Ein seltsamer Mensch

Anekdote zum Thema Mensch (-sein, -heit)

von  Graeculus

An der Universität zu Köln lehrte in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts der Byzantinist Berthold Rubin als Ordinarius. Von ihm hatte ich zunächst keine nähere Kenntnis, interessierte mich jedoch für sein Fach. Deshalb besuchte ich eine Vorlesung und ein Seminar; beide Veranstaltungen fanden in einem sehr kleinen Kreis von Teilnehmern statt; auch damals schon war Byzantinistik ein Orchideenfach.

Im Laufe der Unruhen des Jahres 1968 gab es einen großen Auflauf auf dem Albertus-Magnus-Platz vor dem Hauptgebäude. Der SDS hatte ein Transparent über den Eingang gehängt und auf diese Weise die Universität umbenannt: ROSA LUXEMBURG UNIVERSITÄT. Der RCDS wollte dies nicht hinnehmen und ließ aus einem oberen Stockwerk ein anderes Transparent herab, welches das erste partiell überdeckte: RADIO ...

Noch vor dieser Reaktion erfolgte eine andere: Prof. Rubin warf einen mit Teer gefüllten Beutel nach dem ihm verhaßten Namen Rosa Luxemburg. Getroffen hat er ihn nicht, wohl aber in dem nun einsetzenden Tumult die Kniescheibe eines Studenten. Wir hörten später, sie sei gebrochen.

Deshalb und weil Prof. Rubin in seiner Vorlesung ein Flugblatt mit der Überschrift „APPEAL TO THE BRITISH PEOPLE“ verteilte, das er bei einem Flug über Schottland an der Stelle des einstigen Absprungs von Rudolf Heß abgeworfen hatte, um für dessen Befreiung aus der Haft in Spandau zu wirken, begann ich mich mit dieser Person näher zu beschäftigen. Ich hörte, er sei in Berlin der Mauer mit einer Spitzhacke zu Leibe gerückt, und einige Zeit später, bei Beginn des RAF-Terrors, hat er seine Entführung durch linke Terroristen inszeniert, um eine Landtagswahl in Schleswig-Holstein zu beeinflussen. Das hat ihm sogar einen Artikel im SPIEGEL eingetragen, wenn auch keinen Leitartikel.

Die Diskussionen in seinem Seminar litten erheblich unter seiner Schwerhörigkeit. Ich erinnere mich an Szenen wie diese:
Rubin: „... wurde die Stadt von den Goten erobert.“
Ich: „Herr Professor, waren das nicht die Awaren?“
Rubin: „Wie? Ja, die Goten.“
Ich: „Nein, ich meine die Awaren.“
Rubin: „Sage ich doch, die Goten.“

Mir schien, daß er in mehr als einer Hinsicht nur schwer verstand.

Bevor er dem Verschwörungswahn erlag, war er ein renommierter Byzantinist gewesen, eine Koryphäe seines Fachs. Seine Monographie über das Zeitalter Justinians hätte ein Standardwerk werden können, wenn er daran weitergeschrieben hätte, statt sich in diversen rechtsextremen Splittergruppen zu engagieren und Kniescheiben zu zertrümmern.

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Kommentare zu diesem Text


 FrankReich (25.01.20)
Hi Graeculus,

interessante Anekdote, aber wie kommst Du auf Verschwörungswahn? Rubin geriet 1945 in sowjetische Kriegsgefangenschaft, dem Nationalsozialismus sowieso zugetan, was vielleicht auch sein Interesse am byzantinischen Reich erklärt, oder umgekehrt, kein Wunder also, dass er Rosa Luxemburg als einflussreiche Vertreterin des Marxismus ablehnte und sowohl ein Problem mit dem Mauerbau als auch dem Aufkommen linksgerichteter Vereinigungen hatte, er war meines Erachtens nach eingeschworener Nationalsozialist und durch seine Kriegserlebnisse total verbittert, so jemanden als Verschwörungstheoretiker zu bezeichnen macht ihn ja fast sympathisch.
Insgesamt ist Dein Beitrag jedoch sehr lehrreich, zur Zeit der Studentenbewegung war ich noch zu jung, um mich mit ihr auseinander zu setzen, dafür danke.

Ciao, Frank

 Graeculus meinte dazu am 25.01.20:
Damals, während meines Studiums, hätte ich ihn nicht als Verschwörungstheoretiker (oder wie man damals gesagt hätte: paranoid) bezeichnet, sondern nur als Exzentriker.
Die Inszenierung seiner eigenen Entführung als angeblicher Terrorakt der Linken tat dann einen Schritt ins Kriminelle (Vortäuschung einer Straftat) und wegen ihrer dilettantischen Durchführung ins Groteske.

