Die Welt ist bunt

Aphorismus zum Thema Weltanschauung

von  Graeculus

Im Libanon kollabiert der Staat, in Belarus wird ein Wahlergebnis schamlos gefälscht, und draußen zwitschern die Vögel.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (11.08.20)
Nun ja, der Libanon ist schon seit Jahrzehnten(sic!) der Spielball seiner Nachbarn Syrien, Israel und der Palästinenser. Letztere kämpfen ja nicht umsonst - in Form von Einheiten der Hisbollah - seit Jahren auf Seiten Assads im syrischen Bürgerkrieg. Iran, der Irak (unter Saddam Hussein) und Saudi-Arabien sind auch dabei. Wahrscheinlich kollabiert da gerade "nur" eine Fassade eines schon lange ausgehöhlten Staatswesen.


Natürlich wurde in Belarus das Ergebnis zu Gunsten von Lukaschenko gefälscht. Aber der ist nicht erst seit 6 Monaten an der Macht, sondern seit 26 Jahren(sic!). Das ist nicht die erste krumme Wahl.

Fun Fact: Geht es nach Leuten wie Matthias Platzeck, hat uns das nicht zu interessieren. Den dessen im Bezug auf Russlands benutzte Schlagwort von "Beziehungen auf Augenhöhe" ist ja nicht mehr als ein Euphemismus für die Aufteilung der Welt in Interessensspähren. Und Belarus gehört da eindeutig zur russischen Sphäre.

Kommentar geändert am 11.08.2020 um 03:47 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 11.08.20:
Und auf all das pfeifen die Vögel, die kleinen Lieblinge der Naturbewunderer. Das Chaos hart neben der Idylle.

 TrekanBelluvitsh antwortete darauf am 11.08.20:
Kommt darauf an. Ich habe einmal vor meiner Haustür beobachtet, wie drei Amseln eine Elster attackierend verfolgten. Da hat sich die Elster bestimmt gewünscht, sie hätte Atombomben.

 Graeculus schrieb daraufhin am 12.08.20:
Ja, auch die Natur ist keine Idylle, sobald man sich näher damit befaßt. Aber wenn man sie abends auf dem Balkon, bei einem Gläschen Wein anschaut, ist sie hübsch.

Speziell Elstern sind Biester, denen ich keine Atombomben gönne.

 LotharAtzert äußerte darauf am 14.08.20:
Wem bitte, fragt staunend der Wanderer L., gönnt Graeculus die Atombombe.

 Graeculus ergänzte dazu am 14.08.20:
Das folgt nun eigentlich nicht aus meiner Aussage. Aber ich kann ja mal phantasieren und sagen: einem Elephanten, der im Begriff ist, vom spanischen König in Begleitung seiner Geliebten abgeschossen zu werden.
Sicher wäre es eine interessante Konstellation, wenn Elephanten sich wehren, wenn sie sogar überlegen sein könnten. Doch dann schösse so ein königlicher Knilch sicher nicht auf sie.

 LotharAtzert meinte dazu am 15.08.20:
Entschuldige, daß ich so dumm fragte, doch manchmal antwortet der Gefragte auf eine Weise, die dem Fragenden weitere Aufschlüsse bezüglich seiner Erkenntnis ... usw. usf.

 Graeculus meinte dazu am 15.08.20:
Dann weißt Du jetzt, daß ich Juan Carlos nicht mag, dafür aber Elephanten.

 EkkehartMittelberg (11.08.20)
Man muss sich manchmal ganz und gar dem Zwitschern der Vögel überlassen, um nicht depressiv zu werden.. Aber man sollte daraus die Kraft zur Parteinahme ziehen, immer wieder auf der Seite der Ausgebeuteten.

 Graeculus meinte dazu am 11.08.20:
Unsere Parteinahme, so fürchte ich, hilft nicht viel. Ist die Depression unser Schicksal? Es gibt ja noch das, was Nietzsche den Pessimismus der Stärke nennt. Und natürlich gibt es den Glauben an ein besseres Jenseits.

 Terminator (11.08.20)
Libanon: als Folge haarsträubender Idiotie explodiert mitten in der Hauptstadt gelagerter Sprengstoff, so wie wenn jemand ein Fass mit Nitroglycerin 5 Jahre in seiner Wohnung stehen lässt. Wenigstens gibt es hinterher einen idiocracy shame shock: Staatskrise. USA das Corona-Virus wird geleugnet bzw. nicht ernst genommen, Millionen Infizierte, Hunderttausende Tote. Aber die Straßenschlachten haben einen anderen Hintergrund. Was den idiotischen Umgang mit der Pandemie betrifft, herrscht in den USA eine idiotische Selbstgefälligkeit. Was ist schlimmer als ein Idiot? Ein narzisstischer Idiot.

