Weiße Spitze und Dosenbier.

Absurdes Theaterstück zum Thema Fremdgehen

von  Marlena

Ich tanze biertrinkend zu Lana del Rey in Unterwäsche vor meinem Spiegel. Es ist weiße Spitze und Dosenbier, ja, mein Leben ist prätentiös und melodramatisch und ich habe noch nie Kokain genommen.
Als D. mir sein Tshirt und etwas Parfum da ließ, schlief ich die erste Nacht darin und besprühte mein Kissen damit, als ich am nächsten Morgen auf den Balkon ging um zu rauchen, zog ich es aus. Meine Nachbarn haben mich schon oft nackt gesehen, ich bin diese Art von Mieterin. Lana singt als würde sie all meinen Schmerz kennen, das denke ich von den wenigsten meiner Mitmenschen, um ehrlich zu sein glaube ich, dass niemand so ästhetisch leiden kann wie ich, dabei rede ich mir ein, das wäre nun einmal das Schicksal einer Künstlerin, denn das eigene Leben zu sabotieren, ist im Grunde einfach nur armselig.

D's Tshirt liegt noch immer in meinem Bett, ich würde ihm gerne morgens darin Kaffee kochen und ihm die Tasse ans Bett stellen, das sage ich, obwohl ich eine Feministin bin, das sage ich, obwohl er verheiratet ist und keinen Kaffee trinkt, mich unglücklich zu verlieben ist die Basis für meine Kunst.
Man könnte sagen, dass es problematisch ist, sich Donnerstagabends alleine in Dessous zu betrinken, aber ich habe D. ein Video davon geschickt und sein Schwanz wurde hart, also ist es zweckdienlich.
Ich drapiere die Bierdosen in einer ordentlichen Reihe auf meiner Fensterbank, die weiße Spitzenkorsage trug meine Mutter an dem Tag, an dem sie heiratete. Ich weiß dass es masochistisch ist, ein Kleidungsstück zu tragen, dass mein Erzeuger einst von ihrem Körper gerissen haben muss, aber Masochismus war bisher immer ein guter Antrieb und wenn mein geplantes Leiden etwas erschafft, das andere Menschen bewegt, dann ist es das wert.

D. sagt mir oft, dass er mich liebt, er schaut mir dabei immer tief in die Augen und nickt ein bisschen mit dem Kopf, als müsste er besonders überzeugend wirken. Meistens küsse ich ihn dann, schlinge meine Arme um seine breiten Hals und drücke mich so fest ich kann an ihn.
Wenn er mich wirklich lieben würde, dann würde er nicht jede Nacht neben einer blonden Frau einschlafen.
Lana hat mal gesagt, baby I was born bad and then I met you, you made me nice for a while, but my dark side is true. Ich denke viel über diesen Satz nach, es ist eine Imagefrage. Wenn man den Menschen ein düsteres Selbstportrait zeichnet, das offensichtlich eine destruktive Komponente beinhaltet und zur Beziehungsunfähigkeit neigt, wollen sie dich immer retten.
D. weiß, dass er das nicht kann und er gibt sich auch nicht viel Mühe, aber ich weiß, dass er gerne den Helden spielt, also schicke ich ihm dramatische Videos, in denen ich mich lasziv tanzend betrinke, damit er mich fragen kann, was los ist und sich für diese empathische Handlung auf die Schulter klopfen kann.

Menschen wollen gebraucht werden, sie wollen einen Stellenwert einnehmen, der so wichtig ist, dass er sie unersetzbar macht. Ich möchte das auch, aber durch meinen Hang mich in bereits vergebene Männer zu verlieben, besteht mein Vorhaben darin, die perfekte Affäre zu sein.
Das Trinken hat meinen Lippenstift verschmiert, ich wische ihn mit meinem Handrücken weg und sehe nun aus, als hätte ich ein Schaf gerissen, aber das ist nicht schlimm, denn meine optische Perfektion erfüllt keinen Sinn, wenn es kein Publikum gibt. Ich knöpfe die Korsage meine Wirbelsäule entlang auf und betrachte mich dabei im Spiegel, es ist das Ablegen einer Rolle, das verraten eines Geheimnisses, welches ich mit niemandem teile, denn es ist eine Imagefrage und ich bin Künstlerin.

D's Shirt verdeckt die Abdrücke die meine Korsage hinterlassen hat, es riecht nicht mehr nach ihm und ich glaube, dass das okay ist.
Lana singt darüber, dass alle wüssten wie destruktiv das ist, dass sich jeder fragt wieso sie die Dinge tut, die sie tut.
Und ich denke, dass es einfach verdammt schwer ist, den Menschen beizubringen, wie man geliebt werden muss.

Ich lege mich ins Bett und starre auf die Lippenstiftabdrücke auf den Bierdosen, heute Nacht werde ich mir vorstellen, ich sei die blonde Frau.


Anmerkung von Marlena:

D. ist jetzt übrigens tot und ich habe aufgehört zu trinken.

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Kommentare zu diesem Text


 DanceWith1Life (23.04.20)
Komischer Weise denke ich, diesen Text wird jeder anders lesen.
für mich klingt er wie der Tagebucheintrag meiner Schwester, warum auch immer.
Ich werde das hinterfragen müssen, dafür schon mal, danke.

Wie hiess der Film gleich wieder, Arsen und Spitzenhäubchen.
Welcher der vielen Darsteller von was oder wem vergiftet wird, bleibt wohl eines der großen Geheimnisse des Lebens.
Wir nannten das früher multivarioflexibel.