Wenn er aber dann behauptet hat, die NSDAP sei von Kommunisten unterwandert gewesen und habe nur deswegen Juden ermordet und den Krieg begonnen, also seien die Linken auch daran schuld und die NSDAP an sich in Ordnung, dann ist das doch eine Verschwörungstheorie, oder?
Davon bin ich jedenfalls ausgegangen.

Vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Berthold_Rubin

Selbst erlebt habe ich ihn übrigens nur als akademischen Lehrer und bei der Aktion auf dem Albertus-Magnus-Platz. Und er hat an uns Studenten das Flugblatt von seinem Rudolf-Heß-Gedächtnisflug verteilt.

Antwort geändert am 25.01.2020 um 13:30 Uhr

 FrankReich antwortete darauf am 25.01.20:
Sorry, das hatte ich glatt überlesen, diese Theorie erinnert stark an die Dolchstoßlegende aus dem 1. Weltkrieg, und ja, da gebe ich Dir völlig recht, wer von so etwas überzeugt ist, muss schon hochgradig einen an der Waffel haben.

 AchterZwerg (25.01.20)
Hallo Graeculus,
du wirfst wieder (wie bei Rimbaud) die Frage der moralischen Bewertung eines Lebenwerks ins Feld.
Ist das in dieser Strenge zulässig?
Kann nicht jemand ein Ultrarechter sein und trotzdem ein guter Byzantinist? Oder, um ein anderes Beispiel zu nennen: Hat nicht Leni Riefenstahl trotz ihrer eklen Weltanschauung formidable Fotos hinterlassen?
Eine ganz andere Frage ist, ob ich solche Menschen zu Lebzeiten unterstütze oder nicht, ihre Veranstaltungen besuche oder ihre Bilder kaufe. - Das Werk bleibt.

Herzliche Grüße
der8.
Athene (57) schrieb daraufhin am 25.01.20:
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 Graeculus äußerte darauf am 25.01.20:
Ich neige nicht sehr dazu, Künstler und Wissenschaftler moralisch zu bewerten.
Bei Rimbaud wie auch bei Rubin versuche ich zu verstehen, wieso sie sich in dieser seltsamen Weise entwickelt haben: vom Dichter bzw. Byzantinisten zu Menschen, die nach und nach oder plötzlich 'wegkippen'.
Bei Rimbaud haben wir das ja im Gespräch einigermaßen verstanden; bei Rubin verstehe ich es (noch) nicht. Wer eine wissenschaftlich anerkannte Monographie schreibt, der kennt die wissenschaftlichen Standards etwa in der Quellenanalyse; wer aber behauptet, die NSDAP sei kommunistisch unterwandert gewesen und habe deshalb die bekannten Verbrechen begangen, der Völkermord an den Juden sei also 'in Wahrheit' ein Verbrechen der Kommunisten, der läßt (für mich unerklärlicherweise und in groteskem Ausmaß) all diese Standards beiseite. Wie ist das zu erklären? Hat der Mann denn nicht "Mein Kampf" gelesen?
Daß Rubin sich durch seine Schwerhörigkeit immer mehr innerlich abgekapselt hat, ist mein ganz laienhafter Erklärungsversiuch.

 Dieter Wal ergänzte dazu am 25.01.20:
@Graeculus: "der läßt (für mich unerklärlicherweise und in groteskem Ausmaß) all diese Standards beiseite. Wie ist das zu erklären? Hat der Mann denn nicht "Mein Kampf" gelesen?"

Politischer und religiöser Extremismus wirken rätselhaft, wenn man verstehen will, was Extremisten antreibt. Die letzte Extremistin, die ich näher kennenlernen durfte, kam aus einem östlichen Land, lebte jedoch Jahrzehnte in Deutschland. Damals um 50, hatte sie drei erwachsene Kinder und lebte völlig abgeschieden in einem kleinen Dorf ohne Geschäfte zur Untermiete. Ihre politischen Ansichten waren NSDAP-nah. Sie meinte, sie wählte CSU. Sie fand Männer in NS-Uniformen tatsächlich erotisch und brachte Mehrfachtraumatisierungen aus erster Ehe mit. Sie verachtete Frauen, hatte ausgerechnet drei Töchter. Ihr Selbstwertgefühl war inexistent. Hörte ich ihr zu, sprach sie stundenlange völlig zusammenhanglose Monologe. Häufiger erlitt sie Retraumatisierungen. Sie wollte keinesfalls in Therapie. Bäumeumarmen und "Esoterik". Sie hielt sich für übersinnlich, was nervig war. Ihre Vorliebe für Hitler, des Dom, der sein Volk verachtet, passte 100% zu ihrer Geisteskrankheit.