 Graeculus meinte dazu am 12.08.20:
Was ist noch schlimmer als ein narzißtischer Idiot? Ein narzißtischer Idiot mit dem Finger am Knopf für die Atombombe.
Aber auch ihm scheint die Sonne (auf seinen Golfplatz) und zwitschern die Vögel.

 Dieter Wal meinte dazu am 14.08.20:
Terminator: "Was ist schlimmer als ein Idiot? Ein narzisstischer Idiot."

Der war gut.

 Graeculus meinte dazu am 14.08.20:
Und wahr.

 Dreamer (11.08.20)
Zwischen Weißrussland und den Vögeln ist noch 'ne Menge Platz...

Gruß, Dreamer

 Graeculus meinte dazu am 11.08.20:
Zu unserem Glück?

 DanceWith1Life (11.08.20)
die Welt ist ein Clown

der eine tiefe Depression
mit Schminke behandelt
und sich dann vor ein ausgemergeltes Publikum stellt
und weint,
in der Hoffung alle finden das lustig

ist es das was du "bunt" nennst?

 Graeculus meinte dazu am 11.08.20:
Auslöser war ein gestern veröffentlichter Text mit der Tendenz, die Welt sei nicht nur schwarz und weiß. Nein, sie ist bunt, bunt wie die Vögel, aber darum ergibt sie noch lange keinen Sinn.

 DanceWith1Life meinte dazu am 11.08.20:
ich weiß, ich hab den Text auch kommentiert, und deiner Schlußfolgerung stimme ich zu, der Sinn ist keine Frage der Vielfalt der Farbwahrnehmung.

 Dieter Wal meinte dazu am 18.08.20:
@DanceWith1Life: Zu Deinem Clown-Kommentar: https://www.keinverlag.de/340138.text

"Tiefe" ist lebensgefährlich, doch so man ihr nicht erliegt, offenbart sie eine Lebendigkeit mit farbenfrohen Nuancen, die man vorher für völlig unmöglich gehalten hätte.

 Dieter_Rotmund (14.08.20)
Ja, und wie geht es weiter?
Schöne Einleitung für einen längeren Text (dann natürlich kein Apho mehr).

 Graeculus meinte dazu am 14.08.20:
Dann käme eine Geschichte heraus, die es bereits gibt: "Die Stachelbeeren" von Anton Tschechow.

 Dieter Wal (14.08.20)
Für mich ist das Gelb des Löwenzahnes im Frühling und das Weiß von dessen Pusteblume tröstlich. Doch auch der ehemals in Rumänien aufgewachsene Straßenhund, der sich überlebensnotwendig angewöhnte, sich für alles zu interessieren und entweder sich ängstlich bei Gewitter zu verstecken oder mit Freude und Kraft zu jagen, würde man ihn lassen, ist ein Gewinn, da er sich mich als Lieblingsmensch aussuchte. Er denkt erstaunlich weit und beobachtet beispielsweise Wolkenformationen, um Wetterprognosen zu erlangen. Doch an sich beobachtet er wirklich alles genauestens. Ich glaube als "Moralist" an den Sieg des Guten aus Prinzip. Nicht weil es wahr wäre, sondern weil mir in anderen Fällen der nötige Optimismus fehlt, sinnerfüllt zu leben.

 Graeculus meinte dazu am 14.08.20:
Du hast so einen Hund? Das wäre gut von Dir.

Muß man Optimist sein, um sinnerfüllt (was immer das sein mag) zu leben? Ein Optimist gerät doch ständig in Konflikt mit dem Realitätsprinzip: immer wieder fällt er auf die Nase. Und ja, er steht dann immer wieder auf.

Mein Vorbild in puncto Leben ohne optimistische Illusionen ist Samuel Beckett (neben einigen anderen großen Pessimisten). Das erfordert freilich einen speziellen Humor.
"Ever failed? No matter. Try again. Fail again. Fail better."

