Don’t feed the troll

Lehrstück

von  Oreste

In meinem Rollladenkasten haust seit Neuestem ein kleiner Troll. Ich nenne ihn Pöbelbert – als Zeichen meiner Überlegenheit. Ich habe keine Ahnung, wie Pöbelbert da hineingelangt ist, tippe aber auf Portal; also eines dieser plötzlich erscheinenden Dinger, die dich durch Raum und Zeit und so teleportieren, sofern dich irgendein Spaßvogel halt hineinschubst. Jedenfalls weiß ich, dass Pöbelbert sich dort einquartiert hat, weil er sich rund um die Uhr bemerkbar macht. Wie? Akustisch natürlich. Konkret? Er brabbelt, brüllt, johlt und jault. Manchmal jodelt er auch, dann mit Vorliebe Songs von Haftbefehl oder Abba. Oder Marius Müller-Westernhagen. Wenn Pöbelbert so richtig trollig drauf ist, furzt er Bizets Carmen oder rülpst das Horst-Wessel-Lied in der festen Überzeugung, das provoziere mich in meinem sittlichen Empfinden. Tut es aber nicht. Und erweist Pöbelberts feste Überzeugung sich nun auch ihm selbst als fehlerhaft, indem meine Empörung – sagen wir – lieber Urlaub in Sachsen macht, schaltet er flink wie ein Tesla und greift zurück auf Plan B: ‚Du Hurensohn!‘, was kognitiv bedingt aber etwas dauern kann. Stunde plus/minus.
....Mitunter tut Pöbelbert so, als wedele er sich einen von der Keule. Dabei grunzt er und stöhnt und frönt simultan seiner Neigung zum reflexartigen Gebrauch der Vulgärsprache, Teilbereich Trolly Talk, soll heißen: gibt eine Kostprobe seines geballten Sortiments ihrer mannigfaltigen Ausdrucksformen nach der anderen, z.B. ‚Du pimmelige Fotze!‘ oder auch ‚Fotziger Pimmel, du!‘. Ich tue dann so, als bekäme ich von alledem nichts mit. Das macht Pöbelbert sauer, ich meine, so richtig kinski, drum mault und tobt er und drischt seinen Schädel so stumpf respektive oft gegen die Innenwand seiner holzkastigen Trollhöhle, bis die Anzahl seiner Beulen die seiner Hirnzellen um satte einhundert Prozent übertrumpft – zwei –, derweil sich eine Staublawine anschickt, auf mein opulent mit Kakteen bestücktes Fensterbrett zu stürzen.
....Vorigen Sonntag, als Pöbelbert mal wieder ums Verrecken keine Ruhe geben wollte, war ich zu meiner eigenen Überraschung nur unweit davon entfernt, mich lautlos von meinem Ohrensessel zu erheben, im Ballengang das Fenster aufzusuchen, dort angekommen ein famos infames Grinsen einzuüben und schließlich den Rollladen einfach mal mit Schmackes bis zum Anschlag hochzuziehen, gleich wieder ein Stück herabzulassen, um ihn mit einem heftigen Ruck erneut hochzuziehen und ebendies Prozedere, je nach Blutrauschlaune, noch fünf bis dreizehn Mal zu repetieren. Doch besser – rief ich mich zwar zu spät, dafür fachkundig zur Räson – ein Leben im Dunkeln verbringen, als einem Troll den Quetschungstod zu bescheren, denn hieße das eben auch, Pöbelbert Beachtung zu schenken; obgleich das erste wie letzte Mal.

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Kommentare zu diesem Text


 loslosch (15.12.19)
sitzt im rollladenkasten nicht das hermännchen, ein ca. 30 g schweres raubtier?

.... in der festen Überzeugung, das provozierte mich ...

hier ist der konjunktiv II unangebracht.

 Oreste meinte dazu am 15.12.19:
Das Tier des Jahres 2013? Unwahrscheinlich.

