Figuren und Stimmungen wie aus dem Nichts entstehen. Oh schaurig ists, übers Moor zu gehen …

Der Hauch von Ironie, der besonders die letzte Strophe durchzieht, gefällt mir ;)

LG Momo

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 09.12.19:
Vielen Dank, Momo, das von dir zitierte Droste-Gedicht führt die Ranking-Liste in meinem Grusel-Kabinett an.
Liebe Grüße
Ekki

 eiskimo (09.12.19)
Bei vielen Bühnen-Shows wird künstlicher Nebel eingesetzt - warum? Weil Nebel den Zauber einer "anderen Wahrheit" suggeriert, die es zu durchdringen gilt.
Wer will schon platte Klarheit serviert bekommen?
Ich hätte es nebulöser formulieren können, aber der Dichter in mir hatte Pause.
cu
Eiskimo

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 09.12.19:
Gracias, eiskimo, das stimmt absolut. Wenn ich mir vorstelle, dass Denkerstirnen aus dem Nebel auftauchen, liegt kondensierte Wahrheit in der Luft. :)
Wallende Grüße
Ekki

 niemand (09.12.19)
Die letzte Strophe ist mein absoluter Favorit
Mit schmunzelnden Grüßen, Irene

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Spassibo, Irene, wie ich deinen nebelfreien Humor kenne, kann ich mir vorstellen, dass dir die letzte Strophe gefällt.
Auflösende Grüße
Ekki

 AZU20 (09.12.19)
Ja, echt benebelt, das sind wir. Hesse auch? Ich greif mal eben zu meinem Liebling und lass mich benebeln. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Vielen Dank, Armin. Es gibt luzide Sachen von Ihm, zum Beispiel " Das Glasperlenspiel", aber auch benebelte. Kennst du "Narziss und Goldmund"?
Liebe Grüße von meinem Nebelhorn

 AZU20 meinte dazu am 09.12.19:
Lieber Ekki, was für eine Frage. Ich kenne beinahe das gesamte Werk und habe es in meiner Bibliothek. Mit dem Glasperlenspiel tue ich mich schwer, zugegeben. Wie geht es Dir damit? LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Ich denke, das "Glasperlenspiel" gehört neben dem "Steppenwolf" zu seiner besten Prosa.
Fisch (55)
(09.12.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Merci, kluge Forelle. Recht hast du auf jeden Fall. Aber woran liegt das? Spitzweg lehrte uns schon, dass die meisten Poeten arm sind und Wilhelm Busch klärte uns auf, dass wer Sorgen hat, auch Likör hat und ich füge bescheiden hinzu: Wo Likör ist, da raucht es, Also: "Dichter sind mit Nebel stets im Bunde." Quod erat demonstrandum.
Einsichtige Grüße
Ekki

 Artname (09.12.19)
Lieber Ekki, auch hier sprichst du mir aus der Seele.

Fraglich ist vor allem, ob Nebel nicht gleichzeitig auch etwas sehr Klares ist.

Wenn man bedenkt, wohin uns das allgemein "klares Denken" genannte Konzept brachte und bringt....

lg

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Grazie, mein Freund, ich denke, dass die Literatur beides bereit hält, den benebelnden Nebel und den humiden belebenden, der mystische Fantasien beflügelt.
Beste Grüße
Ekki

 AchterZwerg meinte dazu am 09.12.19:
Lieber Ekki,
ein Gedicht, das mir gleich in doppelter Hinsicht gefällt:
- Endlich nimmt sich (außer mir) mal wer die "Nebelschwaden" vor
- zweitens lässt du Milde über die kleinen Laster der Menschen regnen

So taten es auch die Alvorderen (der Hofrat (beispielsweise) konsumierte als Jungfürst reichlich Bier, später täglich 1 - 2 Flaschen Wein *hüstel) und war auch sonst kein Kind von Traurigkeit ).
Manche kommen ohne all dies aus. Das sind jedoch nicht zwangsläufig (!) die besseren Dichter.

