Innere Zweifel und äußere Fassade(n)

Erzählung zum Thema Lebensweg

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)
Trotz jener übernatürlichen Jesuserfahrung blieb der junge Rabi seinen Hindugöttern treu, obwohl er sie mehr fürchtete als liebte. Dann aber passierte eines Abends während einer religiösen Zeremonie Folgendes:
Gerade als ich vor Shiva die Arti vollzog, stieß ich aus Versehen Krishna mit dem Ellbogen vom Altar.
  Entsetzt hob ich die kleine Bronzefigur schnell wieder auf. Sie sanft streichelnd, stellte ich bestürzt fest, dass der Sturz Krishnas Arm und Flöte verbogen hatte. … Vergebung war unmöglich. Das unabänderliche Karmagesetz verbot sie. Die Strafe würde schwer sein, das stand fest!
Es bedarf sicherlich nicht allzu viel Phantasie, um diese Bestürzung Rabis nachvollziehen zu können. Er hatte, wenn auch unbeabsichtigt, gemäß seines Glaubens einen unverzeihlichen Frevel begangen, den er würde büßen müssen.
  Umso erstaunlicher dann aber folgende Überlegung:
Und doch – wenn diese kleine Bronzefigur doch solch eine große Macht hatte, wieso fiel sie dann so leicht zu Boden? Angesichts der offensichtlichen Hilflosigkeit dieser Figuren schien meine kriecherische Angst vor ihnen absurd.
Persönlich bin ich ja der Ansicht, dass wir oftmals intuitiv Wahrheiten erfassen, noch bevor wir sie mit dem Verstande begreifen und ausformulieren können.
    So war das hier auch bei dem junge Rabi. Er spürte intuitiv, dass da etwas mit seiner Furcht vor den  Hindugöttern nicht stimmen konnte, aber war noch zu tief in die Hinduwelt verstrickt, um mit seinem Glauben schon brechen zu können.
    Er hatte lediglich das Stadium des Zweifelns erreicht:
Allerdings ließ ich niemanden davon wissen. Ich schien nach außen hin meiner Religion so gewiss wie immer zu sein, auch wuchs mein Ansehen unter den Hindus weiterhin.
Gedankenimpuls:
Kennst du das auch, dass man nach außen hin eine Fassade aufrechterhält, obwohl man innerlich eigentlich schon längst weiß, dass man sich und anderen etwas vormacht und besser gehen sollte?


Anmerkung von Bluebird:

Folge 12 des  nacherzählten Lebensweges von Rabi Maharaj ... die Zitate entstammen aus seiner Autobiografie: Der Tod eines Guru

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 LotharAtzert (20.05.20)
"Persönlich bin ich ja der Ansicht, dass wir oftmals intuitiv Wahrheiten erfassen, noch bevor wir sie mit dem Verstande begreifen und ausformulieren können. "
Das ist keine persönliche Ansicht, sondern dies ist eine Kraft, die auch einen Namen hat, den zu nennen vielerlei Segen bringt.

Aber du würdest in deiner Anmaßung respektlos von Götzen, Teufel und Aberglaube reden und deshalb - um das reine Wesen der Intuition nicht beschmutzen zu lassen - behalte ich ihren Namen lieber für mich.

Nichtsdestotrotz fallen dann ihre Segnungen geringer aus - und das ist schade für uns alle, tut mir immer wieder weh.

 Bluebird meinte dazu am 20.05.20:
Lasse ich mal so im KV-Raume so stehen, ohne es weiter zu kommentieren...
Denn wenn ich auch manchmal etwas "lieblos" mit anderen Gottheiten verfahre, so respektiere ich durchaus andere Meinungen/Überzeugungen

Antwort geändert am 20.05.2020 um 17:32 Uhr

 LotharAtzert antwortete darauf am 21.05.20:
Es geht nicht ums Respektieren von Ansichten, Meinungen etc. sondern ums direkte Einsehen in die Natur des Geistes.
Gibt es eine christliche Intuition, eine buddhistische, hinduistische usw.?
- Sicher nicht, es gibt nur die Intuition und die kennt keinen Günstlingsgeist. Sie spendet sich dem, der offen ist und damit ist sie nicht zu gebrauchen für das, was du hier mit (höflicher!) Brachialgewalt durchziehst - einen spirituellen Mißbrauch. Da beißt die Maus kein Faden ab.

Antwort geändert am 21.05.2020 um 09:35 Uhr

 Bluebird schrieb daraufhin am 21.05.20:
An welcher Stelle habe ich von "christlicher Intuition" gesprochen?

In·tu·i·ti·on
1.
das unmittelbare, nicht diskursive, nicht auf Reflexion beruhende Erkennen, Erfassen eines Sachverhalts oder eines komplizierten Vorgangs

2.
Eingebung, [plötzliches] ahnendes Erfassen

 LotharAtzert äußerte darauf am 21.05.20:
In diesem Zusammenhang hast du nicht von christlicher Intuition gesprochen, ich dachte mehr an das Gesamtkonzept, das du verfolgst, an dessen Ende ja unverrückbar Gott steht, den du dir irgendwie doch als Wesen vor-stellst - als Übervater möglicherweise. Und das ist das Grausame daran: du schließt damit alle aus, (auch wenn du sie noch so sehr "respektierst") die nicht deiner Vor-Stellung beipflichten.

Dabei:
Deine zwei Punkte teile ich uneingeschränkt, möchte sie nur um einen weiteren ergänzen: 3. Ur-Sprung (Spannungsentladung) noch jenseits aller Zeit, der, sobald er in die Zeit (im Individuum) einbricht, als Intuition empfunden und sich auf vielfache Weise, je nach Individualität, durch deren Eigenart ausdrückt.
Gehst du soweit mit? (Das wäre ein Meilenstein)

Antwort geändert am 21.05.2020 um 11:27 Uhr

 Bluebird ergänzte dazu am 22.05.20:
Es gibt jene plötzlichen Momente der "Erhellung" oder "Erleuchtung", und da würde ich schon auch sagen, dass sie durchaus nicht nur psychologischer Natur sein müssen, sondern oftmals auch spiritueller Natur sein können

Im Falle des Jungen Rabi war es aber noch keine "Erhellung" oder "Erleuchtung", sondern mehr so eine Ahnung, ein Spüren, dass da irgendetwas nicht stimmte ... der Moment der "Erhellung" oder "Erleuchtung" stand ihm noch bevor.

Und was mein Gesamtkonzept angeht: Ich verstehe mich als christlicher Schriftsteller, ( mit einem speziellen Vergnügen an Wundern und übernatürlichen Dingen) wie ich das ja auch in meinem Profil klar zum Ausdruck gebracht habe ... und das impliziert natürlich gewisse Voraussetzungen und Schlussfolgerungen. Ist aber nie persönlich abwertend gemeint!
Paul, einer meiner besten Freunde, ist Maler und esoterisch-buddhistisch und manchmal auch ein wenig katholisch unterwegs ... erzählt mir auch oft, was er mit seinem früheren "Meister" erlebt hat ... wir reden da ganz offen miteinander, aber bleiben respektvoll und uns freundschaftlich zugetan!

Antwort geändert am 22.05.2020 um 07:30 Uhr
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