Rückwärts und mit den Vögeln sprechen

Anekdote zum Thema Mitmenschen

von  Graeculus

Eine Merkwürdigkeit ist es, daß die Vögel, die ich auf unserem Balkon füttere, mir auch nach Jahren noch nicht recht trauen. Sie belagern regelrecht das Vogelhäuschen, doch wenn das Futter darin ausgegangen ist und ich es nachfüllen möchte, dann applaudieren sie mir keineswegs, sondern flattern bei meinem Erscheinen auf dem Balkon aufgeregt davon. Erst wenn ich weg bin, kommen sie wieder.

Daran ist nichts zu ändern, denn ich spreche ihre Sprache nicht.

Nun habe ich in einer Pforzheimer Gastwirtschaft einen beeindruckenden Mann kennengelernt, der sich – ungewöhnlich genug – mir mit dem Namen Lufu vorstellte. Er war etwa von meinem Alter, hatte aber einen gütig-freundlichen Blick, woran es bei mir schon hapern mag. „Lufu“ erklärte er mir als „lustiger Fuchs“, was ja an sich bei Vögeln kein spontanes Zutrauen auslösen sollte. Lufu behauptete nun, er spreche die Sprache der Vögel. Das wollte ich (als ein skeptischer Mensch, der ich nun mal bin) ihm nicht ohne weiteres glauben, doch er führte es mir und den anderen Gästen gleich vor, so daß in der Gastwirtschaft die üblichen Gespräche verstummten und die Atmosphäre der einer gemischt besetzten Vogelvoliere glich.

Damit waren Lufus Fähigkeiten aber noch keineswegs erschöpft. Vielmehr berichtete er, er sei früher häufiger in Fernsehsendungen aufgetreten, etwa in „Wetten, daß ...?“ oder bei Pro7 – und zwar nicht als Vogel, sondern als jemand, der einen beliebigen Satz unverzüglich rückwärts nachsprechen konnte. Etnnok nehcerpshcan sträwkcür hcilgüzrevnu ztaS negibeileb nenie red, dnamej. Fehlerfrei, soweit ich das nach dem Konsum einer Flasche Rotwein beurteilen konnte.

Was die Vögel dazu sagen würden, wenn Lufu seine beiden Kunstfertigkeiten miteinander kombinierte, er also ihren Gesang rückwärts zwitscherte, weiß ich nicht. Imponierend waren Lufus Demonstrationen auch so.

Jedenfalls übe ich mich jetzt im Imitieren von Vogelstimmen, um ein Vertrauensverhältnis zu den gefiederten Kerlchen auf unserem Balkon aufzubauen – bisher leider ohne Erfolg; möglicherweise war es ein Fehler, mit dem Schrei des Habichts zu beginnen, bloß weil der mir relativ einfach erschien. Rim nov dölb.

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text


 FrankReich (09.10.20)
Hcstauq, das war reiner Egoismus von Dir, guckst Du: habICHt. 🥳
Ciao, Frank

 Graeculus meinte dazu am 09.10.20:
Dann wäre wohl ein DUssard besser gewesen.

 EkkehartMittelberg (09.10.20)
Graeculus, du bist ein wahrer Afu, ein Anekdoten-Fuchs. Versuch doch einfach mal bei den Vögeln rückwärts zu sprechen. Wenn sie dich verstehen, kannst du dich steigern und beim V..... ........ ........... . Das gäbe wieder Stoff für eine neue Anekdote.
Amüsierte Grüße
Ekki

 AchterZwerg antwortete darauf am 09.10.20:
Pfui! :(


 Graeculus schrieb daraufhin am 09.10.20:
Meinem Vater, einst bei der Luftwaffe, war der Spruch geläufig: "Ihr sollt fliegen wie die Vögel, nicht vögeln wie die Fliegen!"
In diesem Sinne: Pfui!

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 09.10.20:
Verzeih mir die flapsige Bemerkung. Du verlierst jedenfalls den Humor nicht.

Antwort geändert am 09.10.2020 um 16:33 Uhr

 Graeculus ergänzte dazu am 09.10.20:
Ach, auf dieser Ebene, lieber Ekkehart, wird halt geflapst und zurückgeflapst.
(Ich benutzte nur keine Emotica; die mußt Du Dir dazudenken.)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.10.20:
Noch einmal danke für deine Nachsicht.

 AchterZwerg (09.10.20)
Das nenne ich ein elegant formuliertes Teilchen. :)
Noch dazu sehr schön pointiert.

 Graeculus meinte dazu am 09.10.20:
Dank sei Lufu (den es wirklich gibt und dem ich wirklich begegnet bin) - da kam die Inspiration wie von selber. Der Rest ist: eine Pointe setzen.