Ach ja, an sich eine sanfte, liebenswürdige Frau ...

Sie tickte aus, als sie von meiner jüdischen Großmutter väterlicherseits unter Hitler und ihrem NS-Propaganda-Ehemann hörte. Sie war Feuer und Flamme.

Antwort geändert am 25.01.2020 um 14:30 Uhr

Antwort geändert am 25.01.2020 um 14:31 Uhr

 AchterZwerg meinte dazu am 25.01.20:
Dann ist es ja gut, Graeculus.
In meinem (Lese-) Leben habe ich mehr als einmal die Erfahrung gemacht, dass Künstler und durchaus auch einige Wissenschaftler zunächst besonders anfällig für radikale Thesen sind. Manche bleiben es
Nehmen wir den großen Thomas Mann oder einige der frühen Expressionisten ... natürlich haben die später ihre Meinung revidiert, sich gleichwohl nicht entblödet in ihren politischen Schriften weit über das Ziel hinauszuschießen.
Ich denke, das hängt damit zusammen, dass sie in einem Kokon leben und den zu selten verlassen.
Manche - wie Stefan George - sind vereinnahmt worden.
Andere, wie Benn, wollten vermutlich ein Schreibverbot umgehen.
Der Wagner-Clan indes, ließ sich scheinbar ausgeprochen gern einreihen. - Die Musik seiner Zeit revolutionierte Richard W. trotzdem.
Wie ich schon sagte: Das Werk bleibt.

 Dieter Wal meinte dazu am 25.01.20:
@Graeculus: Befasste mich das letzte Jahrzehnt mit religiösem und politischem Extremismus. 1. Es gibt psychosoziale Prägungen, die im Religiösen/Politischen als Passung erlebt werden. 2. Teilweise leben krankhafte Narzissten, Soziopathen, Sadisten (zB Hitler) ihre Dunkle Triade aus. 3. Oft geraten Menschen zufällig über Sozialkontakte nach Sektenmustern in extremistische Gruppen. Sie bringen dann meist keinerlei ideologische Passungen mit und werden dennoch unterschwellig langsam gruppenkonform. Die inneren Widersprüche sind sowohl bei Hochintelligenten mit fester Ideologisierung, als auch bei weniger Gefestigten vielfältig. Auffällig sind Umdeutungen etablierter Begriffe und eigene Codes und Symbole.

Antwort geändert am 25.01.2020 um 16:37 Uhr

Antwort geändert am 25.01.2020 um 16:41 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 25.01.20:
Das ist die Theorie oder das Modell. Ich aber habe diesen Menschen erflebt, habe ihn auch heute noch vor dem inneren Auge, und die Theorie hilft mir nicht - vermutlich auch deshalb, weil ich über Rubins Hintergründe nichts wußte und im Grunde auch nichts weiß.
Ich sehe ihn in der Vorlesung, wie er uns die "Politik der goldenen Kugeln" bei den Byzantinern erklärte, und das klang rational. Dann aber warf er voller Haß seinen Teerbeutel auf das Rosa-Luxemburg-Transparent, was nicht rational war und nicht das, was ich von einem Professor erwartete.
Der Mann, dachte ich, ist ein Abgrund.

 Dieter Wal meinte dazu am 26.01.20:
Mit deinem hattest du insofern noch Glück, weil ich mit einem Prof befreundet war, der mir einmal die Woche privat nationalsozialistischen Geschichtsuntericht erteilen wollte. Er war damals emerit. Psych.- u. Phil.-Prof. Auch japanischer Tuschemaler und 1A Poet.
NS-Lektionen waren ungefähr das Letzte, das in meine Familiengeschichte passte. Der Prof war dafür völlig blind. Vermutlich schwach ausgeprägter Autist, was die Affinität zwischen uns und seine soziale Blindheit meiner emotionalen Bedürfnisse erklären würde.

 AchterZwerg meinte dazu am 26.01.20:
Das ist doch mal ein schöner Faden! :):):)

 Graeculus meinte dazu am 26.01.20:
Ja, ich denke, dieser schräge Vogel, den Dieter schildert, kommt Rubin nahe.
Es ist erstaunlich, in welchem Maße die doch sehr krude Weltanschauung des Nationalssozialismus denkende Menschen infizieren konnte.
Oder sollte ich sagen: erschreckend?
Denn was einmal war, kann wieder vorkommen.

