Um 23.45 Uhr ein Hallo auf WhatsApp! Warum meldet die sich jetzt, frage ich mich, wo sonst ich bei ihr anrufe. Vielleicht will sie ein Lebenszeichen? Ich schreibe, dass ich jetzt digital gut aufgestellt bin, dass ich eine Kontaktsperre zu meiner alten Mutter habe, dass ich jedenfalls überlebt habe. Ich vermute, das will sie hören in dieser unwirklichen Zeit. Kaum habe ich die Nachricht verschickt, ein Anruf. Ich weiß jetzt, dass du noch auf bist, sagt ihre Stimme. Ich will nicht lange reden. … ist tot. Wegen Corona, frage ich. Nein, an Krebs gestorben. Das glaube ich jetzt nicht, sage ich, ich habe .. doch noch am Bahnhof gesehen. Er steht oft am Bahngleis gegenüber, wenn ich auf meinen Zug warte.
Das ging aber schnell, sage ich. Ja, sagt sie, ich rufe dich an, weil ich nicht will, dass du es erst erfährst, wenn du wieder mal deinen Schlüssel bei uns holst. Außerdem siehst du die Todesanzeige am Montag in der Zeitung. Du sollst es vorher wissen. Wenn Corona vorbei ist, machen wir einen Gedenkfeier.
In Corona-Zeiten verliere ich meinen Schlüssel nicht. Bevor ich meine Wohnung verlasse, kontrolliere ich mehrfach, ob mein Hausschlüssel da ist.
Ich will jetzt nicht länger sprechen, sagt sie. Mach´s gut!
Als ich aufwache, sehe ich den schwarzen Rahmen einer Todesanzeige vor mir, obwohl ich keine Zeitung vor mir liegen habe.
Ich werde etwas über Schließzeiten schreiben. Das hätte dem Verstorbenen gefallen.
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