Du bist nicht Gott

Erzählung zum Thema Lebensweg

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)
Ich gebe es zu, dass ich nie wirklich verstanden habe wie ein Mensch sich selber für einen Gott halten kann und er dann tatsächlich auch von anderen  so gesehen und angebetet wird. Aber dies gab es schon zu Zeiten der Ägypter, Römer und offensichtlich auch im Hinduismus.
    Jedenfalls empfand sich der junge Rabi nach ausgiebiger
Yogameditation und während religiöser Zeremonien so eins mit Brahman, dass er sich selber als göttlich ansah und auch göttliche Verehrung von Seiten anderer Hindus erfuhr.

Eines Tages nun kam bei so einer Zeremonie eine ortsbekannte arme Witwe vorbei und legte vor ihn eine Geldgabe hin, die deutlich ihren Monatslohn überstieg:

Als ich nun die Hand ausstreckte, um ihr meinen Segen zu verabreichen, hielt ich erschrocken inne. Ich vernahm eine Stimme, die sprach: „Rabi, du bist nicht Gott!“
    Mein Arm erstarrte auf halbem Wege … Die Worte trafen mich wie ein Peitschenhieb! Instinktiv wusste ich, dass der wahre Gott, der Schöpfer der Welt diese Worte gesprochen hatte.“
Ich erinnere mich eine eigene Begebenheit während meiner Bremer Jahre. Ein junger Mann war durch mich zum Glauben gekommen und besuchte mich gelegentlich, um sich seelsorgerlichen Rat zu holen.
    Einmal hatte ich einen richtigen finanziellen Engpass und just in dem Moment kam er vorbei. Wir sprachen erst miteinander und am Ende fragte ich ihn, ob er mir vielleicht 100 DM leihen könnte. Was er anstandslos tat, obwohl er selbst auch nicht so begütert war.
  Ich hatte ihn dann zur Türe gebracht, war in die Wohnstube zurückgekehrt und ergriff die auf dem Tisch 100 DM, als ich mit völliger Klarheit eine Stimme in mir vernahm: „Konntest du der Versuchung nicht widerstehen?“
  Dieser Satz traf mich wirklich schwer. Ich verstand sofort, was gemeint war … nicht das Geistliche mit dem schnöden Mammon zu verquicken.
  Geknickt setze ich mich aufs Sofa. Trotz allem aber wunderte ich mich, dass die Stimme nicht scheltend oder vorwurfsvoll geklungen hatte, sondern eher sanft tadelnd. Wie die Stimme eines guten, vertrauten Freundes, was die Wirkung durchaus erhöhte.

Die gehörten Worte verfehlten auch beim jungen Rabi nicht ihre Wirkung:

Ich zog meine Hand zurück, obwohl mir peinlich bewusst war, dass viele Augen das Geschehen verfolgten. Ich spürte, dass ich eigentlich dem wahren Gott zu Füssen fallen und ihn um Vergebung bitten müsste – aber wie sollte ich das all den Leuten erklären? Ich drehte mich ruckartig um und drängte mich durch die Menge, während jene alte Frau mir entsetzt nachstarrte. In meinem Zimmer riss ich mir den Blumenkranz vom Halse und schmiss ihn auf den Boden. Dann stürzte ich mich schluchzend aufs Bett.
Gedankenimpuls:
Die Wahrheit kann manchmal schmerzhaft sein!


Anmerkung von Bluebird:

Folge 13 des  nacherzählten Lebensweges von Rabi Maharaj ... die Zitate entstammen aus seiner Autobiografie: Der Tod eines Guru

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text

Aha (53)
(23.05.20)
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 Bluebird meinte dazu am 23.05.20:
Erst mal danke für deinen Verbesserungsvorschlag ... zwei kleine Verbesserungen habe ich inzwischen vorgenommen, aber ich denke, dass ich das Ganze zu einem späteren Zeitpunkt eh noch mal etwas überarbeiten werde

Zu deiner Nachfrage:
Ich bin ehrlich gesagt überrascht, dass diese Möglichkeit des (kostenlosen) Nachlesens tatsächlich besteht ....hier ein zweistündiges Video, wo er - auf Deutsch- seine Geschichte erzählt und darunter ein kostenloser Downloadlink:  hier

Habe es gerade selber runtergeladen, jetzt wird das Zitieren einfacher :)

Antwort geändert am 23.05.2020 um 18:23 Uhr
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