Rationale Argumentation versus Gotteserfahrung

Essay zum Thema Wahrheit

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)
 
Wer war ich denn, dass ich behauptete, rationale Argumente seien die einzig zulässige Art von Argumenten? Neben naturwissenschaftlichen Erkenntnissen gäbe es noch andere Arten des Wissens ... (beispielsweise) die persönliche, subjektive Gotteserfahrung. ( „Gotteswahn“ S. 217)
  Selbstredend hält Richard Dawkins dieses „Wissens-argument“ für Unsinn. Wo kämen wir denn hin, wenn wir subjektiv-behaupteten Erfahrungen ungeprüft und unbewiesen einen objektiven Wahrheitsstatus zuerkennen würden?
Oder glaubt etwa jemand, dass Aliens Menschen entführen, untersuchen und dann wieder frei lassen? Ist es nicht viel wahrscheinlicher, dass solche Geschichten frei erfunden oder aber innerpsychische Vorspiegelungen, Psychoseerfahrungen und oder Vorspiegelungen des Gehirns sind?

Nun ist diese Argumentation nicht ganz von der Hand zu weisen. Ich wäre auch nicht bereit irgendwelche mir absurd erscheinenden Erfahrungsberichten per se mit einen Wahrheitssiegel zu versehen.
Aber habe ich das Recht etwas, was mir jemand erzählt und nicht meiner Erfahrungswelt entspricht, einfach so als Unsinn abzutun? So erzählte mir 1987 eine mir gut bekannte und noch lebende Frau folgende Geschichte:

Einige Jahre zuvor war ihr Mann plötzlich an Krebs erkrankt und die ärztlichen Prognosen waren nicht gut. Er, ein gläubiger Christ, wollte dies keineswegs akzeptieren. Er fühlte sich zu jung zum Sterben und so bat er, zusammen mit seiner Frau, in inständigem Gebet Gott um Heilung. Und auch in ihrer Düsseldorfer Pfingstgemeinde wurde intensiv für ein Wunder gebetet.
      „Als ich eines Tages vom Einkaufen nach Hause kam,“ sagte die Frau, „sah ich vom Flur aus unser Wohnzimmer hell erleuchtet. Aber von einer solchen strahlenden Helligkeit, dass es nicht von unseren Lampen kommen konnte. Ich wagte nicht das Zimmer zu betreten.“
    Später, als das Licht verschwunden war, tat sie es dann. Ihr Mann saß in seinem Lieblingssessel, schaute sie an und sagte: „Jesus war gerade hier. Er hat mir gesagt, dass ich meinen Kampf gegen den Krebs aufgeben solle. Er wolle mich heimholen.“ Der Mann starb einige Zeit später.

Gedankenimpuls:
Gut, der Mann ist gestorben, und die Frau die einzige Zeugin. Sie kann dieses Erlebnis nicht beweisen. Aber muss es darum falsch sein? Die Geschichte erfunden oder aber eine geschickte Inszenierung ihres Mannes sein?
Haben wir ein Recht solche Geschichten als Unsinn abzutun? Besonders wenn sie, wie in dem hier geschilderten Falle, um eine sehr seriöse und bodenständige Frau handelt? Also es auch keinen sonstigen Anlass gibt, an ihrer Glaubwürdigkeit zu zweifeln?
  Wäre es nicht sinnvoller die Sache offenzulassen und mit einem "Schon möglich -Vermerk" zu versehen?

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (16.10.20)
Die Geschichte und die Welt sind voll von Berichten über Wunder, d.h. über Ereignisse, die mit den bekannten Naturgesetzen nicht in Einklang zu bringen sind.
Womit Du argumentativ überhaupt nicht klarkommst, ist der Umstand, daß sich solche Wunder in keiner Weise auf die christliche Religion beschränken. Manche ereignen sich sogar völlig unabhängig von einem religiösen Kontext.

Dem begegnest Du allenfalls mit einer hypothetischen Unterscheidung zwischen Gott und Dämonen. Wen soll das überzeugen - außer jemanden, der eh schon an das einzig wahre Christentum glaubt?