Danke für den Hinweis!

 Isaban (15.12.19)
Ich glaub, den kenn ich, dem bin ich kürzlich auch irgendwo mal begegnet.

Nimm das t aus der Provozierung und schau hier noch einmal nach der trolligen Interpunktion:
sagen wir …, Wie wäre es da mit dem klassischen Gedankenstrich?

Im Übrigen: Boah, bist du pöse!

Die allerbesten Grüße, auch von Ottilie,

Isaban

PS: Ach ja, einen wundervollen 3. Adventssonntag wünsche ich!

Kommentar geändert am 15.12.2019 um 10:14 Uhr

 Oreste antwortete darauf am 15.12.19:
War's zufällig in keinem Verlag? (;

Ferner: Ich bin nicht pöse. Pöse wäre gewesen, hätte ich dir nahegelegt, dir deinen klassischen Gedankenstrich in den – genau – zu stecken. :D

Nochwas? Ach ja: Dank & Gruß & so.
( :.
Agneta (62)
(15.12.19)
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 Oreste schrieb daraufhin am 15.12.19:
Doch, genau den mein ich! Halt nur ganz anders!
Fisch (55) äußerte darauf am 15.12.19:
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Paulila (55) ergänzte dazu am 15.12.19:
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Fisch (55) meinte dazu am 15.12.19:
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Paulila (55) meinte dazu am 15.12.19:
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 Oreste meinte dazu am 16.12.19:
Veto. Ich sabbere nicht im Schlaf. Das ist Giesbert.
- Ich brabbele!
Fisch (55) meinte dazu am 17.12.19:
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 EkkehartMittelberg (15.12.19)
Hallo Oreste, ich bin so trollabstinent, dass sie verhungern würden. Ich hatte schon vergessen, dass es sie gibt.
Servus
Ekki

 Oreste meinte dazu am 16.12.19:
Unter uns: Hast du schon mal herumgetrollt, Ekki? :D

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.12.19:
Schau mal die Fabel "Ein Elch, ein Troll und ein Frechdachs im finsteren Walde". Das ist mein bisher einziger Beitrag zu diesem Thema. ;)

Antwort geändert am 16.12.2019 um 21:03 Uhr
Paulila (55)
(15.12.19)
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 Oreste meinte dazu am 16.12.19:
Klug erkannt und klar benannt!

Ein Glück bin ich flexibel im Umgang mit meinen Leitsätzen. :D
Fisch (55)
(15.12.19)
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Paulila (55) meinte dazu am 15.12.19:
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 Oreste meinte dazu am 16.12.19:
Hm.

Also dein neuer Fiffi stünde Fischs Pantoffelwesen auch ausgezeichent. Kein Bommel dran, dafür genügend Hängegelegenheiten für Weihnachtskugeln!

:D

 Oreste meinte dazu am 16.12.19:
Kon-se-quenz, F., ist mein zweiter Vorname. Konsequenterweise wäre es mein erster, aber der ist schon besetzt.

Dank an dich
O.
Paulila (55) meinte dazu am 16.12.19:
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Aha (53)
(16.12.19)
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 LottaManguetti (16.12.19)
Jetzt hab ichs endlich geschafft, hier zu erscheinen! Gelesen und gefreut hatte ich mich schon gestern Abend, nachdem ich die Mail "Neuer Text von Oreste" erhielt.



Breitgrinsend

Lottale

 Oreste meinte dazu am 04.01.20:
Jetzt hab auch ich's endlich geschafft, ... ach, lassen wir das.

Dankööööö! :D
Cora (29)
(16.12.19)
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 Oreste meinte dazu am 16.12.19:
Nö, meiner ist klüger.

(;
Cora (29) meinte dazu am 16.12.19:
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 Oreste meinte dazu am 17.12.19:
Danke, das hätte ich selbst nicht besser ausdrücken können.

(;
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