 Dieter Wal meinte dazu am 15.08.20:
Ich hatte einen Lehrer namens Ludwig Asmalsky im Coburger Gymnasium Albertinum. Er hatte die heute noch historisch als Standardwerk gültige Arbeit über Coburg im 3. Reich geschrieben, durch die er die Zulassung zum Lehramt an Gymnasien erhielt. Du findest sie im Internet. Er zitierte manchmal Platon oder das Neue Testament im griechischen Original. Er war zu Schülern grenzenlos empathisch und rücksichtsvoll, jedoch zu Vorgesetzten zuweilen in Worten völlig unnötig undiplomatisch, was ihm sein Leben leider erschwerte. Mich erinnerte er an Diogenes und Heraklit, zwei Philosophen, die ich liebe. Ich gehe davon aus, dass er nicht nur mich, sondern ganze Generationen durch sein Vorbild prägte. Daher bin ich pessimistischer Zweckoptimist. Kritisches Denken hat Priorität, Bildung ist wichtig. Ich möchte Menschen ermutigen, das Leben als Möglichkeit wahrzunehmen, die Schönheit der Welt zu erfassen und aus Krisen zu lernen. Das Leben ist der höchste Wert an sich.

 Graeculus meinte dazu am 15.08.20:
Die Annahme, daß das Leben der höchste Wert sei, hat viel für sich, weil es ja ohne Leben als Voraussetzung keine Möglichkeit gibt, irgendwelche anderen Werte zu leben.
Dennoch kann ich dem letztlich nicht zustimmen, weil mir das Leben um jeden Preis nicht als Wert erscheint, d.h. es gibt Umstände, unter denen ich das Leben aufgäbe. Das gilt freilich nur für mich selber, d.h. ich spreche damit keinem anderen Menschen das Leben ab.

 Dieter Wal meinte dazu am 16.08.20:
Siehe Psalm 91. Ich sehe es eher aus der Überlebendenperspektive. Körperliche Gewalt gegen Menschen, wozu ich mich hoffentlich zurecht auch selbst zähle, ist nur die absolut letzte Möglichkeit, um das Überleben anderer zu gewährleisten (Notwehr). Ich wurde in Karate ausgebildet, Angriffe abzuwehren und "Feinde" zu töten. Und verabscheue Gewalt. Lebensmut wecken. Seelsorge ist eine wundervolle Arbeit.

 Dieter Wal meinte dazu am 16.08.20:
"Mein Vorbild in puncto Leben ohne optimistische Illusionen ist Samuel Beckett (neben einigen anderen großen Pessimisten). Das erfordert freilich einen speziellen Humor.
"Ever failed? No matter. Try again. Fail again. Fail better."

Herzlichen Dank für das wunderschöne Zitat.

Beckett nicht einzig als Pessimist finde ich auch sehr sympathisch. Zum Glück durfte ich mehrfach eine beklemmend geniale Inszenierung des Coburger Landestheaters unter Dr. Tebbe Harms Kleen von "Warten auf Godot" erleben. Der mir liebste Pessimist ist Prediger Salomo der Bibel. Beckett schrieb mindestens so luzid wie Prediger Salomo und konnte auf die dem Prediger folgende Kulturgeschichte zurückgreifen. Heraklit mit messerscharfer Sprach-Logik ist mir mindestens so lieb wie Leonardo da Vinci, der beispielsweise wundervoll ätzend sarkastisch-aufklärerische Kommentare über Alchemisten seiner Zeit abgab. Pessimisten waren beide keine. Rationalisten trifft es eher. Ist Pessimismus wichtig? Die Welt und uns möglichst illusionslos wahrzunehmen, finde ich sinnvoll. Dadurch nicht zum "armen Hirnhund, schwer mit Gott geplagt" zu werden, ist ein Ziel. Die Vögel Deines Aphorismus haben es wirklich gut.

Antwort geändert am 16.08.2020 um 10:17 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 16.08.20:
Oh, der Kohelet ist auch mir lieb und teuer. Und Heraklit ebenso. Ob man sie als Pessimisten klassifiziert, ist eine Frage der Definition von "Pessimismus". Diejenige, die ich meinem Buch über Optimismus und Pessimismus zugrundegelegt habe, ist die: Die Welt ist nicht so, wie sie sein sollte. Sein und Sollen klaffen auseinander.
Diese Einstellung gibt es seit dem 1. Jahrhtausend v.u.Z., und sie hat zu vielfältigen Reaktionen von Menschen geführt, welche die Hoffnung, Sein und Sollen könnten in Einklang gebracht werden, nicht aufgeben, also etwas von ihrem Optimismus (Hoffnung!) bewahren wollen: sei es, daß sie dieses Ziel in ein Jenseits verlagern (Mainstream-Religionen), daß sie es in ihr Inneres verlegen (Mystik) oder sei es, daß sie es auf Erden für herstellbar halten (Kant, Hegel, Marx).

