Dumme Sprüche

Satire

von  Reliwette

Sie haben es doch längst gemerkt, geben Sie es zu: Es kursieren zu viele Floskeln, Redensarten im Zeitgeschehen, vor allem in der Werbung. Der Beruf des Werbetexters ist eine Nachkriegserscheinung, ich mag ihnen nicht mehr zuhören – und folgen schon gar nicht! Erst kürzlich erreichte folgender Werbetext mein geschundenes Ohr: „SIE HUSTEN – WIR LÖSEN!“ Das klingt geradezu nach einer Zusammenarbeit zweier grundsätzlich verschiedener Disziplinen, dem Leidtragenden und der Pharmaindustrie. Wer springt jetzt  auf den fahrenden Zug auf? Ein Leidtragender und die Reinigungsanbieter? „SIE KOTZEN – WIR WISCHEN!“ Welch jämmerliche Literatur! Goethe, Schiller und Hölderlin drehen sich im Grab um.
Mich erreicht kaum eine Werbestrategie, weil ich zu keiner Zielgruppe gehöre – in meinem Alter! Einige Ausnahmen: Correga – Tabs, Hörgeräte, Inkontinenzbuxen, Sehhilfen, Treppenaufzüge! Ach ja – und SUV, Sonder-Universal – Vehikels. Wer nix mehr mitkriegt im Straßenverkehr, der muss höher sitzen! Das ist so, als wenn man sich die Augen zuhält und trotzdem nichts sieht!
Unfassbar, zum Totlachen! Aber noch sind wir! Da bleibt kein Auge trocken!
„WIR KOCHEN – SIE BRECHEN“ – einen schönen Gruß aus dem Dschungel – Camp in Australien! Was für eine Welt, in der wir leben!
Streng besehen, könnte man sagen: genau genommen!
Was ist die Botschaft der Sprücheklopfer, denen wir überall begegnen? Unaufgefordert drängen sie sich ins Bewusstsein der Menschen, „WIR PUPSEN LÖCHER IN DIE LUFT!“ Ich wiederhole mich: Totaler Schwachsinn! Löcher in den Schnee pinkeln – ja, aber mit welcher Handschrift?
Abgetrennte Barthaare für das  „BESTE IM MANN!“ -  und das schon seit dreißig Jahren! Die meisten leben doch schon gar nicht mehr!
Diese putative Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen! Das müsste doch das Bundesamt für nationale Sicherheit auf den Plan rufen, die Stasi!
Ein Nachbar machte seinerzeit von sich Reden. Es ist sechzig Jahre her: Er sagte, dass er sieben Brüder habe, die alle Richard heißen, außer Werner, der heißt Friedhelm!
Das ist genau das, was ich meine! Verstehen Sie? Bitte fragen Sie mich jetzt nicht, wo das steht! Die Quelle dieser Aussage ist unwiederbringlich verloren!
Das ist Galgenhumor ohne Galgen, jammern auf höchstem Niveau.
Und jetzt die Werbung wieder: Ich kaufe mir doch keine neue Hose, solange die alte noch nicht verschlissen ist. Außerdem trage ich keine zwei Hosen über einander. Ich bin doch kein Penner! Ich brauche auch keinen modernen Kleiderschrank! Ich trage keine Kleider! Und begehbar muss er schon gar nicht sein, ich gehe woanders spazieren! Ein Schuhschrank - ok: Darin bewahre ich mein Paar Schuhe auf, wenn ich sie nicht gerade trage! Das macht Sinn!
Das ist alles Unsinn? Haben Sie zwei Betten, in denen Sie nächtigen, zwei Herde zum Kochen, zwei Kühlschränke, zwei Gartenschläuche? Sehen Sie! Wir atmen alle die gleiche Luft! Brauchen Sie noch mehr Beweise?
Prost! Austrinken,r Rät der alte Kunstmeister!
Denn noch sind wir – oder besser: dennoch sind wir! Genießen Sie den milden Winter!

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (20.01.20)
Der Beruf des Werbetexters ist eine Nachkriegserscheinung.
No, Sir. Da reicht schon ein Blick in Erich Kästners "Fabian".

 Reliwette meinte dazu am 20.01.20:
Weiß ich doch! Wenn man mit der S-Bahn durch Berlin fuhr, konnte man die PERSIL-Schilder aus Blech in den Hinterhöfen der Bahnstrecke entlang sehen. Aber so schlimm wie heute war es dann doch nicht! Danke für die Rückmeldung! Grüße!

 LotharAtzert (20.01.20)
Die Welt stand schon am Abgrund - da entdeckte Persil im letzten Moment "eine neue Ära der Reinheit". - Das war knapp diesmal. Heil Henkel

LG
Lothar

Kommentar geändert am 20.01.2020 um 17:18 Uhr

 Reliwette antwortete darauf am 20.01.20:
Ach ja, das war noch romantisch: die weiße Reinheit des schlechten Gewissens ! Grüße Hartmut

 LotharAtzert schrieb daraufhin am 20.01.20:
Sorry, das ist Gegenwartswerbung. Reinlichkeit verdrängt Reinheit und nimmt deren Platz ein, ohne daß einer den Unterschied bemerkt - ein weiterer Schritt in die (Massen-)Verblödung.

 Reliwette äußerte darauf am 21.01.20:
Ein gebildeter Mensch ist, wer den Schietunter bemerkt! Ich liebe die Reinheit der Worte!

 GastIltis (20.01.20)
Hallo Reli,
das macht den Unterschied aus zwischen West und Ost. Ich zum Beispiel habe im tiefen Nordosten zwei Gartenschläuche. Einer führt westlich, der andere östlich um das Haus herum. Wasser, alles OK. Das einzige, was fehlt, ist das Haus! Und: es geht, wenn auch mühsam. Aber damit werbe ich natürlich nicht, höchstens für Effektivität. Bleibt aber unter uns.
Herzlich grüßt dich Gil.

 Reliwette ergänzte dazu am 20.01.20:
Ha ha, ich verstehe Dich nur all zu gut. Habe auch zwei Gartenschläuche, die ich aber gekoppelt habe zu einem. Diesen Trick verrate ich aber nur Dir. Ich liebe Mecklenburg Vorpommern!
Ganz nette Menschen dort u.a. am Müritzsee. Drücker für Dich, GIl. Reli winkt!

 loslosch (20.01.20)
"Ich kaufe mir doch keine neue Hose, solange die alte noch nicht verschlissen ist." unter uns alten: muss heißen "verschissen".

 Reliwette meinte dazu am 20.01.20:
Ja ja ja, ich liebe alte Cordhosen. Da ist alles drin, was der Doktor für seine Diagnostik braucht! Gruß!
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