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Erzählung zum Thema Ende

von  RainerMScholz

Träumte.
Thermonuklear-Kid träumte.
„Was ist los, T., besoffen oder was?!“
„Was?“
„Du hast geschlafen.“
„Nein.“
„Nein, o.K., willst du noch `was? Bone hat keine Kohle, ich geb’
einen aus.“
„Ich weiß, wie es passiert ist.“
„Was?“
„Frag’ ihn bloß nicht. Schau ihn dir doch an. Gleich erzählt er wieder.“
T.Kid kehrte in die Realität zurück. Er drückte die Handballen an die Augen, griff zu einer Zigarette und entzündete sie hinter vorgehaltener Hand.
„Gott, ich dachte, ich wäre dabei. Ich hab’s genau gesehen.“
„Was? Gott? Den Killer? Veit? Clarissa nackt und in Ekstase?“
„Hol’ mir`n Bier, bitte.“
Seveso stand auf und ging zur Theke.
„Tut mir leid, Bone, aber ich weiß jetzt, wie es geschehen ist.“
B-Bop-Bone lächelte süffisant.
„Scotland Yard hat eigentlich den Ripper doch geschnappt. Nur dass sie ihn umgelegt haben und seine Leiche konserviert, im geheimen Yard Museum. Und damit sie endlich erfahren, was das alles sollte mit den Nutten, haben sie ihn jetzt geklont.“
„Du bist auch geklont. Von Hitler.“
„Gar nicht schlecht: Jack als der geheime Gasmann aus Wien. Nein, sie wollten Jack  fragen, wieso er die Prostituierten seziert hat. Nur für die Akten, versteh´?
Ja, und dann ist er abgehauen.“
„Und jetzt ist er hier.“
„Genau.“
Bone stieß einen unterdrückten Schrei aus, klatschte sich mit der flachen Hand an den Kopf und verdrehte die Augen.
„Und ich krieg’ keinen Job! Seveso, leg’ den Typ hier um, ich kann nicht mehr.“
Seveso kam mit Bier und Wodka zurück, sah beide zweifelnd an und ent­hielt sich jeden Kommentars.
„Hast recht, ich hör’ schon auf.“
Thermonuklear legte die Stirn in Falten und schloss kurz die Augen. Er vermochte sich an jedes Detail zu erinnern: an den Wald, das verfallene Gebäude, die Augen des Mörders, an das Blut, die Nacht.
„Eigentlich ist es gar nicht so lustig. Irgendwie könnte es jeder sein, nicht wahr?“
„Auf den Sozialstaat!“, wechselte Seveso das Thema, „ohne den Bone schon nackt verhungert wäre.“
Einer der wenigen Abende, an denen Seveso gut gelaunt war. Sie stießen grinsend die Gläser aneinander und nahmen einen tiefen Zug der abgestan­denen Bindingbrühe.

Später. Thermonuklear schritt mit Schlagseite von der Toilette zurück durch die metastasierende Kneipenabendgesellschaft des raubgierigen Molochs Speak Easy: der Plebs der Unterstadt; keine Schlipsträger, keine Bürostricher; weder falsche Allüren, noch Pappmaché, keine verröchelte Tünsche. Ex­ploited, Motörhead, Rock’n Roll. Wechselstrom. Blut in knotigen Adern. Schaumstofffleischige Milchtüten wie Sahnehäubchen und anerigierte gewürz­gurkenähnliche Ausbeulungen unter gelacktem Latex und hauchengen Jeans. Zugenietete Betonschädel mit Luis Trenker-Bärten aus denen Bier troff; offene, kariöse Münder; Zungenspiele zwischen kirschrotsprühenden Lippen; ein Streifen und Berühren und Fühlen, Tasten und heimliches Umwerben; eine vorgelehnte Hüfte, ein schwarzgenetztes Bein, Zentaurlächeln. Pythons im schlammigen Unterselbst.
Und ein Fehltritt genügt.

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