IM CAFÉ

Lyrischer Prosatext zum Thema Momente

von  Moja

Im Café mit lauter alten Tischen, wir schieben sie vor das Fenster, setzen uns rundherum. Stövchen, Porzellan, Gläser erglänzen auf dunklem Holz. Lachen steigt in uns auf, Wärme, gesprochen wird viel. Sätze, Worte, Geklapper fallen in die Hintergrundmusik.

Die Tür steht offen, aus dem Spalt lugt ein kleines Gesicht. Als unsere Blicke sich treffen, weichen dunkle Zöpfe zurück.

Nichts führt zu etwas, sagt einer. Seine Augen starren undurchdringlich. Er redet gegen sich, versinkt in den Anblick der Tasse. Ich betrachte den grünen Blütenrand, seine zierlichen Finger. Er meint nicht, was er sagt. Er hofft, dass seine Sprache ihm Gestalt geben kann. Mich rührt die Spitze seiner Nase, sein Zögern, wie empfindsam er die Stacheln einstreicht und sich rollt, ein Igel!

Gelächter. Einer steht auf, schichtet sich Kleidung über, geht.

Es ist nötig über Träume zu sprechen und Wünsche zu benennen, sie verebben leise, sagt die Frau, die das Meer liebt. In einem Augenblick der Freude eilt sie abrupt in ihre Ferne, löscht uns ihr Lächeln aus, hinterlässt ein fehlendes Grün. So lange ich ihr nachschaue, sitzt sie da, unter uns.

Vor dem Fenster sitzen zwei Männer, kreisen die Dichtung ein. Das Profil des einen ist von besonderer Zartheit, in hohlen Augen ein Schwingen, leises Singen. Er hat Hunger, flüstert die Frau des anderen in mein Ohr. Sie spricht von dem, was sie weiß, gibt aus sich heraus in hellhöriger Gelassenheit.

Wir rücken näher. Eine kleine Anwandlung, keine Verwandlung rückt in mir eine blassblaue Kontur aus dem Schattenriss des Fensters. Ich betrachte die Textur der Dunkelheit. Reihen und Rahmen sind in die Schwärze gezeichnet. Das Haus gegenüber steht nah vor der Scheibe. Seine Fenster, angefüllt mit Abend und Abwesenheit, türmen sich übereinander, scheinbar in einem fort. In der Nacht steht das Haus hoch, wächst bei jedem Blick. Händeschütteln, eine feste Umarmung, ein sanftes Fortziehen aus der Geselligkeit. Ich gehe aus der Tür, drinnen sitzen sie noch.

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Kommentare zu diesem Text

Sätzer (77)
(29.05.20)
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 Moja meinte dazu am 29.05.20:
Dankeschön, Uwe, besonders freut mich Dein "Hui" ! - und Dein diskreter Hinweis (passierte beim Tippen der Großbuchstaben).

Lieben Gruß,
Moja

 Graeculus (29.05.20)
Ein sehr schön, geradezu meisterhaft geschriebenes Stimmungsbild.

 Moja antwortete darauf am 29.05.20:
Herzlichen Dank für Dein Lob!

Lieben Gruß,
Moja

 IngeWrobel (29.05.20)
Da versuche ich gar nicht, zu deuteln – die Sprache ist schön, sanft und voller Farben. Ein schöner Text!
Liebe Grüße
Inge

 Moja schrieb daraufhin am 29.05.20:
Freue mich über Deinen Kommentar, liebe Inge!

Dankeschön und lieben Gruß,
Moja

 eiskimo (29.05.20)
Kompliment: ein Text mit einem ganz eigenen Zauber, ein bisschen rätselhaft, ein bisschen skurril... Super!
lG
Eiskimo

 Moja äußerte darauf am 29.05.20:
Hach-ja, vor Corona gab es noch was anderes, daran wollte ich mal wieder erinnern, dank Dir schön!

Lieben Gruß,
Moja

 DanceWith1Life (29.05.20)
Man ( also vor allem ich) fühle mich erinnert, an Gespräche über das Leben, die selten genug wirklich stattfanden, aber immer in uns lebten und vor allem, überlebten, all die Jahre.
Toll, danke.

Kommentar geändert am 29.05.2020 um 17:24 Uhr

 Moja ergänzte dazu am 29.05.20:
So fanden unsere Treffen vor der "Maskerade" statt, das braucht man doch, sehe ich auch an Deiner Reaktion.

Ich danke Dir!
Und liebe Grüße,
Moja

 Dieter_Rotmund (30.05.20)
Handwerklich habe ich nichts auszusetzen, aber mir ist das viel zu manieriert beschrieben. Kinderzöpfchen, verebbende Träume, Männer, die Dichtung "einkreisen", "Textur der Dunkelheit!". Herrje. Das ist nicht das wahre Leben.

 Moja meinte dazu am 30.05.20:
Kann ich verstehen, Dieter, es ist ein inneres Erleben wie auf einer Traumebene, eben ein lyrischer Text.

Und Kinderzöpfchen würde ich nie schreiben! Umhimmelswillen!

Moja grüßt!
una (56)
(01.06.20)
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 Moja meinte dazu am 01.06.20:
Freu!

Dankeschön, una, und lieben Gruß,
Moja
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