 LottaManguetti (09.10.20)
Da mag man gern zuhören, wenn der Sulucearg erzählt - lesen geht auch. :D

Toll!

Mehr davon!

Grüßle vonne Lotta

 Graeculus meinte dazu am 09.10.20:
Ich könnte ja ganze Geschichten rückwärts erzählen. Das würde meine Popularität in arabischen Ländern schlagartig erhöhen.

Gruß von Sulucearg

 Dieter Wal (09.10.20)
Bete zum hl. Franz und für Bluebird und tiriliere.

 Graeculus meinte dazu am 09.10.20:
Eine reizvolle Figur, der heilige Franziskus. Wie mag er das angestellt haben?
Mir dagegen ergeht es so wie schon Wilhelm Busch:
Ich rief: "Komm, Spatz, ich füttre dich!"
Er faßt mich scharf ins Auge.
Er scheint zu glauben, daß auch ich
Im Grunde nicht viel tauge.

 LotharAtzert (09.10.20)
Hier pfiffen es heute morgen die Spatzen von den Dächern, daß Hadrian als Graeculus reinkarniert sei. Ich frug sie, ob sie selbst Teil deiner Legionen von damals waren, da entstand ein Geschrei und ich konnte mich nur noch durch raschen Rückzug vor einem Trommelfellriß schützen.

Ave
Rahthol Trezta

 Dieter Wal meinte dazu am 09.10.20:
"Hadrian als Graeculus reinkarniert sei." Nicht wahr. Ditte Epikur!

 Graeculus meinte dazu am 09.10.20:
Und wo, bitte, bleibt mein Antinoos?

 Graeculus meinte dazu am 09.10.20:
Aber die Spatzen als meine Legionen, das hat etwas! Danke für den Einfall.

 LotharAtzert meinte dazu am 09.10.20:
Auszug aus Wikipedia:
"In der spätantiken Historia Augusta, einer Sammlung von Kaiserbiografien, deren Angaben allerdings mit größter Vorsicht zu benutzen sind, wird dagegen die Ansicht vertreten, dass sich Antinoos in den Suizid flüchtete, um sich den übermäßigen sexuellen Nachstellungen Hadrians entziehen zu können …"

Du hast's verkackt.

 Graeculus meinte dazu am 09.10.20:
Du Schlitzohr übergehst, daß selbst die Historia Augusta das nur als eine von zwei möglichen Erklärungen angibt.
Und Cassius Dio schreibt:
Antinous stammte von Bithynion, einer Stadt Bithyniens, die wir auch Klaudiopolis nennen. Er war ein Liebling des Kaisers [Hadrian] gewesen und hatte in Ägypten den Tod gefunden, entweder durch einen Sturz in den Nil, wie Hadrian schreibt, oder weil er sich, wie es der Wahrheit entsprach, opferte. Denn Hadrian war stets [...] sehr wißbegierig und bediente sich aller möglichen Weissagungen und Zauberformeln. Daher ehrte er den Antinous, sei es aus Liebe zu ihm, sei es, weil der junge Mann freiwillig den Tod gesucht hatte – es mußte nämlich ein Leben zur Erreichung der Ziele Hadrians freiwillig hingegeben werden – durch Errichtung einer Stadt an der Stelle, wo jener sein Schicksal erlitten hatte, und nannte sie nach ihm.
Ein Opfertod für eine große Liebe vielleicht?
Jedenfalls eine der interessantesten Liebesbeziehungen unter Männern aus der Antike.
Fisch (55)
(09.10.20)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Graeculus meinte dazu am 09.10.20:
Oja, ein Bindewort kann manches hergeben. So bedeutungsvoll wie das berühmteste "und" der deutschen Literaturgeschichte ist es hier freilich nicht.
Fisch (55) meinte dazu am 10.10.20:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Graeculus meinte dazu am 10.10.20:
Die nicht, aber Fix und Foxi.
Ich dachte jedoch an Hölderlin: "Nah ist und schwer zu fassen der Gott." Über dieses 'und' soll es schon ganze Seminare gegeben haben.

 TrekanBelluvitsh (10.10.20)
Ist natürlich schade, dass man die Vögel nicht verstehen kann. Aber was spricht eigentlich dagegen, dass die den selben Scheiß reden wie die Menschen? So kann st du wenigstens noch das Ellevsinmieheg genießen.

 Graeculus meinte dazu am 10.10.20:
Aber was spricht eigentlich dagegen, dass die den selben Scheiß reden wie die Menschen?
Sicher sein kann man da nicht, aber zumindest geben sie keine Interviews für die Sportberichterstattung.
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram