"Schaan-aazt"

Tagebuch zum Thema Alltag

von  Access

Ich fühlte mich seltsam betäubt, als ich Lebensmittel besorgte. Ausnahmsweise war ich froh über den verhängten Mund-Nasen-Schutz-Zwang, konnte doch unter dieser Verkleidung niemand mein verzerrtes Gesicht sehen. Auch die nuschelige Sprache mochte dem Mundschutz geschuldet sein. In Wahrheit beruhte aber beides auf einem gefühllos-schlaff herunter hängenden rechten Mundwinkel nach einem Zahnarztbesuch. Selbst Zahnarztbesuche verliefen ein wenig skurril dieser Tage: rein mit Mundschutz, keine Zeitungen auf den Tischen, Stühle im Wartezimmer weit auseinander, die Versichertenkarte selber einschieben. Auf dem Behandlungsstuhl dann weg mit der Maske. Ja klar, wie will man denn sonst Spritzen setzen? Wenigstens konnte ich die Nachwirkung jener Spritzen, die mein Grinsen noch schiefer aussehen ließen als es ohnehin schon war, unter meinem schwarz-weiß gepunkteten Gesichtsumhang verstecken. Auch mich hatte, wie meine Mitstreiter aus unserer Schreibwerkstatt, inzwischen die Muse verlassen und genauso musen- wie mutlos schlich ich nach Hause, warf nur einen müden Blick in meinen mittlerweile ‚Atelier‘ genannten Seminarraum, in dem sich unsere Schreibgruppe sonst traf und konnte mich doch nicht aufraffen, etwas zu erschaffen, kreativ zu sein, zu malen -- fragte mich, ob ich je wieder ein Bild hinbekäme, das mir gefiele. Ich weiß es nicht. Vielleicht braucht es dafür Kontakt.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (15.07.20)
Nicht schlecht, würde ich aber aus dem engen Korsett eines Tagebucheintrags befreien.

 Access meinte dazu am 15.07.20:
danke - ich hatte auch überlegt, in welche Kategorie der Text fällt.... - vielleicht "innerer Monolog"?

Antwort geändert am 15.07.2020 um 16:37 Uhr
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