Dabei scheint der Befund, daß die Welt, wie sie ist, unseren moralischen Maßstäben nicht entspricht, unstrittig.
Mann kann dann natürlich auch - wie Nietzsche es tut - die moralischen Maßstäbe einer "Umwertung der Werte" unterziehen.

 Dieter Wal meinte dazu am 17.08.20:
"Diejenige, die ich meinem Buch über Optimismus und Pessimismus zugrundegelegt habe, ist die: Die Welt ist nicht so, wie sie sein sollte. Sein und Sollen klaffen auseinander.
Diese Einstellung gibt es seit dem 1. Jahrhtausend v.u.Z., und sie hat zu vielfältigen Reaktionen von Menschen geführt, welche die Hoffnung, Sein und Sollen könnten in Einklang gebracht werden, nicht aufgeben, also etwas von ihrem Optimismus (Hoffnung!) bewahren wollen: sei es, daß sie dieses Ziel in ein Jenseits verlagern (Mainstream-Religionen), daß sie es in ihr Inneres verlegen (Mystik) oder sei es, daß sie es auf Erden für herstellbar halten (Kant, Hegel, Marx)."

 Jetzt hast Du mein Interesse geweckt. Böser Graeculus!

Epiphanien können sich intraspektiv ereignen, doch ist das längst nicht alles.

Ich hätte gern ein von Dir signiertes Buch. Ok?

Antwort geändert am 17.08.2020 um 16:50 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 17.08.20:
Gern. Wie stellst Du Dir das technisch vor? Ich könnte Dir ein Exemplar mit Widmung schicken, und Du überweist mir die 29 Euro plus Porto.

 Dieter Wal meinte dazu am 17.08.20:
Prima. Bitte Bankverbindung per Email oder kV-PM, wenn möglich. Dann erhältst Du das Geld auf Vorkasse. Vielen Dank!!

Antwort geändert am 18.08.2020 um 00:47 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 18.08.20:
Ich werde mich über E-Mail melden.

 AvaLiam (15.08.20)
Wer weiß, was die zwitschernden Zeitgenossen uns so alles erzählen....

...manchmal sitze ich am offenen Fenster in der Früh und lausche den Vogellauten...stelle mir vor, woher sie kommen und wohin sie fliegen...was sie alles sehen...und dann ist es beinahe so, als ob in dem Zwitschern der Lauf der Welt läge...

In den letzten Jahren mischte sich oft ein dreckiges Krächzen darunter und wird von Frühling zu Frühling immer lauter.

"Wenn das weiter so geht und das blöde Viehzeug weiter so herumpiepst und krakelt, sind wir bald alle (ganz) taub."

Wobei es ja manchmal schon ganz schön ist, vom Lärm der Welt nichts zu hören.

Liebe Grüße - Ava

 Graeculus meinte dazu am 15.08.20:
Da hast Du Dir lebhafte Gedanken zu den Vögeln gemacht. Zu ihrem Glück wissen sie so gar nichts vom Libanon und von Belarus. Und das unterscheidet uns von ihnen.

 Schüttelfrost (16.01.22, 21:12)
Dein Aphorismus erinnert mich ein bisschen an Goethes "Ein Gleiches". Nur wesentlich weniger poetisch

 Graeculus meinte dazu am 16.01.22 um 23:36:
Was Poesie angeht, so bin ich Goethe etwas unterlegen.

 Dieter_Rotmund (17.01.22, 11:51)
Schön, dass man "Libanon" und "Belarus" jederzeit problemlos gegen andere Bezeichnungen austauschen könnte. So ist er, der Mensch.

 Graeculus meinte dazu am 17.01.22 um 17:50:
Man kann das gegen eine Menge anderer Beispiele austauschen. Und wenn ich Thukydides lese, dann weiß ich: seit Tausenden von Jahren.

 Graeculus meinte dazu am 13.08.22 um 16:46:
Eben nochmal gelesen. Heute würde man schon ganz andere Beispiele einsetzen, aber die Vögel zwitschern immer noch.

 eiskimo (13.08.22, 17:21)
Klingt völlig harmlos, Dein Satz. Aber die Kommentare haben es in sich, auch mit großem zeitlichen Abstand gelesen.

 Graeculus meinte dazu am 14.08.22 um 16:45:
So harmlos ist mein Satz gar nicht gemeint - eher als Anregung oder Kritik für diejenigen, die nur auf die niedlichen Vögel schauen.
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