Verfolgung

Kurzprosa

von  BeBa

In der Stadt. Jemand läuft vor mir. Ich hasse es, andere Menschen zu überholen. Passe den Schritt an. Halte den Abstand und hoffe, dass er abbiegt. Das fällt ihm nicht ein, er bewegt sich in gleichmäßigem Tempo geradeaus, auf meinem Weg. Wohin? In den Feierabend. Die Aktentasche unter dem Arm, vom vergangenen Arbeitstag verfolgt, verflucht er einen Kollegen, der ihn heute beim Chef angeschwärzt hat. Schmachtet nach seiner Kollegin, die ihn wieder ignoriert hat. Soll er froh sein, denn was würde er anstellen, wenn seine Gattin von den Träumen erführe und ihre Koffer packen würde? Er hätte niemanden, würde allein wohnen in seiner Dreizimmerwohnung am Rande der Stadt. Keine Kinder, ohne Geschwister und die Eltern auf dem Friedhof. Er käme nach Hause, die Wohnung leer, wie er sie verlassen hat. Die Kaffeetasse vom Morgen auf dem Küchentisch, das Bett nicht gemacht, dieser langweilige Roman auf dem Nachttischchen. Und der Fernseher seit Tagen kaputt. Das alles bleibt ihm erspart. Er hat Glück.
Ich bin zuhause, schaue ihm nach, wie er um die Ecke biegt. Gehe ins Haus, schließe die Wohnungstür auf. Da steht meine Tasse. Und der Anrufbeantworter blinkt: Rückruf vom Fernsehtechniker, er kommt heute noch.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (30.01.20)
Hallo Beba,
wenn sich die Kommunikation auf das Fernsehen reduziert, wird man von der Einsamkeit verfolgt.
LG
Ekki

 BeBa meinte dazu am 31.01.20:
... und wenn der dann mal ausfällt!

LG
BeBa

 tueichler (30.01.20)
Die letzten 3 Zeilen machen den Text echt aus!

😎

 Annabell antwortete darauf am 30.01.20:
Hallo BeBa,
ich schließe mich dem Kommentar von tuechler an. Dafür von mir ein *chen.
Liebe Grüße in den Tag von
Annabell

 BeBa schrieb daraufhin am 31.01.20:
Danke euch beiden. Freut mich, dass der Text gefällt.

LG
BeBa

 AchterZwerg (30.01.20)
Lieber BeBa,
ein gut gelungener Bogen zwischen der anfangs artikulierten Angst vor Nähe und dem finalen Schrei danach.

Des Lobes volle Grüße
der8.

 BeBa äußerte darauf am 31.01.20:
Danke lieber 8. Freut mich doch.

LG
BeBa

 TassoTuwas (30.01.20)
Ja ja, es ist schon tröstlich, wenn es anderen auch nicht besser geht
LG TT

 BeBa ergänzte dazu am 31.01.20:
Ja, siehste! Danke, TT

LG
BeBa

 GastIltis (30.01.20)
Hallo BeBa,
du weißt, dass ich deine Geschichten mag! Sehr sogar. Hier bin ich mit der Übertragung der Probleme des LI auf den scheinbar ruhig vor ihm Gehenden (noch) nicht im Reinen. Natürlich kann man solch eine Projektion vornehmen und auch wieder lösen. Dass beide, also LI und der nicht Überholbare, in den Feierabend gehen, ist offensichtlich. Danach wird es (für mich) mysteriös. Aber vielleicht muss ich den Text noch einmal überdenken. Vielleicht kommt die Erleuchtung ja noch.
Bis dahin viele Grüße von Gil.

 BeBa meinte dazu am 31.01.20:
... nur, weil ich niv ht in Dessau auftreten will, haiust du jetzt drauf!

Nein, im Ernst, ich finde es gut, dass du deine Zweifel äußerst. Wundert mich nicht, manchmal verstehe ich mich selbst nicht.

Denk noch mal. Ansonsten: Es muss und kann ja nicht immer passen.

Danke dir für die ehtrliche Meinung.

LG
BeBa

 GastIltis meinte dazu am 31.01.20:
Übrigens, BeBa,
war ich über Nacht schon ganz dicht dran. Heute morgen habe ich den Faden dann nicht wiedergefunden. Das irritiert mich erneut. Lässt mich aber nicht ruhen.
LG von Gil.
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