Gedankenradl

Kurzprosa zum Thema Psyche

von  agmokti

Heute hat jemand nachgefragt, wie sich ADHS eigentlich für mich anfühlt. Weil sie einfach nicht verstehen kann, wenn ich sage, ich brauche vielleicht doch die Hilfe von Medikamenten. Und dass es doch gar nicht so schlimm sein kann.

Was ADHS für mich ist?
Das ist die Anstrengung der ständigen Angst, für andere anstrengend zu sein. Das ist sich oft  anhören können, dass man zu laut ist, dass man dauernd unterbricht, dass man zu schnell redet, dass man doch eh nur Bestätigung braucht. Das ist abartige Wut hochschießen, wenn jemand vor einem zu langsam geht. Ständige Ungeduld. Das ist im Zug sitzen und ein unerträglich ungutes Bauchgefühl zu haben, weil man zu langsam vorankommt, weil man das Gefühl hat, das eigene Lesen ist zu langsam für die Gedanken. Das ist ewig lang nicht einschlafen können. Das heißt oft in der Nacht aufwachen. Das heißt meistens nicht mehr als 4 bis 5 Stunden Schlaf zu bekommen. Das heißt für mich dauerndes Gedankenradl. Ständiges Gefühlsradl.

Das heißt: Ich bin müde, ich bin mürbe, ich bin wütend. Manchmal bin ich voll von Wut, bis zum Hals hin, bis zum Kopf hin voll mit Wutenergie und in Wirklichkeit mag ich die lieber, auch wenn ich mich in allen Gefühlslagen wie ein Käfer fühle, der am Rücken liegt.

Ausgeliefert sein, wer mag das schon?

Ich bin die pure Hektik. Hab weder studiert, noch sonst eine höhere Schule besucht, ich bin nicht gut darin, Standpunkte gut aussehen zu lassen. Ich spring von Satz zu Satz, Gedanke zu Gedanke, hin und her und wieder zurück, verliere mich in Unwichtigkeiten und finde nie den Punkt. Aufgrund dessen wird mir oftmals Dummheit bzw. Naivität oder Ignoranz unterstellt. Werd nicht ungemütlich, werd nicht mühsam, werd nicht anstrengend.

Ich bins leid dafür belächelt, verachtet, verlacht, nicht ernst genommen  zu werden, weil meine Emotionen immer größer, mehr, lauter sind.

Und ADHS, vor allem wenn es elendslang nicht behandelt wurde, heißt auch, dass ich in jedes Verhalten zu viel reininterpretier. Sich einbilden, dass andere Menschen mich nicht mögen. Nur drei Wörter in einem langen Satz hören und die dann als Angriff werten. Das heißt auch, dass ich zwar in Gesprächen so tun kann, als ob ich zuhöre, aber in Wirklichkeit ist da sowas wie eine Geräuschwolke ohne Sinn. Das heißt oft missinterpretieren, verhören, überhören, übersehen.

Und sehr viele Leute haben ja schon ihre Meinung zu meiner Fehlschaltung im Hirn und tun das ganze als Blödsinn oder eine Kleinigkeit ab. Aber es gibt auch viele Menschen, die wahnsinnig lieb und interessiert sind. Und das weiß ich wirklich sehr zu schätzen.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (31.07.20)
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