Der staatlich verordnete Irrtum

Skizze zum Thema Kommunikation/ Dialog

von  DanceWith1Life

"Machen wir uns nichts vor, es gibt vieles worauf wir schon stolz sein können",
so begann der Bürgermeister seine Eröffnungsrede. "Gerade die jüngsten Errungenschaften der Technik zeigen, dass dem Fortschritt keine Grenzen gesetzt sind."
Auf dem eigens dafür geschmückten Marktplatz im Zentrum, der drei großen Straßen Trollingens, lagen nicht nur das Rathaus, dann eine zur  Schule, die anderen zur Kirche und zum Supermarkt.
Sie verzweigten sich in jedes Haus, belieferten jeden Laden, und mündeten dann ins relativ unberührte Umland. Es gab nur eine ältere Aufnahme aus der Luft. Aber selbst auf ihr, fühlte man sich an etwas erinnert, wusste nur nicht genau an was.

"Vor ein paar Jahren noch, waren wir nicht mal ein Nebensatz der Landespolitik und heute, man erwartet etwas von uns.
Nicht dass wir je vorhatten irgendwelche Erwartungen zu erfüllen, doch wir fühlen uns geschmeichelt."
"Unseren Strategen bringen wir einen Sieg nach dem anderen."
"Wir, als Bürgermeister, wir, als kulturfördernde Gemeinde, wir, als konsequente Verfechter des Fortschritts," hier machte er eine Pause, blickte in die Menschenmenge und sah sich bestätigt.
Die vielen Gesichter bezeugten Zugehörigkeit und Interesse.
Klar, ein paar Kinder spielten Verstecken zwischen den in Trauben herumstehenden, der Kioskbesitzer, den er eigens beauftragt hatte, nicht nur alkoholische Getränke bereitzustellen.
Die Würstchenbude, mit der kleinen aber feinen Auswahl heimischer Spezalitäten.
Alles dies erweckte den Eindruck harmonischen Zusammenlebens und gut geordneter, gerechter Verteilung des Nötigsten.
Niemand ahnte hier den ständigen Zwist in vielen Familien, der bis in sein Büro wucherte, wie ein gnadenloses Unkraut, gegen das es keine Medizin gab. Niemand ahnte, dass es bereits Pläne gab, diesen gewinnbringend mit neuen Produkten zu beruhigen. Die zwar nicht halfen, aber enorm viel Umsatz versprachen.
"Und wir sollten zusammen an diesen Errungenschaften arbeiten", fuhr er fort.
"Aber, und damit komme ich auf den Grund unseres heutigen Zusammenfindens, wie ihr alle sicher schon gehört habt", er musste die Pause geschickt wählen, zu lang würde das gerade bereitwillig geschenkte Interesse abflauen lassen, zu kurz, würde Verdacht und Vermutung von Hintergedanken schüren, er brauchte einen Übergang, den der Verfasser der Rede nicht vorhergesehen hatte.
Zu früh über Geldmittel zu reden, wäre zudem abschreckend.
Schließlich zahlen wir ja alle Steuern, und nicht wenig, hörte er seine Zuhörer denken, und da lag er nicht mal falsch.
"Und vor allem wir, als vorausdenkende Realisten", hörte er sich sagen.
Seine Zuhörer wussten sofort Bescheid, das war nicht das Problem, sie wussten, es ging um Geld, das sollten sie auch.
Ich werde es Ihnen einfach und direkt unverblümt sagen, so waren seine sich ordnenden Gedanken, als es aus heiterem Himmel zu schütten anfing, aus vollen Kübeln, innerhalb von Minuten war der Platz leer.
Er saß in seiner Limosine und starrte aus dem Fenster.
Er saß einfach nur da, und alles war anders, als er gedacht hatte.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (23.07.20)
"stoz" ?
Sätzer (77) meinte dazu am 23.07.20:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 DanceWith1Life antwortete darauf am 23.07.20:
Generell, danke, für eure Anfmerksamkeit, allerhand, würde ich mal sagen.

Antwort geändert am 23.07.2020 um 10:43 Uhr
Sätzer (77) schrieb daraufhin am 23.07.20:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 DanceWith1Life äußerte darauf am 23.07.20:
Das seh ich anders, der Inhalt leidet darunter nicht, nur die Erwartungshaltung.

p.s.
deine Straßen sind nicht meine Straßen.
und vor allem, jetzt von mir aus betrachtet und nur unter diesem Aspekt, meine Straßen sind nicht deine Straßen.

über deinen Vorschlag werde ich vermutlich nachdenken, falls er mir zusagt, eine Redewendung, die in Kommunikation mit der Intension des Autors steht, vielen Dank.

so wichtig ist das jetzt auch nicht, also dass du das jetzt gleich zweimal in einem Satz....oder?
Und Fremde im Herzen, ist vielleicht sogar für Städte....

Genug geblödelt, danke für deine Auseinandersetzung mit dem Text. Und "Vieles" würde D.R. wahrscheinlich klein schreiben, aber bei dem kann man sich auch nicht immer sicher sein.

Antwort geändert am 23.07.2020 um 22:30 Uhr

 Graeculus ergänzte dazu am 23.07.20:
Vermutlich würde sogar D. R. statt Intension Intention schreiben - jedenfalls wenn letztere gemeint ist.

 DanceWith1Life meinte dazu am 25.07.20:
stimmt, wenn nicht in tension und Intention so ein herrliches Paar wären, würde ich das unbedingt ändern müssen, aber wüßte auf Grund technischer Hindernisse, gar nicht wie, beantwortete Kommentare, kann man nicht mehr korrigieren, sagt das etwas über unser Diskussionsverhalten aus, sag mal?

 Graeculus (23.07.20)
Es war wohl Hemingway, der meinte, man solle einen Text mit einem vollständig wahren Satz beginnen. Ganz sicher ist der erste Satz von großer Wichtigkeit.
Da hapert es hier schon.
"Zugegeben, es gibt vieles worauf wir schon stolz sein können",
Welcher Politiker würde in diesem Kontext "Zugegeben" sagen?
Allenfalls doch ein Vertreter der Opposition.

Kommentar geändert am 23.07.2020 um 23:33 Uhr

 DanceWith1Life meinte dazu am 24.07.20:
Danke, ich glaube, ursprünglich wollte ich einen Kontrast skizzieren, aber Text wollte nicht, er flüchtete ins Detail und plötzlich konnte ich es nur noch regnen lassen und aus dem Fenster starren.
Kann sein, dass das D.R. und Sätzer auch irgendwie wahrnahmen, aber keinen weg fanden, es zu vermitteln.
Vielleicht bastle ich das ganze Teil nochmal, obwohl.... mit einer Ankündigung eines Ersatztermins.

 Graeculus meinte dazu am 24.07.20:
Der Text hat ein Potential, das eine Überarbeitung wünschenswert macht. Will sagen: er ist kein hoffnungsloser Fall. Und der Schluß ist um Klassen besser als der Anfang.

 DanceWith1Life meinte dazu am 27.07.20:
in tension zu intention ist ein ziemlicher Spannungsbögen, also die freudschen Verschreiber waren in Hochform, würde ich mal behaupten

 Dieter_Rotmund (14.12.21, 16:46)
Der Satz funktioniert nicht:

"Auf dem eigens dafür geschmückten Marktplatz im Zentrum, der drei großen Straßen Trollingens, lagen nicht nur das Rathaus, dann eine zur  Schule, die anderen zur Kirche und zum Supermarkt."
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram