Eins, zwei, drei, viertausend Kloschüsseln, fünf, sechs, sieben Millionen, Trillionen, ein Meer aus weißem obszönem Keramik, fabrikneu, glänzend, poliert, eingeschweißt in Plastikhaut, geeicht. Fäkalienbecken. Scheißeporzellan. Seveso zählte Kloschüsseln, Bestandsaufnahme der Lagerbestände, eine Halle weißer blitzblanker, genormter Toilettengarnituren. Es hatte den Vorteil, dass er sich nicht die Quengeleien der Kundschaft anhören musste. Er stand inmitten des weißen kalten Emaillelabyrinths, sah in die hohe blanke Zementdecke der Halle und vergegenwärtigte sich die unabwendbare omnipräsente Konsistenz dieser Welt. Mit anderen Worten: Er sah zwei gewaltige Pobacken am Betonhimmel, und aus der runzligen Afteröffnung ergoss sich ein stinkender, ekelhafter, ewiger Strom von braunem Kot. Als die Beklemmung in der Brust und die Atemnot klaustrophobische Ausmaße annahmen, widmete er sich wieder konzentriert den Zahlen, dem Weiß und dem Porzellan. Die Zahlen, die Fakten. Schwarz auf Weiß. Wenn das Keramik mit einem Schlage zerbörste, würde er in lauter kleine Fleischstücke zerschnitten, wie von unzähligen, blitzenden Skalpellen gleichzeitig in blutigen Schredder verwandelt.
S wie Seveso, die Pest der Menschheit; S wie Schneiden, wie Stückeln; S wie sirrende Sensen. S wie Scheiße. Die Zahlen, die Fakten.
Wer verrichtet solch eine Arbeit? Welche Menschen sind das? Was ist das Problem? Er war - natürlich - zufällig hier gelandet, als die Gießerei dichtmachte und er gezwungen war, sich eine neue Arbeit zu suchen. Alle waren sie zufällig hier gelandet. Keine unbewältigten Sandkastensauereien mit sieben, keine auffällig ausgeprägte anale Fixierung, kein Willst-du-meine-Briefmarkensammlung-sehen. Nur das Geld, nur der Job. Sozialversicherung, Rente, Krankenkasse. Und am Ende sind alle gleich.
Seveso macht alle gleich.