ahnt
dein Pico (Nichtraucher)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Grazie, liebe Freundin, bliebt die Frage offen, was der Nebel mit dem Alohol zu tun hat.. Das alte Stiudentenlied "Wütend wälzt sich einst im Bette" beantwortet es. Dort heißt es : " Na, ein wenig schief geladen" grinste drauf der Kammermohr. Selbst von Mainz des Bischofs Gnaden kamen mir benebelt vor.
Luzide Grüße aus dem dichtesten Nebel
Ekki
una (56)
(09.12.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Hallo Una,
ich bin erst seit ein paar Jahren Nichtraucher. Da ich mich mit mir selbst vertragen muss, stimme ich selbstverständlich deiner Aussage zu, dass nicht rauchende und rauchende Dichter sich verbunden fühlen können.
Wie schön, dass du das wunderbare Hesse-Gedicht zitiert hast.
Liebe Grüße
Ekki

 Graeculus (09.12.19)
Zuweilen sind sogar die Philosophen vom Nebel betroffen - sei es unabsichtlich, wie bei Schelling, sei es bewußt wie bei Schopenhauer, der meinte, der Nebel sei, als Anagramm von Leben, eine Chiffre.

Allerdings kann man aus "Philosophen Nebel" kein Wortspiel machen.

Kommentar geändert am 09.12.2019 um 14:31 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Hallo Graeculus, Nebel als Anagramm von Leben, welch witziger Einfall. Ich habe ein Wortspiel mit "Philosohen Nebel" versucht. Es will mir nicht gelingen. Nur ein kleines dummes Reimspiel: "Wenn Heidegger Hannah sah, war er benebelt. Hat er wohl im Bett geschwäbelt?" Merci und angeregte Grüße
Ekki

 FrankReich meinte dazu am 09.12.19:
Aus "Philosophen Nebel" ein Wortspiel zu machen, will mir auch nicht gelingen, ich hätte da nur einen Doppelreim anzubieten:

Sind die Reime in Strophen der Knebel,
ist das für Philosophen der Nebel.

Ciao, Frank

 Borek (09.12.19)
Hallo Ekki
ein wirklich schön gelungenes Gedicht
in Form un Inhalt
ja der Nebel ist nicht wegzudenken aus unserer Zeit
Nebellöcher, Nebelschwaden, Vernebelte Taten
alles tut unser Zeit kaum schaden
Liebe Grüße Borek

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Vielen Dank, Borek. Möge ein barmherziger Nebel die Dinge umhüllen, die wir nicht ändern können und das Licht der Aufklärung vernebelte Taten erhellen.
Liebe Grüße
Ekki

 juttavon (09.12.19)
Zum Verhältnis von Wolkigem / Nebulösem und naturwissenschaftlicher Taxonomie im Schreiben fällt mir die Antrittsvorlesung von Marion Poschmann 2015 in Bonn ein:
https://www.germanistik.uni-bonn.de/studium/poetikdozentur/poetikdozenten/marion-poschmann-1
(ungefähr ab Minute 14:30 richtig gut!)

HG Jutta

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Oh, wie spannend, liebe Jutta. Das werde ich heute Abend in aller Ruhe genießen. Grazie
HG
Ekki

 GastIltis (09.12.19)
Hallo Ekki,
mit meinem letzten Gedicht, vielleicht eines von zehn oder mehr, das ich dem Nebel gewidmet habe, oder unter dem Einfluss von Nebel oder leicht vernebelt von mir gab, bin ich „Versackt im Fenn“. Da stecke ich nun und bewundere deine Kunst, wohl wissend, dass hier das Prinzip von den Kirschen in Nachbars Garten verfehlt ist. Kurz: meine Bewunderung für deine Zeilen bleibt. So oder so! Nach dem dritten Lesen hat sich der Nebel nicht verzogen; die Sicht ist undeutlich, aber die Botschaft wunderbar.
Herzlich grüßt dich (noch aus dem Fenn) Gil.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Versackt im Fenn? Soviel Nebel kann das Fenn gar nicht produzieren, als dass es nicht deiner Feder gehorchen müsste, lieber Gil. Möge ein gütiges Schicksal uns erlauben, noch eine Zeitlang so zu schreiben, dass wir unsere Werke mit Vergnügen lesen. Mit Dank und herzlichen Grüßen
Ekki

 Martina (09.12.19)
Hat mir sehr gefallen, Ekki....weiter so =) Wandle auf Nebelfaden =)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Merci, Martina. Mit deinen guten Wünschen werde ich hoffentlich das Gleichgewicht finden, auf Nebelfaden zu wandern.
Liebe Grüße
Ekki

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Merci, Martina. Mit deinen guten Wünschen werde ich hoffentlich das Gleichgewicht finden, auf Nebelfaden zu wandern.
Liebe Grüße
Ekki

 Didi.Costaire (09.12.19)
...
Manche sind noch dichter und das liegt
am Küstennebel, den's in Flaschen gibt,
andre nähern sich von hinten eben
diesem Nebel, denn da ist das Leben.

