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Kurzgeschichte zum Thema Voyeurismus

von  RainerMScholz

Wenn er heute zurückdachte, dann fielen ihm als prägnanteste Erinnerung immer zuerst die Filme ein, die er produziert hatte. Draußen liefen Familien vorüber, Kinder zeigten mit dem Finger auf ihn, Väter streichelten Söhnen über den Kopf und Mütter schoben Kinderwagen, während sie sich mit anderen Müttern unterhielten. Es war Sonntag. Er war nackt und bloß und es war ihm egal. Im Grunde fand er es ganz gut, irgendwie praktisch. Manchmal warf er seine Fäkalien an die Scheibe oder onanierte, wenn ein Pärchen draußen vorüber ging.  Aber wenn es ihm schlecht ging, dann dachte er an diesen einen Mord. Dittrich tanzt um den Toten herum. Er hat sich mit dessen Blut Streifen ins Gesicht gemalt, die Zunge des Toten baumelt aus Dittrichs Mund und Dittrich verdreht die mit dem Kaffeelöffel herausgeschälten Augen des Toten vor seinem eigenen Gesicht. Dann singt er gröhlend ein Lied, das von einem St. Pauli handelt, von der Reeperbahn und von Mädchen und Matrosen. Dittrich penetriert das Opfer von hinten, wie eine Gliederpuppe hängt es an Dittrich dran.  Dittrich reißt den Toten buchstäblich entzwei und rennt auf die Kamera zu. Der Film bricht ab.
Das größte kinematographische Kunstwerk der neueren Geschichte, das jemals auf Jutub gestellt worden ist, und Tim war der Schöpfer. Das würde er nie vergessen. Insgeheim lächelte er verlegen. Doch die Besucher des Zoos bemerkten davon nichts.



© Rainer M. Scholz, 2019

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Kommentare zu diesem Text


 Buchstabenkrieger (20.12.19)
Wow, Rainer, ein beeindruckender Text.

Super Idee, toller Plot, sehr gute Ausführung.
Stimmungsvoll, detailreich, dystophisch. Was will man/ich mehr?
(Mensch, warum komme ich nicht auf eine solche Idee?)
Die Mischung aus Tell und Show finde ich passend.

Wenn ich Zeit habe und du es möchtest, komme ich wieder, um einige Stellen aufzuzeigen, die etwas unsauber sind im Sinne von Orthographie. Sind nur wenige Kleinigkeiten.

Warum hast du den Text in drei Teile zerstückelt?
Des Stückelns wegen?

Viele Grüße,
Buchstabenkrieger

 RainerMScholz meinte dazu am 20.12.19:
Angeblich liest sich das auf KV dann besser, hat sich in dem Fall auch irgendwie angeboten.
Ja, komm zurück, und zeige mir, wo das Komma falsch gesetzt ist. Normalerweise warte ich immer auf den Dieter-Hund.
Gruß + Dank,
R.

 Buchstabenkrieger antwortete darauf am 22.12.19:
Ja, komm zurück, und zeige mir, wo das Komma falsch gesetzt ist. Normalerweise warte ich immer auf den Dieter-Hund.
Hab schon festgestellt, dass Textkorrekturen hier bei KV nicht so im Fokus sind. Dabei ist ein orthografisch "vernünftiger" Text ja Voraussetzung, wenn man seinen Text mal zu einem Verlag zwecks Veröffentlichung in einer Anthologie einsenden will.
Dieses Potential sehe ich bei deinem Text auf jeden Fall, Rainer.
Toller Horror, dein Stück.

im Geiste nach zu skizzieren
ein Wort: nachzuskizzieren

oder ihre Box wurde kurzzeitig unter Wasser gesetzt, dass man sich vorkam, wie in einem Aquarium.
kein Komma vor wie, da einfacher Vergleich

wie seinem Persönlichkeits- und Aburteilungsprofil zu entnehmen war.
Wo steht das denn? Wo kann man das lesen, das Profil? Häng das am Gitter?

nicht schwer  fiel,
Leerzeichen zu viel

Er bemühte sich, nicht da zu sein.
Super Satz!

da gab es so etwas wie eine stille Übereinkunft, den Austausch geheimer Zeichen, stillschweigendes Zutrauen, unmerkliches Nicken und wissende Blicke.
"Stille Übereinkunft" kannst du streichen, weil das, was du nach aufzählst, ja alles stille Übereinkunften sind.

und was das bedeutete, ausgeschlossen und angefeindet zu werden, das hatte er des nachts in dem großen Schlafsaal schon des öfteren schmerzhaft in Erfahrung bringen dürfen.
Puh. Mal eben im Halbsatz alles gesagt. Stark.

denn da saßen die, die mit Berechnung oder völlig unvermittelt gemordet hatten. Und Dittrich zählte ja zu beiden Kategorien.
Der zweite Satz ist klasse.

Schönen Advent,
LG, Buchstabenkrieger

Antwort geändert am 22.12.2019 um 12:14 Uhr

 RainerMScholz schrieb daraufhin am 24.12.19:
Ganz im Gegenteil, ich bin sehr dankbar für jeden hilfreichen Hinweis, der den Text verbessert und weiterbringt.
So auch an dieser Stelle.
Schöne Feiertage und einen guten Rutsch,
R.

 AchterZwerg (21.12.19)
Ein Finale, wie es nicht besser sein könnte.
Die Perversion in ihrer Umkehrung wird (freudig) angenommen.
Hauptsache für immer auf Youtube!

Die Mischung aus geradezu anrührenden Momenten und denkbar größter Brutalitäten kann nur durch das reale Leben selbst getoppt werden.

Superer gehts nimmer. :)
Der8.

 RainerMScholz äußerte darauf am 24.12.19:
Ich danke für die Ehre und die freundlichen Worte.
Ich wünsche ein schönes Fest und viele Geschenke,
Maria.
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