Kommentar geändert am 23.04.2020 um 15:07 Uhr

 Marlena meinte dazu am 08.05.20:
Ich denke dass man immer alles so liest, wie man es lesen will. Ich hoffe deine Schwester ist nicht so melodramatisch wie ich.
Sätzer (77)
(23.04.20)
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 Marlena antwortete darauf am 08.05.20:
Während einer Pandemie kann ich nicht daten.
Fehlender Koitus regt das Schreiben an, kennen hier sicher einige.
Sin (55)
(23.04.20)
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 Marlena schrieb daraufhin am 08.05.20:
Danke!

 miljan (23.04.20)
Du kannst auf eine Weise erzählen, die interessant und leicht ist, trotz des traurigen Inhalts. Thomas Mann hat in Bezug auf Mascha Kaléko mal von einer "aufgeräumten Melancholie" gesprochen. An diese Formulierung habe ich mich eben erinnert, weil ich finde, dass sie auch zu deinen beiden bislang veröffentlichten Texten passt. Es ist eine Traurigkeit, die einen nicht anschreit, sondern leise spricht, deshalb aber nicht weniger zu sagen hat. Am stärksten finde ich diese Passage:

"Wenn man den Menschen ein düsteres Selbstportrait zeichnet, das offensichtlich eine destruktive Komponente beinhaltet und zur Beziehungsunfähigkeit neigt, wollen sie dich immer retten.
D. weiß, dass er das nicht kann und er gibt sich auch nicht viel Mühe, aber ich weiß, dass er gerne den Helden spielt, also schicke ich ihm dramatische Videos, in denen ich mich lasziv tanzend betrinke, damit er mich fragen kann, was los ist und sich für diese empathische Handlung auf die Schulter klopfen kann."

Vielleicht vor allem deshalb, weil sie so ehrlich, dabei aber kaum wertend ist. Sie zeugt von Empathie, zugleich auch von der Fähigkeit andere Menschen sein zu lassen wie sie sind. Zugleich will ich sie aber auch nicht romantisierend verklären: Ich habe den Eindruck, dass sich da auch ein gutes Stück Resignation hineinmischt und eine gewisse Abgeklärtheit.

"Menschen wollen gebraucht werden, sie wollen einen Stellenwert einnehmen, der so wichtig ist, dass er sie unersetzbar macht. Ich möchte das auch, aber durch meinen Hang mich in bereits vergebene Männer zu verlieben, besteht mein Vorhaben darin, die perfekte Affäre zu sein."

Hier wiederum bin ich mir, mag es auch anmaßend sein, nicht ganz sicher, ob das tatsächlich ehrlich ist und ob das Vorhaben tatsächlich ist die perfekte Affäre zu sein oder nicht viel mehr, nur ausschließlich diejenigen ein wenig näher an sich heranzulassen, von denen man von Anfang an weiß, dass sie im Grunde unerreichbar sind. Auch wenn die perfekte Affäre zu sein natürlich auch eine Aufwertung bedeuten kann, trotzdem bleibt hier die Selbstschutzfunktion - anders als bei deinem anderen Text - unausgesprochen. Aber das nur am Rande.

Ich habe deinen Text gerne gelesen und ein wenig erinnert mich deine Art zu schreiben positiv an einige Texte, die ich von der hier ebenfalls angemeldeten SunnySchwanbeck in Erinnerung habe. Trotz der vorhandenen Unterschiede scheint ihr die "aufgeräumte Melancholie" gemeinsam zu haben.

Liebe Grüße
miljan

 Marlena äußerte darauf am 08.05.20:
Wow, dass du dir so viel Zeit nimmst um meinen Text so ausführlich zu kommentieren ist wirklich krass.
Danke dir!

Und ich mag die Beschreibung der "aufgeräumten Melancholie" das fetzt.
MenschMann (55)
(23.04.20)
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 Marlena ergänzte dazu am 08.05.20:
Du bist der liebste. Danke.

 Dieter_Rotmund (06.05.20)
Entgegen der Meinungen meiner Vorredner empfinde ich den Text in erster Linie als vulgär - und mehr ist da leider nicht. Teilweise etwas arg schnoddrig gemacht, z.B. "Tshirt".

 Marlena meinte dazu am 08.05.20:
Wenn ich in einem Text 7 mal "f!cken" schreibe, klickst du auf empfehlen, aber vergesse ich den Bindestrich bei "T-shirt" bin ich schnoddrig und vulgär? Ich werde nicht schlau aus dir.

Antwort geändert am 08.05.2020 um 12:15 Uhr

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 09.05.20:
Marlena, um dich geht's hier nicht. Der Text ist schnoddrig-vulgär, nicht Du! Noch nie etwas von Figurenrede gehört??

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 11.10.20:
Es reift die Erkenntnis, dass Marlena eine Sockenpuppe von Xenia ist.

 RainerMScholz meinte dazu am 15.01.22 um 00:18:
Was ist denn das für ein Logo, Dieter?

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 15.01.22 um 09:42:
Wo?

 XtheEVILg (13.05.20)
Ich lese deine Sachen einfach gerne. Wer hat noch nicht angesoffenen und fast nackt zu Lana getanzt? Oder verheiratete Leute gevögelt? Aus dem Leben gegriffen. Das Bier schmeckt gut dazu.

 HerrSonnenschein (14.05.20)
Puh. Das ist sehr gut. Und anstrengend.

 WinstonSmith meinte dazu am 22.10.22 um 02:10:
Liebe Marlena,

selbst hier beginnt bereits der Wahnsinn der Anonymität im Internet. Jemand wirft Dir vor, Du wärest eine Sockenpuppe.
Aber letztlich ist das doch egal, was zählt ist Deine Kreativität. Und die ist beachtlich. Wiedereinmal habe ich Deinen Text sehr gerne gelesen. Ein wenig fehlt es ihm an Stärke, aber er ist stark genug, um gerade hier Bestand zu haben. Kompliment!

Liebe Grüße
Winston Smith
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