Zeit

Gedanke zum Thema Alles und Nichts...

von  regenfeechen

ZEIT

Es läuft gerade richtig gut bei Chiara.
Ok, sie hat ja auch was dafür getan, das muss man ja auch sehen. Von nichts kommt nichts. Eine Weiterbildung nach der anderen.

Sie nimmt dem Chef ja nun jede Menge Arbeit ab und muss dafür viele Überstunden machen. Das ist halt so, das ist der Preis.
Gerade erst hat sie wieder eine Beförderung und eine Lohnerhöhung bekommen, schon das zweite Mal in diesem Jahr. Das schafft nicht jeder, so erfolgreich zu sein.
Und klar, da muss das Umfeld passen.

Der Yoga Kurs, der Konzert Besuch, Treffen mit den Kollegen. Schließlich muss man gesehen werden, dabei sein. Immer auf dem Laufenden bleiben.

Ihr Mann hat das Zuhause ganz gut im Griff und macht so nebenbei seinen Job. Die beiden Kinder, 1 Jahr und 3 Jahre alt, morgens zum Hort bringen, den Haushalt, all das macht er mit links. Gut, das er von Zuhause arbeiten kann, so kann er sich Nachmittags und Abends um die Kinder kümmern.
Und sie sehen sich ja schließlich Abends noch um miteinander zu reden. Und die Kinder sieht sie ja immer dann, wenn sie in der Woche ihren freien Tag hat. Okay, das klappt nicht immer, aber doch, ja, meistens ja doch.

In der Woche schlafen die Beiden schon, wenn Chiara Abends nach Hause kommt, sie müssen ja morgens früh raus.
Was hat die Kollegin gesagt, man soll alle zwei Jahre beim Arzt einen Check up machen? Arztbesuche? Für so was hat sie keine Zeit. Überflüssig, Chiara war schon lange nicht mehr beim Arzt.

Oder sollte sie doch mal hingehen? Da die Kollegen das machen, scheint das wichtig zu sein, so eine Vorsorge Untersuchung.
Wie,die Blutwerte sind nicht in Ordnung? Das gibt es doch gar nicht, unmöglich. Die Schilddrüsenwerte stimmen nicht. Ist das wichtig? Aber ok, vielleicht sollte sie mal schauen lassen, was da nicht stimmt.

Vorsichtshalber, zur Beruhigung.
Schließlich hat sie ihre beiden Kinder, für die sie sorgen muss und ihren Mann.

Mehrere Arztbesuche und Untersuchungen folgen.
Mein Gott wie lästig, was der Chef wohl denkt.
Schließlich muss sie ja jedes Mal dafür einen Tag frei nehmen, das geht gar nicht.

Am nächsten Tag hat sie einen Termin bei der Ärztin zur Besprechung der bisherigen Ergebnisse.
Chiara hat viele Knoten in der Schilddrüse. Vielleicht bösartige Knoten.

WAAAS? Die müssen sich irren.
Die Ärztin hat gesagt, es gibt zwei Arten Schilddrüsenkrebs. Eine ist gut heilbar mit Chemo und so. Die andere Art? Sehr bösartig, zerstörend.

Ein paar Monate, ein halbes Jahr, mehr Zeit bleibt nicht dann nicht mehr zum Leben.
Noch eine Untersuchung, die entscheidende Untersuchung. Krebs oder nicht?

Wird schon nicht so schlimm sein...
Die endgültige Diagnose: Sie hat den bösartigen Schilddrüsenkrebs. Wie kann das sein, es geht ihr doch gut. Vielleicht sollte sie sich eine zweite Meinung einholen. Sicher ist bei den Untersuchungen etwas schief gelaufen.Sie wird mal in dem Labor anrufen, die alle

Ergebnisse da haben, und sich versichern, ob das so richtig ist.
Ja, die Diagnose ist richtig.
Und nun? Sie hat doch noch so viel zu tun, wollte noch so viel erleben………...und beginnt zu denken.
Ihr Kopf platzt fast, die Gedanken rasen hin und her, alles durcheinander.
Soll sie noch eine Chemo machen? Die Ärztin hat abgeraten, verspricht keinen Heilungserfolg.

Verzweiflung, Nächtelang weinen, nicht schlafen können.
Nicht mehr klar denken können, so ein Alptraum.