Interessante Naturbeobachtungen, lieber Ekki, und vor allem sind sie so klar formuliert.

Schöne Grüße, Dirk

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Lieber Dirk, als der Geist aus der Flasche kam, war es ein Nebelriese. Ich redete mit klaren Worten auf ihn ein, doch er umfing mich unwiderstehlich. Nun hoffe ich, dass er sich bald lichtet.,
Schöne Grüße
Ekki
Agneta (62)
(09.12.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Merci, Monika, so wie im Alphabet M und N aufeinander folgen, geht es bei der Dichtung in umgekehrter Reihenfolge, erst der Nebel, dann die Melancholie.
LG
Ekki

 TassoTuwas (09.12.19)
Hallo Ekki,
dass mir das Lesen dieses Gedichtes eine große Freude ist sollte dich nicht überraschen
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.12.19:
Hallo mein Freund,
ich bin heute ein bisschen sentimental. Hoffentlich ist es uns noch eine Zeitlang möglich, uns auf diese Weise Freude zu machen.
Herzliche Grüße
Ekki
Al-Badri_Sigrun (61)
(10.12.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 10.12.19:
Hallo Sigi, wenn es um Lyrik geht, ist es ein besonders schönes Kompliment, dass du dem Nebel Leichtigkeit zusprichst. Ich freue mich und danke dir.
Liebe Grüße
Ekki

 AvaLiam (10.12.19)
hm... ich kann mich gerade nicht entscheiden, welches Wortspiel ich schöner finde... den verdichteten Nebel oder den vernebelten Dichter... ist noch etwas undurchsichtig, das Ganze.

Ich lass es noch lichten,
versuchs später mit dichten,
weil es mir und mitnichten
es nicht fehlt an Gewichten
und verschiedenen Sichten,
nur formal, es auszurichten.

Ein bisschen Spaß muss sein.

Ja - und der Nebel... herrlich! Ich meine, der ist so gehaltvoll, ähm geheimnisvoll, phantasieanregend, und die Sinne belebend. Aber nun gut - immerhin heißt er ja rückwärts gelesen auch "Leben". Wessen Bezeichnung und Name liest sich rückwärts schon sooo bedeutungsvoll? Der Nebel muss es also in sich haben.

Und was der alles kann neben dem (ver)dichten: absteigen, aufsteigen, zunehmen, auflösen, aufklären.... AUFKLÄREN.
Das muss man sich mal geben. Ganz schön schlau!

Wir sollten uns vorsehen.

das Nebelhorn schwingende Grüße - Ava

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 10.12.19:
Merci, Ava, wie immer hast du viele Ideen, mein Gedichtchen kreativ weiter zu führen. Nicht umsonst sind die Nebel von AVAlon in der Literatur berühmt.
Liebe Nebelungengrüße
Ekki

 AvaLiam meinte dazu am 10.12.19:
Ekki - ich bin sprachlos.

WOW!

WAS für eine Antwortkommentar.

Ich werd ihn in mein Profil aufnehmen, wenn du nichts dagegen hast.

Hammer - wirklich... Amüsant und geistreich und dann noch mitten ins Schwarze getroffen - was für eine Kombi.

hochachtungsvoll - Ava

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 10.12.19:
Liebe Ava, es ist mir eine große Ehre, mit meinen bescheidenen Worten in dein Profil aufgenommen zu werden.
Herzlichst
Ekki

 harzgebirgler (03.02.21)
...was einst schon von andromeda
der nebel lächelnd kommen sah...;-)

lg
henning

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.21:
Merci, Henning, ich stelle immer wieder fest, dass kluge Autoren auch mythologisch gebildet sind
LG
Ekki
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