Fundsachen aus meiner prekären Vergangenheit

Anekdote zum Thema Kinder/ Kindheit

von  eiskimo

Müsste ich meine Kindheit mit einem heutigen Begriff umschreiben, würde ich sagen, sie war prekär. Vor allem an den Monatsenden wurde es eng für meine Eltern und die vier Geschwister, die damals in den 50er Jahren,  noch neben mir satt werden mussten.
Vor diesem Hintergrund  ist wahrscheinlich besser zu verstehen, warum ich als Fünf- oder Sechsjähriger schon einmal loszog, um „etwas zu finden“. Da selbst bei uns auch schon einmal Dinge verloren wurden, schien es mir absolut logisch, dass sich in der Welt viele Verlustobjekte befinden mussten –  gerne die wertvollen der anderen Leute! - und ich also mit einiger Wahrscheinlichkeit auch davon welche finden würde.
Das sicherste Suchgebiet war für mich – sehr nah liegend – der Sandkasten am Spielplatz, wo bei gutem Wetter viele Nachbarskinder auftauchten. Und die brachten, anders als ich es konnte, tolle Spielsachen mit, Siku-Autos zum Beispiel. Da ging so manches Modell mal im Sand verloren und wurde, da ich sehr systematisch suchte, prompt zu meiner verdienten Beute.
Nicht ganz so aussichtsreich war das Finden von Geldstücken. Nicht nur, dass Leute bei deren Verlust länger suchten, jeder Zufalls-Finder war da ja auch mein Konkurrent.  Wie auch immer: Ich konzentrierte mich auf die Zigaretten- und Kaugummi-Automaten des Viertels. Da kam ich gerade mit der Hand an die Geldrückgabe-Klappe und konnte nach den vergessenen Groschen oder Fünfzigern tasten,  mehrmals täglich! Natürlich suchte ich auch auf dem Boden nach herunter gefallenen Münzen. Die konnten bis zu zwei Meter weit weg liegen. Einmal fand ich so tatsächlich eine ganze blinkende Mark, ein Vermögen für mich!
Was durchaus auch erstrebenswerte Fund-Objekte für mich waren... Pfandflaschen! Anders als heutzutage ließen die Leute die früher aber nicht so großzügig irgendwo stehen.
Als ich an einem Tag einmal bei meinen Finder-Aktivitäten absolut leer ausging – freiwillig ließ sich partout nichts finden! - da habe ich bei den Pfandflaschen kurzentschlossen ein bisschen nachgeholfen.
Ich wusste, wo die hinter der Getränkebude einsortiert wurden. Unbemerkt schlich ich dahin, stibitzte von hinten zwei Sprudelflaschen, um sie vorne an der Theke gegen „Bares“ einzulösen.
Puhh, ganz schön mutig war das!
Die 20 Pfennig zeigte ich dummerweise dann meiner nicht so geschäftstüchtigen Schwester, die diese Heldentat daraufhin prompt verpetzte. Von Mama bekam ich einen „Finderlohn“, der sich gewaschen hatte. Das fand ich damals extrem ungerecht.
Im Nachhinein hat es mir vielleicht geholfen, ehrlichere Wege zum Glück zu finden.

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Kommentare zu diesem Text


 LottaManguetti (14.07.20)
Ich mag kreative Kinder.

:-)

Lotta

 eiskimo meinte dazu am 14.07.20:
Mein Vater war Fotograf. Die orangenen Pappschachteln von seinem Agfa-Fotopapier waren mein liebstes Spielzeug. Ich baute damit Burgen, Indianer-.Forts, Militär-Autos und Puppenmöbel ...
Keine schlechte Kinderstube!
LG
Eiskimo

 Graeculus (14.07.20)
Eine schöne Kindheitserinnerung. Die Pfandflaschen hinten zu mopsen und vorne abzugeben, ist keß! Da hattest Du in der Kirche was zu beichten.

 eiskimo antwortete darauf am 14.07.20:
Ja, da kam einiges zusammen. Ich musste aber warten, bis ich zur Kommunion gegangen war. Beim Kommunionunterricht habe ich beichten gelernt. "Ich bekenne, dass ich Böses getan und Gutes unterlassen habe...."
Im Vergleich zum Leben der Kinder heute ging es mir nicht schlecht - der Katechismus war schnell abgehakt.
LG
Eiskimo

 Graeculus schrieb daraufhin am 14.07.20:
Oh, das habe ich vergessen - man darf/muß ja erst ab Erstkommunion beichten, nicht schon als Fünfjähriger. Danke für die Erinnerung.
Al-Badri_Sigrun (61)
(14.07.20)
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 eiskimo äußerte darauf am 14.07.20:
Tugend? Wir haben gelernt, den Ärger - manchmal auch die Schläge - der Eltern zu vermeiden. Die entsprechende "sittliche Reife" kam viel später. Jedenfalls hatte ich sehr viel Freiheit, Dummheiten zu begehen. Das prägt.
LG
Eiskimo

 Regina (14.07.20)
Wusstest du, dass die französischen 20-Centimes-Münzen in deutschen Automaten als D-Mark durchgingen? Mit dem Euro ist dieser Spaß vorbei. LG Gina

 eiskimo ergänzte dazu am 15.07.20:
Nein, das wusste ich nicht. Aber das ist gut so, ich hätte womöglich meine Existenz drauf aufgebaut..... LGEiskimo

 AZU20 (15.07.20)
Du hattest es wahrhaftig nicht leicht. LG

 eiskimo meinte dazu am 15.07.20:
Es konnte eigentlich nur besser werden, insofern war die Zielrichtung immer klar. Schwerer haben es die, die von ganz oben starten....
LG
Eiskimo
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