Nein, kein Alptraum, bittere Realität.
Das war es jetzt, das war ihr Leben? Das kann doch nicht sein! Die Zeit ist zu kurz, das kann doch nicht alles gewesen sein.

Was ist jetzt wirklich noch wichtig?
Ihre Kinder, sie will doch sehen, wie sie erwachsen werden.Und ihr Mann? Sie lieben sich doch.
Chiara weint, sie wollte doch noch so viel erleben.
Feiern, einen tollen Urlaub machen mit ihrem Mann und den Kindern.
Und nun?
Noch schöne Erlebnisse und Momente, glückliche Augenblicke mit ihren Lieben verbringen.
Wirklich leben, mit ihrer Familie. Mit dem was wirklich wichtig ist, den Menschen, die sie liebt und die sie lieben.


Ihre eigene Zeit? Ein paar Monate?

Und dann muss sie sterben, wie kann das sein?
Was wird dann aus ihrem Mann und den Kindern,
sie hatten so wenig Zeit miteinander.

Ach ja, für die Firma hat sie all ihre Zeit „vergeudet“,
denkt sie nun.
Von den Kollegen hört sie nichts mehr, vom Chef auch nicht. Kein Interesse mehr, so schnell ersetzt und vergessen.
Keiner fragt, wie es ihr geht.

Die Liebe der Familie fängt sie auf, in den letzten Monaten, die sie noch hat.

Und die Zeit rennt.
ZEIT, so schnell vorbei. Und dann?


Anmerkung von regenfeechen:

Lebenszeit, begrenzte Zeit

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Kommentare zu diesem Text


 Annabell (12.01.20)
Hallo Regenfeechen,
Deinen Text "ZEIT" sehr schön beschrieben. Bitte berichtigen ... mit den Kinder(n) lachen (ein "n" fehlt).
Liebe Sonntagsgrüße von
Annabell

 regenfeechen meinte dazu am 12.01.20:
Danke Annabell, für deinen Hinweis, und schon geändert.
Liebe Grüße und dir einen schönen Sonntag
Regenfeechen

 princess (12.01.20)
Hallo regenfeechen,

die Botschaft des Textes ist mehr als klar. Leider ist die Hintergrundrecherche etwas auf der Strecke geblieben. Schilddrüsenkrebs ist von allen Krebserkrankungen diejenige mit der allerbesten Prognose. Die meisten Patienten mit Schilddrüsenkrebs haben die gleichen Chancen, ebenso alt zu werden wie gesunde Menschen. Chemotherapie kommt hier so gut wie nie zum Einsatz. Insofern wirkt die Geschichte auf mich ein Stück weit unglaubwürdig.

Liebe Grüße
princess

Kommentar geändert am 12.01.2020 um 07:21 Uhr

 regenfeechen antwortete darauf am 12.01.20:
Hallo Princess,
das ist leider so nicht richtig. Es gibt eine seltene bösartige Form
von Schilddrüsenkrebs die in ca einem halben Jahr tödlich endet und nicht behandelbar ist.

LG Regenfeechen

 princess schrieb daraufhin am 12.01.20:
Das ist interessant, vielen Dank. Weisst du, welche Form das ist?

LG p.

 regenfeechen äußerte darauf am 12.01.20:
Hab Glück gehabt und den Namen schnell verdrängt. Sorry, weiß ich nicht mehr.
LG R

 princess ergänzte dazu am 12.01.20:
Ich habe es gefunden. Anaplastisches Schilddrüsenkarzionom. 1% aller Erkrankungen. Und schon wissen wir beide mehr!

 regenfeechen meinte dazu am 12.01.20:
Danke dir, da hast du aber schnell gegoogelt.
Stand bei mir als mögliche Diagnose vor einiger Zeit im Raum. Glück gehabt.

 princess meinte dazu am 12.01.20:
Ja, Glück gehabt, Gsd!
Stelzie (55)
(12.01.20)
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 regenfeechen meinte dazu am 12.01.20:
Genauso ist es, vielleicht sollte man öfter mal drüber nachdenken, ob man lebt, wie man eigentlich will, oder nicht nur fremdgesteuert wird. Was für mich selbst am wichtigsten ist.
Und dann genau das machen, was gut für mich (und meine Familie) ist.
Dir einen schönen Tag!
LG Regenfeechen
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