 Graeculus meinte dazu am 26.01.20:
Ich überlege gerade, inspiriert durch Dieters Anekdote, ob Rubin die Nazis erotisch fand. Meine Erinnerung sagt mir, daß Erotik keine Kategorie war, in deren Rahmen Rubin sich bewegte. Er dachte und argumentierte, auch als Byzantinist, durch und durch politisch. Politik als Kampf um die Macht, als Selbstbehauptung eines Staates, unterstützt durch eine Idee.
Wie haben die Byzantiner Politik betrieben?
Schon Kulturgeschichte war nicht sein Thema.

 Dieter Wal meinte dazu am 27.01.20:
@Graeculus: "Rubin die Nazis erotisch fand. Meine Erinnerung sagt mir, daß Erotik keine Kategorie war, in deren Rahmen Rubin sich bewegte. Er dachte und argumentierte, auch als Byzantinist, durch und durch politisch. Politik als Kampf um die Macht, als Selbstbehauptung eines Staates, unterstützt durch eine Idee."

Machterhalt und -erwerb ist eine Variante von Erotik. ZB im SM. Darin geht es um Kontrolle und Unterwerfung. Jeder sex. Akt besteht im Grund daraus. Dominanz und Hingabe. Aktiv-passiv. Rubins Vorstellung staatlichen Wirkens war wohl sozialdarwinistisch.

Erich Fromm schrieb ein Buch darüber.

Antwort geändert am 27.01.2020 um 18:50 Uhr

Antwort geändert am 27.01.2020 um 18:51 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 27.01.20:
Sexualität kann sich mit Machtinteressen verbinden. Wenn letztere aber ohne Sexualität gelebt werden, möchte ich sie nicht als erotisch bezeichnen.
Ein Sozialdarwinist war Rubin vermutlich - ohne diese Ideologie gäbe es den Nationalsozialismus ja gar nicht.

 Graeculus meinte dazu am 27.01.20:
Wie heißt das Buch von Erich Fromm?

 EkkehartMittelberg (25.01.20)
Es gibt nur wenige gelungene politische Anekdoten wie diese mit ihrem pointierten Schlusssatz.

 Graeculus meinte dazu am 25.01.20:
Natürlich, lieber Ekkehart, kanntest Du Prof. Rubin nicht persönlich - nehme ich jedenfalls an. Aber wenn Du meinen Bericht liest und den Wikipedia-Artikel dazu: Verstehst Du, was aus diesem Mann, einem zunächst renommierten Fachwissenschaftler, geworden ist?

Ralf schrieb oben, er sei durch die Kriegsgefangenschaft verbittert gewesen; aber die haben doch Millionen Männer erlebt, ohne paranoid zu werden.

Die NSDAP sei kommunistisch unterwandert gewesen und habe nur deshalb all diese Juden umgebracht - das ist doch ein dermaßen eklatanter Verstoß gegen die Regeln im Umgang mit Quellen, daß ich mich frage, wie das einem angesehenen Historiker passieren konnte.

Antwort geändert am 25.01.2020 um 13:52 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.01.20:
Mir geht es wie dir. Ich kann mir das Verhalten von Rubin nicht erklären.

 TrekanBelluvitsh (25.01.20)
Das ist - nur nicht im künstlerischen, sondern im wissenschaftlichen Bereich - die alte Frage, ob man zwischen Autor/Autorin und Werk trennen kann. Meine Antwort darauf ist: Nein. Die Gedichte des Massenmörders Mao sind für mich ebenso verachtenswert wie die Bilder des Massenmörders Hitler. Aber das sehen andere Leute anders. Ein einheitliches Ergebnis wird diese Diskussion nie erbringen. In diesem Sinne. Alaaf und Helau!

Kommentar geändert am 25.01.2020 um 16:58 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 25.01.20:
Aber als Byzantinist war er gebildet und klug, als politisch denkender Mensch am Rande des Wahnsinns. Verstehst Du? Es ist dieser Bruch, dieser Gegensatz, der mich so irritiert. Wie kann jemand, der weiß, wie man mit einer historischenm Quelle umzugehen hat, solch einen Stuß glauben: daß die NSDAPOkommunistisch unterwandert war!?
Verstehst Du das?

