ABSCHIED

Szene zum Thema Leben/Tod

von  regenfeechen

ABSCHIED

Das Zimmer ist abgedunkelt. Der Tag neigt sich dem Ende zu.
Ich schaue dich an. Anschauen können wir uns nicht mehr.

Betäubt durch die Medikamente, die dir die Schmerzen nehmen bist du in einer anderen Welt gefangen. An anderen Tagen haben sie Ruhe, Schlaf geschenkt.
Aber heute ist alles anders.

Der Arzt sagt es geht zu Ende, nur noch ein paar Stunden.
Unruhig bewegst du dich, murmelst etwas, nicht zu verstehen.
Dein Körper ist ausgemergelt, der Krebs hat dich all deiner Energie beraubt. Die Augen liegen tief in den Augenhöhlen.Jeder einzelne Knochen unter der fahlen blassen Haut ist zu sehen.Es tut weh, dich so zu sehen.

Abwechselnd sind deine drei Kinder, dein Mann und ich bei dir.
Halten deine Hand, streicheln dir über den Arm, leise Worte.
Ein Versuch dir ein wenig Ruhe,Halt und Trost zu geben.
Vielleicht kann dir dein Glauben helfen? Und so spreche ich laut das Vater Unser.
Mit einem tiefen Seufzer antwortest du. Ist das Gebet bei dir angekommen?
Macht es den Weg in die neue Welt leichter, dein Glaube, das Gott nun bei dir ist?
Wir können nur so wenig tun, einfach da sein.
Dich los lassen und dir Mut machen, den so schweren Weg zu gehen.

Nun ist dein Mann bei dir.
Letzte Stunden eines langen Lebens miteinander, so viel habt ihr gemeinsam erlebt
und geschafft. Nun heißt es Abschied nehmen. So schwer….

Ich gehe in die Küche zu den anderen.
Einander anschauen, gegenseitig Halt und Trost geben , in den Arm nehmen.
Hoffen, das die Mutter es bald überstanden hat.
Alle sind gefasst und ruhig, denn es ist eine Erlösung von einer schweren Krankheit, die schon so lange dauert. So lange musstest du so sehr leiden.
Für den Vater ist es besonders schwer, 38 Jahre Ehe und nun ist er bald allein.
Nein, nicht ganz allein, die drei Kinder sind da, aber dennoch verliert er seine Frau, die ein Leben lang bei ihm war.

Mit Tränen in den Augen kommt er zu uns,  gebeugt von dem harten Schicksal.
Es gibt keine Worte für dieses Leid.
Es wird nicht mehr lange dauern, sagt er.
Alle zusammen gehen wir in das Schlafzimmer.
Auf dem Ehebett ist viel Platz und wir setzen uns ringsherum auf dem Bett nieder.
Noch einmal nahe sein, die Mutter fühlen lassen, das wir da sind.

Liebe Worte, streicheln, leise miteinander reden.
Jeder für sich Abschied nehmen.

Die Mutter wird ruhiger, fühlt sie es, das alle bei ihr sind?
So hat sie  es sich gewünscht.
Der letzte Atemzug.
Sie hat es geschafft.
Wir lassen ihren Mann mit ihr alleine.
Im Wohnzimmer sitzen wir noch eine Zeitlang beieinander.
Reden, in den Arm nehmen, Trost und Liebe geben.

Er war schwer der Abschied von der Mutter.


Anmerkung von regenfeechen:

Menschen gehen lassen

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Kommentare zu diesem Text

Sätzer (77)
(24.08.20)
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 regenfeechen meinte dazu am 24.08.20:
Es wäre schön, wenn es jedem Menschen ermöglicht werden könnte. Zumindest jedem, der es sich wünscht.
LG

Und danke, euch allen, für eure Empfehlungen

Antwort geändert am 24.08.2020 um 22:07 Uhr
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