Von solidem Gold und anderen glänzenden Dingen

Essay zum Thema Glaube

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)

Zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert wandten sich auch die osteuropäischen Völker dem Christentum zu … der Chronist Thietmar von Merseburg spricht 1018 von 400 Kirchen in Kiew (aus „Lebendige Kirchengeschichte“)
Politisches Handeln und missionarische Aktivitäten waren auch hier eng miteinander verwoben. Etwas platter ausgedrückt: Die Politik sorgte für Kirchen, die Missionare füllten sie!
  Das klingt nach einem wirklichen europäisch-christlichem Erfolgsrezept. Auf halbwegs friedlichem Wege hatte sich innerhalb von 1000 Jahren in ganz Europa das Christentum als Hauptreligion durchgesetzt.
 
Aber Vorsicht:

Anders als heute stand dabei weniger die private Glaubensentscheidung im Vordergrund als vielmehr die Gestaltung des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens durch die Grundsätze des Glaubens.
  Anders ausgedrückt, durch Taufe und regelmäßigen Besuch von Gottesdiensten usw. wird man noch nicht zu einem gläubig-frommen Christen. Es wurde lediglich erst einmal eine kirchliche Infrastruktur geschaffen, die echten Glauben erleichterte. Oft dann aber "Form-sache" blieb.
    Denn die äußere Form nicht mit innerlichen Entsprechungen gefüllt ist, bleibt der vorgebliche Glaube ohne wirkliche Alltagsrelevanz!
    Nichtsdestotrotz eine insgesamt eine erstaunliche religiöse Entwicklung, die Europa da durchgemacht hatte.

Denkimpuls:
Es war nicht alles Gold, was glänzte! Aber das wäre vielleicht auch etwas zu viel verlangt gewesen!
Oder frei nach Zahrnt: "In der Kirchengeschichte gingen menschliches Gewürge und göttliches Gewirke oft Hand in Hand!"

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 LotharAtzert (26.07.20)
"... die echten Glauben erleichterte "
Es mag ein "Echtheitszertifikat" bei Kunstwerken geben und beim Salz, Kaffee etc. gibt es (künstliche) Rieselhilfen, aber beim Glauben erscheint mit der Begriff des Echten völlig daneben. Entweder ich glaube etwas, oder ich glaube es nicht. Bestätigt sich die Richtigkeit eines Geglaubten irgendwann, so ist es ab dem Zeitpunkt Wissen. Aber in deinem Eifer läßt du einfach keinen Fettnapf mehr aus, wie es scheint.

 Graeculus (26.07.20)
Verglichen mit dem, was die Missionierung der Ost-Mongolen durch den Buddhismus bewirkt hat (innerhalb weniger Jahrzehnte wurde aus einem brutalen Eroberervolk ein friedliches Volk, während die West-Mongolen zum Islam bekehrt wurden und kriegerisch blieben), nimmt sich der zivilisatorische Ertrag der Missionierung Europas durch das Christentum äußerst bescheiden aus: Kriege wurden jetzt zusätzlich im Namen des wahren Glaubens geführt.

Hast Du die blutige und räuberische Missionierung der baltischen und polnischen Slawen durch den Deutschen Orden schon in Deiner Reihen-Planung?

Ich weiß, Gottes Wege sind 1. undurchschaubar und 2. krumm.

 Regina meinte dazu am 26.07.20:
Bei deiner Kritik hast du die katholische Kirche in Blickfeld, eine Machtinstitution, die Wasser predigt und Wein trinkt. Wie steht es mit anderen Vereinigungen, die auch Christentum beanspruchen? Und in welchem Zustand waren Kelten und Germanen vor der Christianisirung?

 Dieter Wal antwortete darauf am 26.07.20:
"in welchem Zustand waren Kelten und Germanen vor der Christianisirung?"

In gutem?

 Bluebird schrieb daraufhin am 26.07.20:
@Regina
Die slawischen Völker beteten zuvor eigene Götter an: https://de.wikipedia.org/wiki/Slawische_Mythologie

Antwort geändert am 26.07.2020 um 14:08 Uhr

 Graeculus äußerte darauf am 26.07.20:
Das Christentum ist per se eine übergriffige Religion, d.h. eine mit dem Anspruch, einen allen anderen überlegenen Glauben zu besitzen - anders kann man den Missionsbefehl Jesu ("Geht hin und lehret alle Völker!") nicht verstehen.

Wir wollen nicht annehmen, daß die Sachsen, Slawen usw. darum gebeten hätten, missioniert zu werden - schon gar nicht in der Weise, wie sich das dann vollzogen hat.

 Bluebird ergänzte dazu am 27.07.20:
Der, der gesagt hat: "Geht hin in alle Welt ... " hat hinzugefügt: "Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt" und an anderer Stelle behauptet (laut Bibel):"Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden!"

Vielleicht wäre es hilfreich zwischen Christianisierung und Mission zu unterscheiden. Ersteres ist eher machtpolitisch zu sehen. (Man hat halt die alten Götter gegen einen neuen "Staatsgott" ausgetauscht.) Letzteres geht nicht ohne Freiwilligkeit und innere Zustimmung.
Man kann jemanden taufen, lehren, zu religiösen Praktiken zwingen, aber ohne eine innere Zustimmung des Herzens ist das nur leere äußere Form

 Dieter Wal meinte dazu am 27.07.20:
Weil mich Bluebirds Erwähnung von "Slawischen Völkern" bei Kelten und Germanen irritierte, hier eine ausführlichere archäologische PDF-Datei:  Wilhelm Albert von Brunn: Kelten, Germanen und Slawen im südöstlichen Mitteleuropa, 1965.

 Dieter Wal meinte dazu am 27.07.20:
@Graeculus: "Das Christentum ist per se eine übergriffige Religion, d.h. eine mit dem Anspruch, einen allen anderen überlegenen Glauben zu besitzen - anders kann man den Missionsbefehl Jesu ("Geht hin und lehret alle Völker!") nicht verstehen."

Stimmt. Davon ausgenommen vielleicht christliche Mystiker, die Theologie bzw Religionswissenschaft studierten.

 DanceWith1Life (26.07.20)
Gleich mehrere menschliche "Qualitäten" die du hier Hand in Hand zu einem, wie du es nennst erstaunlichen Ergebnis führst. Der mörderische Aspekt wird einfach "lebendig" genannt, die politischen Intrigen in die Enrwicklung integriert und alles ist "super", eine Erfolggeschichte, wir gratulieren.
Nein, es ist wirklich nicht alles Gold was "glänzt".
Da stimme ich dir zu.
Es ist noch nicht mal alles rechtschaffen, was als rechtens verkauft wird.
Es ist noch nicht einmal alles göttlich, was als "Gottes Wille" verkauft wird, es ist Menschenwerk, in unglaublicher Ausarbeitung.
Aber ich kann und ich will dich von nichts überzeugen, ich schreibe nur einen Kommentar zu einem veröffentlichten Text, so wie es mir mein Verständnis aufzeigt.
HerrNadler (33) meinte dazu am 26.07.20:
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 FrankReich meinte dazu am 27.07.20:
präziser: Mund-, und Handwerk. 🤭
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