Tag 53: Dienstag, der 5.5.

Tagebuch zum Thema Aktuelles

von  Manzanita

Ich wache auf. Es ist Dienstag, der 5. Mai. Der 5.5. Schöne Zahl, schon oft hatte ich sie mit meinem Geburtstag verwechselt, genauso wie den 5.3. Aber heute ist ein normaler Schultag, wie gestern. Da ich dienstags weder Geschichte noch Deutsch habe, stehen heute auch keine Telekonferenzen auf dem Plan, nur bei Spanisch im Chat Aufgaben machen.

Ich gehe zum Frühstück. Meine Mutter fragt mich, wann wir heute Konferenzen haben. Ich antworte und frage dazu, warum sie gefragt hat. Weil wir heute ja in die Schule fahren. In die Schule! Ich hole nochmal alle Hefte und Ordner aus den Schließfächern, die ich wegen Platzmangel im Ranzen und keiner dringenden Notwendigkeit in der Schule gelassen habe. Das hatte ich ja ganz vergessen!

Ja, und dieser mittlerweile außergewöhnliche Besuch in einer Schule sollte natürlich vormittags stattfinden, während der Unterrichtszeit, wie denn bitte auch sonst? Ehrlich, so bescheuerte Entscheidungen treffen kann ja auch wirklich nur eine Schule selbst, die Schüler während des Unterrichts zuhause in die Schule zum Ausräumen der Schließfächer schicken! Damit wir schön für die Lehrer erreichbar bleiben… Denn, laut denen, langweilen wir uns ja den ganzen Tag und warten auf Aufgaben.

Wie jeden Morgen warte ich auch die ersten paar Minuten der Englischstunde auf entsprechende Aufgaben, aber nach letzter Woche (wir bekamen die Aufgaben erst Stunden später, wahrscheinlich damit wir besser planen können, was besseres fällt mir nicht ein) beschließe ich, mit Mathe zu beginnen. Wir haben Aufgaben für heute und morgen bekommen, deswegen teile ich sie in zwei. Die erste Aufgabe erledige ich bis zur Spanischstunde. In dieser bereiten wir uns auf die morgige Debatte im Chat vor. Jeder muss Argumente für und gegen sozialen Druck sammeln, morgen wird debattiert.

Da ich nun mit den Aufgaben der Morgensstunden fertig bin kann ich mich ein bisschen ausruhen, während ich die täglichen Corona-Zahlen in Spanien via Pressekonferenz höre. Mittlerweile wurden Mindestwerte in der Länge der Reden von drei Minuten erzielt! Sie scheinen auf den Punkt zu reden, ein Ergebnis aus wochenlanger ununterbrochener (außer während der eigenen Erkrankung an Covid-19) Arbeit. Warum wir nicht in die Schule fahren? Meine Schwester arbeitet noch, sie hat eine Tekekonferenz und wir wollen die Fahrradfahrt als täglichen Ausflung nutzen, da sie durch den Park führt und nur eine Verlängerung der Standart-Tour ist.

Ungefähr um zwölf Uhr fahren wir in die Schule. Zu meinem Erstaunen ist dort überhaupt keine Schlange. Eigentlich dürfte auch nur ich rein und müsste dann auch zum Schließfach meiner Schwester gehen, aber da so wenige Leute da sind werden wir beide reingelassen. In der Schule sehe ich viele Räume mit der Aufschrift „Dieser Raum wurde grundgereinigt.“, hoffentlich ist das kein Zeichen, dass wir bald wieder in die Schule zurückkehren werden!

Ich lasse im Schließfach noch die Bücher außer von Englisch, weil ich sie zuhause ein zweites Mal habe und deswegen nicht brauche. Das arme Schließfach muss sich alleine fühlen, erst wochenlang geschlossen bleiben und dann wird fast alles entnommen! Ein Grund zur Depression.

Zurück zuhause gibt es bald Mittagessen. Eine weitere Pressekonferenz von drei Ministern ist für halb zwei angesagt, aber selbst um drei hat sie noch nicht angefangen, sie tut es erst um kurz vor halb vier. Alle halten ihre Reden, dann können Journalisten Fragen stellen. Einer beschwert sich über die mangelnde Pünktlichkeit. Die ist bestimmt schlechter als die der Deutschen Bahn, zum Glück gibt es keine 10-Minuten-Garantie.

Ich höre die Konferenz bis vier Uhr, wenn im Radio wieder das normale Programm zurückkommt. Dann stelle ich fest, dass der Mathelehrer uns soeben mitgeteilt hat, dass die Aufgaben bis morgen, schon heute Abend fällig sind! Das nenne ich mal im Vorraus planen! Naja, was soll man machen? An die Arbeit. Aber leider ist das ziemlich viel, und in Mathe war ich noch nie gerade der Schnellmerker, kurz gesagt: ich brauche bis kurz vor fünf. Weil mir aber noch Physik fehlt und ich um fünf Theater habe, schiebe ich die Matheaufgaben, die noch verbleiben, auf die Sportstunde am Donnerstag auf, und mache noch schnell die in Physik, denn besonders schwer waren die noch nicht. Ich bin für Theater pünktlich fertig.

Nach Theater schauen wir noch die letzten zwei Folgen der Serie und beenden dann den Tag mit einem kleinen Spaziergang, während dem wir im Lidl nach Mandeln aus Spanien suchen wollten. Auf dem Boden sind Aufkleber mit der Aufschrift, mindestens zwei Meter Abstand einzuhalten, dabei sind die Korridore höchstens zwei  breit. (Mandeln nicht vorhanden.) An der Kasse berührt man mich fast. In Deutschland kann von Prevention höchstens in Märchenbüchern (wie z.B. Gesetzen) die Rede sein, der Alltag erspart sich das.

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