Die Spinner, die man sonst so trifft, sind doch keine gestandenen Wissenschaftler!

Ich erinnere mich an eine Reihe in meiner früheren kV-Existenz über intelligente Faschisten. Das waren Literaten. Heidegger war auch als Philosoph irrational. Aber Rubin!?

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 26.01.20:
Meine Vermutung wäre, dass es kein Zufall ist, dass das Objekt seines wissenschaftlichen Arbeiten so weit in der Vergangenheit lag. Von diesem Bereich fühlte er sich ganz offensichtlich nicht bedroht, also war er bereit die Quellen kritisch zu untersuchen.

Außerdem können derart irrationale Menschen ja durchaus Entscheidungen treffen und das aus rationalen Erwägungen. Ein Beispiel der der Historiographie wäre der Holocaustleugner David Irving. Seine Rommel-Biografie war ihrer Zeit voraus und zeichnete als eines der ersten Bücher ein Bild, das über das "Wüstenfuchs"-Image hinausging. Dennoch stand der Mann in Gaskammern in Konzentrationslagern und leugnete den millionenfache Mord an Juden und anderen Menschen, die von den Nationalsozialistischen als Feinde gesehen wurden.

Allerdings würde ich tatsächlich so weit gehen, dass bei solchen Menschen öfters psychologisch deviantes Verhalten vorliegt. Nicht so sehr, dass sie nicht zurechnungsfähig sind, aber in der Form, dass sie ihre Handlungen und ihr Denken stark beeinflussen kann.

Dabei fühlt sich Irving ja auch persönlich bedroht, wie Rubin. Verschwörungstheoretiker sind, wenn sie ihr stilles Kämmerlein verlassen, eben keine harmlosen bekloppten Onkel oder Tanten.

 AchterZwerg meinte dazu am 26.01.20:
Die Trennung zwischen Werk und Autor schließt doch keineswegs aus, dass der Autor mit Fug und Recht verurteilenswert ist, sein Werk (oder Teile davon) aber bleibenden Wert beweisen, Trekan.
Cora (29) meinte dazu am 26.01.20:
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 Graeculus meinte dazu am 26.01.20:
Von diesem Russen habe auch ich gelesen. Der war in erster Linie Napoleon-Darsteller, gelt?
Früher, während meines Studiums, gab es den berühmten französischen Philosophen und Marxisten Louis Althusser. Der hat seine Frau umgebracht.
Allmählich nähern wir uns der Einsicht in einen Typus.
Cora (29) meinte dazu am 26.01.20:
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 Graeculus meinte dazu am 27.01.20:
Oder, noch besser: Dr. Jekyll und Mr. Hyde.

 TassoTuwas (25.01.20)
Als Kenner seines Fachs war ihm die öffentliche Aufmerksamkeit wohl nicht groß genug. Möglich aber auch, es handelte sich bei ihm um einen Überzeugungstäter.
Heute, im Zeitalter der Selbstdarstellung, gilt die Devise "je schriller desto besser".
TT

 Graeculus meinte dazu am 25.01.20:
Aufmerksamkeitsgeil, das ist mir zu einfach, jedenfalls sehe ich keine Anhaltspunkte dafür. Rubin war ein Überzeugungstäter! Er hat - als Wissenschaftler einerseits! - andererseits seine ganze bürgerliche Existenz riskiert und letztlich eingebüßt: um die Mauer einzureißen, um Rudolf Heß zu befreien, um eine Landtagswahl in Schleswig-Holstein (in Schleswig-Holstein!) zu beeinflussen ... und um Leute zu "bestrafen", die seine Universität in Rosa-Luxemburg-Universität umbenennen wollten.
Das erkläre mir, wer es kann.

 TassoTuwas meinte dazu am 26.01.20:
Passt dann Idealist besser?

 Graeculus meinte dazu am 26.01.20:
Mit einem Idealisten hatte er die Opferbereitschaft gemeinsam; aber ein Idealist muß kein Anhänger einer Verschwörungstheorie sein. Rubin war so klug einerseits und so dumm andererseits, und zwar beinahe im selben Bereich: dem historischen Wissens.

 Graeculus meinte dazu am 26.01.20:
Damals, in den 60ern, ist das Wort "Fachidiot" aufgekommen. Das trifft es m.E. als Bezeichnung ganz gut, obwohl es nichts erklärt.
Agneta (62)
(26.01.20)
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 Graeculus meinte dazu am 26.01.20:
Das kann passieren, soviel steht fest. Wie es dazu kommt, bleibt mir unklar.
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