Die Bedeutung der Reconquista

Tragikomödie zum Thema Nostalgie

von  Terminator

Nach fast 900 Jahren der Reconquista bleibt Spanien in der magischen Welt des Christentums, während der Rest Westeuropas nach der Geburt der Ich-Religion, der Renaissance, davonzieht. Nach 1492 kämpft der spanische Don Quijote gegen die atheistische Weltordnung, doch schafft es trotz großer militärischer Macht nicht, die Avantgarde des Atheismus (England 1588, Niederlande 1648, Frankreich 1659) zu besiegen. Die spanische Weltflucht mithilfe der ausländischen Individualisten wie Columbus etabliert das katholische Lateinamerika als eine neue geoploitische Entität, doch über der ganzen Hispanosphäre hängt nichtdestotrotz der Schwermut der Nostalgie.

Nach dem Sieg von Las Navas de Tolosa 1212 wäre die spanisch und französisch geführte christliche Eroberung der islamischen Welt opportun gewesen, wenn sich die Kreuzzügler nicht 1204 mit der Eroberung des christlich-orthodoxen Konstantinopel und dem Albigenserkreuzzug ab 1209 verrannt hätten. So überrannte eine Generation später der Mongolensturm die östliche islamische Welt, während der westliche Teil zum geopolitischen Niemandsland verkam (darunter das in der Geschichte stets wichtige Ägypten und Jerusalem, das ursprüngliche Ziel der Kreuzzüge). Spanien kämpfte im 16. Jahrhundert für eine Welt, die nicht mehr existierte. Daher konnte Don Quijote nur in Spanien geschrieben werden.


Der oströmische Kaiser war nach christlich-orthodoxer Vorstellung der Katechon, der Aufhalter des Antichrist. Solange Konstantinopel nicht fällt, kommt der Antichrist nach diesem magischen Glauben nicht in die Welt. Aber es gab noch den anderen Katechon, nämlich die als Ketzer verleumdeten Markioniten, Paulikianer, Bogomilen und Katharer. Diese wahren Christen folgten der tatsächlichen Lehre Jesu, nicht der Kirche. Konstantinopel fiel 1204 durch die Hand anderer Christen, Christen waren es auch, die die Katharer, die letzten jesustreuen Kezter, 1209-1229 vernichteten. Damit gab es niemanden mehr, der den Antichrist aufhalten konnte.

Mitte des 13. Jahrunderts war der Anfang vom Ende des mittelalterlichen Klimaoptimums, Anfang des 14. Jahrhunderts kam die Kälte und der Hunger, Mitte des 14. Jahrhunderts die Pest. Die große Flut von 1342 war katastrophal für Mitteleuropas Ackerbau. Das Papsttum verlor seine Autorität und die führenden Denker jener Zeit sprachen sich für das Primat der weltlichen Macht vor der geistlichen aus, darunter auch Petrarca, dessen Krönung zum poeta laureatus 1341 als der symbolische Beginn des Zeitalters der Ich-Religion bzw. der Anfang der Renaissance betrachtet werden kann. Das Aufkommen der Ich-Religion, des Atheismus/Szientismus war aber nach der Logik des Christentums nichts anderes als die Ankunft des Antichrist.

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Kommentare zu diesem Text

Aha (53)
(28.05.20)
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 TassoTuwas (28.05.20)
Wäre doch eine Abhandlung wert, ob der "Simplicissimus" nur in Deutschland möglich gewesen sein könnte.
TT
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