Das schwächste Mädchen

Novelle zum Thema Begegnung

von  Terminator

Als Terminator geht man in eine Klasse, als ob man das Asperger-Syndrom hätte, und fragt ohne Präludien in die Runde: „Wer ist in eurer Klasse der Stärkste?“ Solche Direktheit kommt nicht gut an, aber eine Antwort bekommt man meist nonverbal. Dann fragt man den Hünen: „Zeigst du mir, wer in eurer Klasse die Schwächste ist, oder muss ich dich besiegen?“ Er zeigte sie mir, wollte keinen Stress, doch sie war mir nicht schwach genug. Nein, sie war schon zierlich, süß, sexuell attraktiv. War immerhin die 12-te Klasse, und ich benam mich als wäre ich ältestens 12. Ihr Blick war neugierig, die neue Masche amüsierte sie. So hatte sich noch kein Neuer vorgestellt. Doch ich verlor nach ein paar kurzen Blicken das Interesse. Mein Betrachten ging weiter über den ganzen Schulhof, ich sah ein richtiges Model aus der 10-ten, und es sah mich an wie eine Kuh. Ich konnte mir das Lachen nicht verbieten.

Die Stunden zogen sich zäh in die Länge. In der Mittagspause schlich ich gedankenverloren über den Hof. Erst bemerkte ich gar nichts, bis ich wahrnahm, dass sich etwas rührte. Es hatte langes dunkles Haar und saß im Schneidersitz auf einer Betonplatte. Es hatte in kleinen und zierlichen aber keineswegs zarten Händen ein Buch mit dem Titel „Konstantin XII Noomachos“. Ich stellte mich als Nikephoros Phokas vor und sah ein Lächeln, das mich in seinen Bann zog. Ich blieb stehen und stellte ein paar Fragen. Während sie erzählte, musste ich mal lächeln, mal lachen, mal sie einfach nur ansehen. Die unscheinbare Maus mit dünnen Ärmchen, so klein und so altklug, eigenwillig angezogen, Elftklässlerin. Schön war sie gar nicht, aber ich fange jetzt nicht an, alle Defekte aufzuzählen. Ich dachte auch gar nicht an körperlichen Kontakt.

Später, am Nachmittag, fragte sie mich zwanglos, ob ich im Garten hinter dem Schulhof quatschen wollte. Und ich ließ mir Quatsch erzählen. Dabei sah ich sie immer wieder an und war glücklich. Da war halt jemand drin. Es war kein sprechendes Ding, kein menschensimulierender Apparat, keine Maske über einer Maske über einer Maske, sondern es war wirklich jemand da. Da fühlte ich mich nicht mehr einsam. Natürlich schaffte sie es irgendwann, mich auch wieder zu vergraulen, doch ich erinnerte mich noch lange an diesen einen Moment, als sie in ihrer ganzen Schwäche, Unsicherheit und Verzweiflung vor mir aufblühte. Auf der nächtlichen Radtour an jenem Abend musste ich an Edgar Allan Poes Gedicht „Ulalume“ denken. Und so nannte ich sie damals auch. So nenne ich sie heute noch.


Anmerkung von Terminator:

Goldener Buntstift: Schlechteste nicht publizierte Kurzgeschichte 2020.

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Kommentare zu diesem Text


 Augustus (01.08.20)
Diese Momente sind rar, gewiss. Gewöhnlich bedienen sich die Paare ungeniert an den Vorzügen des anderen. Man könnte fast meinen, es buche der eine bei dem anderen eine All-you-can-eat&vollpension-Pauschalreise bis einem zu Halse und aus den Ohren der andere nicht mehr zu ertragen ist. dabei verhelfen sich die Schlauen einfach eines simplen Trickes, zeitlich befristet auf Abstand zu gehen, um der auf beiden drückenden Gravitation, die jeder bei anderem ausübt, abzumildern.
Gerade in der Corona-Krise, wo die Paare zwischen den Wänden gefangen sind, fangen sie an zu implodieren.
Aha (53) meinte dazu am 01.08.20:
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 Terminator antwortete darauf am 02.08.20:
Was hat Dasganze mit Paaren zu tun?

 Augustus schrieb daraufhin am 02.08.20:
Um Missverständnissen vorzubeugen meinte ich mit Paar allgemein einen Zusammenschluss von zwei Personen und deren Interaktion zueinander.
Aha (53)
(01.08.20)
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 LotharAtzert äußerte darauf am 01.08.20:
Welches Teil, wenn ich fragen darf?
Aha (53) ergänzte dazu am 02.08.20:
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 AchterZwerg (02.08.20)
Ja, ja,
das zierliche, zarte Weib(chen) vor ihrem Beschützer ... und schon brandet der Beifall anwesender Herren auf,

Gruselgrüße
der8.

("Da war halt jemand drin" gefällt aber ungemein).

 Terminator meinte dazu am 02.08.20:
Das Weib regt so etwas auf, weil eben nicht vom Weibe die Rede ist: das Weib ist weibisch, die Frau ist weiblich. Das Weibliche ganz ohne das Weibische: davon darf man doch träumen.