"Es gibt Wunder, aber richtige Wunder gibt es nur im Christentum, in allen anderen Fällen handelt es sich um dämonische Einwirkungen" - das ist ganz unplausibel.

 Bluebird meinte dazu am 16.10.20:
Das eigentliche Problem ist doch, dass viele ein Schwierigkeiten damit haben, Wunder durch wirkmächtige übernatürliche Wesen überhaupt erst einmal anzuerkennen oder zumindest als Möglichkeit gedanklich zuzulassen.
Sondern genau die von dir aufgezeigte Tatsache des berichteten Auftauchens von Wundern ( und Erscheinungen) in unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Kontexten als Argument benutzen: "Daran sieht man doch, dass das alles Blödsinn ist!"

Nein, daran sieht man nur, dass es a) entweder an gedanklicher Schärfe oder aber b) an wirklicher Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit diesem Thema fehlt.

Antwort geändert am 16.10.2020 um 09:37 Uhr

 Graeculus antwortete darauf am 16.10.20:
Wunder durch wirkmächtige übernatürliche Wesen
Davon habe ich nicht geredet, dazu habe ich nichts zugestanden! Ich spreche - s.o .- nur von Ereignissen, die mit den bekannten Naturgesetzen nicht zu erklären sind.
Das sind Phänomene - Du redest von Deutungen dieser Phänomene.

 LotharAtzert schrieb daraufhin am 16.10.20:
Die ursprüngliche Antwort wurde am 16.10.2020 um 13:26 Uhr wieder zurückgezogen.

 Bluebird äußerte darauf am 16.10.20:
"Aufgewärmte Linsengerichte" mag er nicht! Oder doch?

 Dieter Wal (16.10.20)
In meinen Augen geht es nicht darum, ob Wunder oder keine Wunder, sondern für wundergläubige Religiöse, in welcher Weise sie dem Irrationalen in ihrem Leben Raum zugestehen.

Ich mag die "Heilig-Nüchternen" (Hölderlin: Hälfe des Lebens) lieber als die so gut wie gänzlich ihres Verstandes verlustig Gegangenen. Solche dämonisieren dann gern auch den Islam oder predigen einen Dämon als Gott und anderen Schwachsinn. Zurück zum Verstand!

 DanceWith1Life (16.10.20)
Schuhe binden musste ich lernen und ich kann mich sogar daran erinnern, dass es beim ersten Versuch überhaupt nicht funktionierte( falls ich die Erinnerung daran wie mein Kind es lernte nicht irrtümlich in eine solche umgewandelt habe, weil ich das Gefühl wiedererkannte), die Erde schön finden musste ich nicht lernen und ich wüsste auch nicht wie man mir das hátte beibringen sollen. Viel später sollte ich dann Religion lernen und es war fast schlimmer als Schuhe binden.

 Regina (27.10.20)
Oft habe ich bei deinen Wundererzählungen den Eindruck, dass du oder deine Protagonisten einer Täuschung aufsitzen. D.h. ich zweifle nicht daran, dass es diese Begegnungen, Lichterscheinungen oder Zusammenhänge gibt, aber ich halte es für fraglich, ob da wirklich Gott oder Jesus dahinterstecken. Es könnten auch Dämonen, die eigene Wahrnehmungsverwirrung oder der "Devil in disguise" sich einen Schabernack mit dem gutgläubigen Bluebird erlauben. Immer hältst du Gott für einen, der von außen auf dich zukommt. Den immanenten Geist, der eher in deinem Unterbewusstsein wohnt, klammerst du aus. Folgen wird dir in deinem missionarischen Trachten eh keiner, LotharA, Graeculus, Ferris, DieterWal, loslosch und andere haben sich ihre Meinung schon gebildet. Das macht Diskussionen zum Schattenboxen. LG Gina

 Regina (27.10.20)
Der ursprüngliche Kommentar wurde am 27.10.2020 um 18:13 Uhr wieder zurückgezogen.

 Regina (27.10.20)
Kommentar geändert am 27.10.2020 um 18:13 Uhr

Kommentar geändert am 27.10.2020 um 18:14 Uhr
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