 AchterZwerg meinte dazu am 02.08.20:
Klar "darfst" du davon träumen.
Aus meiner Erfahrung wird dieses Frauenbild allerdings meist von Männern ohne zureichendes Selbstbewusstsein geteilt.
Da lob ich mir die Antike; dort dachte man bereits fortschrittlicher.

 Terminator meinte dazu am 02.08.20:
Ich kenne diese shaming tactics. Der Mann, der keine dummen, plumpen, großen, dicken, materialistischen Kühe mag, hat kein "zureichendes Selbstbewusstsein" usw. Diese neidbasierte Hysterie der Weibischen gegen die Weiblichen (und ihre männlichen Verehrer), dieses Ressentiment des Weibes gegen die Frau ist mir allzugut bekannt, damit kann man mich nicht manipulieren.

Außerdem "träume" ich auch gar nicht von solchen allzu realistisch beschriebenen Frauen, die wenigstens etwas Liebeswertes an sich haben; ich denke nur, dass ist das beste, was auf dieser Welt frauentechnisch möglich ist. Ich träume von idealen wunderschönen Miezen mit Top-Body, ultrazierlich, Top-Oxytocinproduktionskatalysator, IQ wie bei Einstein und Tesla usw. Kein "zureichendes Selbstbewusstsein"? Eher Größenwahn.
Aha (53) meinte dazu am 02.08.20:
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 Terminator meinte dazu am 02.08.20:
Die Ostasiatinnen sind nur klein, weiter nichts. Phänotypisch wäre mein Geschmack wie gesagt zierlich, zart, klein, rein, schlank, blank, völkisch eingeordnet ungefähr Dänemark/Mainz/Ungarn/Kroatien mit sächisch-schwedischenen, französisch-keltischen Zutaten.
Aha (53) meinte dazu am 02.08.20:
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 Terminator meinte dazu am 02.08.20:
Ist halt schwer zu beschreiben. Am besten photoshoppt man es sich heraus. Mein Profilbild z.B., aber da ist halt nur das Gesicht.
Aha (53) meinte dazu am 02.08.20:
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 AchterZwerg meinte dazu am 02.08.20:
Ich bin mir sicher, liebster Terminator,
dass du in jeder Hinsicht gut ausgestattet bist - und mindesten 1,72 m groß. :)

Freundliche Grüße
der8.NochKleinere

 Terminator meinte dazu am 02.08.20:
@Aha:

Nur das Haar und die Augen sind einigermaßen ansprechend. Der Blick ist zu sexy, die Lippen zu groß, die Nase könnte auch kleiner sein. Sie ist bestimmt nicht zwischen 1,51 und 1,58. Sehr attraktiv, aber nicht mein Typ.

@AchterZwerg:

Denk doch nicht wie eine Ex-Stute: "in jeder Hinsicht gut ausgestattet". Aber warum auch nicht, das Weib hat nur Sex, Sex, Sex im Kopf, wie Weininger schon sagte, alles dreht sich um den Koitus; und das alte Weib will kuppeln.
Ich schließe Sex und Paarbeziehung kategorisch aus, weil es mich anwidert resp. langweilt. Sex hat man mit Huren. Ein Paar wird man, wenn man Kinder großziehen will und eine Vernunftehe eingeht. So denkt ein richtiger Mann: mit dem Kopf, nicht mit der gut ausgestatteten Hinsicht.

Antwort geändert am 02.08.2020 um 17:53 Uhr
Aha (53) meinte dazu am 02.08.20:
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 Terminator meinte dazu am 02.08.20:
die Gefahr, daß man allein bleibt
ist für mich keine Gefahr; ich sehe es als Gefahr, sich an die falsche Person zu binden, die einen runterzieht oder gar zerstört. Aber allein bleiben ist das was ich vor habe. In einer Beziehung wäre ich einsamer.
Aha (53) meinte dazu am 02.08.20:
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 Terminator meinte dazu am 02.08.20:
Ja, schon, aber im Endeffekt ist alles relativ.
Lunarer Absolutheitsanspruch.
Wenn man keine Lust hat mit jemanden zusammenzusein ist das auch so eine Sache,
Abwertung des Alleinseins als hedonistische Entscheidung (Lust/keine Lust), Vorwurf der Unreife schwingt mit.
kann ein regressives Verhalten,
Und hier ist er explizit ausgesprochen. Außerdem Pathologisierung des Alleinseins.
auf Grund unangenehmer Erfahrungen ja auch sein.
Pathologisierung vorausgesetzt; spekulative Diagnose.

Der Rest ist ein Rat, wie man einen Lebensgefährten findet (auch wenn man nicht will).

Wahrscheinlich gut gemeint, aber völlig am Gesprächspartner vorbei gesprochen, der eben nicht lunar, sondern solar ist.
Aha (53) meinte dazu am 02.08.20:
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