Der Baptismus - oder die Wiederentdeckung der Glaubenstaufe
Essay zum Thema Vergangenheit und Zukunft
von Bluebird
Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text
Die Glaubens- oder Erwachsenentaufe ist ein guter Reformvorschlag. Man müßte dazu allerdings eine bestimmte Glaubensüberzeugung (katholischerseits m.W. ein Dogma) aufgeben: daß alle ungetauften Menschen in die Hölle und keinesfalls in den Himmel kommen. So lautete nämlich das 'Argument' für die Kinder- bzw. Säuglingstaufe.
Konsequenterweise müßte man auch über die Beschneidung bei Juden und Moslems nachdenken, die nach Auffassung einiger Juristen sogar den Tatbestand der Körperverletzung erfüllt und ganz gewiß nicht auf der Glaubensentscheidung eines mündigen Menschen beruht.
Konsequenterweise müßte man auch über die Beschneidung bei Juden und Moslems nachdenken, die nach Auffassung einiger Juristen sogar den Tatbestand der Körperverletzung erfüllt und ganz gewiß nicht auf der Glaubensentscheidung eines mündigen Menschen beruht.
Diese Vorstellung, dass eine formal-sakramentale Handlung einen himmelsförderlichen Effekt habe, ist tatsächlich katholischer Natur ... persönlich war ich immer der Ansicht, dass der persönliche Glaube mit der sakramentalen Handlung verbunden sein sollte ... reiner Formalismus wenig zielführend sein dürfte ...
Ich lehne übrigens die Kindtaufe im Sinne einer "Weihung" jetzt auch nicht unbedingt ab!
Ich lehne übrigens die Kindtaufe im Sinne einer "Weihung" jetzt auch nicht unbedingt ab!
Das Problem ist, dass die Glaubenstaufe voraussetzt, dass man eine bewusste Entscheidung treffen kann: "Ich bin Christ" - dazu gehört auch die Möglichkeit, zu sagen: "Ich bin kein Christ". Im mittelalterlichen Denken Europas war diese letztere Option aber gar nicht gegeben. Es galt als selbstverständlich, dass man nur (offiziell zumindest) Christ sein konnte, wenn man nicht sowieso in eine Minderheit mit anderer Religion hineingeboren war (Juden, Moslems). Und weil man quasi nur Christ sein konnte als Angehöriger des Mehrheitsvolkes, konnte man auch gleich jeden nach der Geburt taufen. Außerdem gab und gibt es, wie schon richtig erwähnt, diverse Aberglauben in Richtung "ungetaufte Kinder landen im (für das Mittelalter typischen) frühen Todesfall auf der dunklen Seite der Schöpfung". Sei es Hölle, irgendwelche kleinen Teufelskräfte hier auf der Erde werden oder was auch immer in der Art. Wer könnte so etwas einem Kind wünschen? Niemand.
Ja, im mittelalterlichen Denken Europas galt sozusagen jeder automatisch als Christ, wurde man demzufolge auch als Christ geboren ... und auch noch zu meiner Schulzeit war man entweder katholisch oder evangelisch getauft
Ja, im mittelalterlichen Denken Europas galt sozusagen jeder automatisch als Christ [...]
Eine freie Wahl des Glaubens war - so oder so - nicht vorgesehen. Atheismus erst recht nicht.
Und die freie Wahl des Glaubens, wie sie heute besteht, mußte gegen die Kirchen erkämpft werden.
Was aber passiert, wenn ein Baptistenkind mit 14 oder 15 sagt: "Nee, Mama, Papa, nee, ich will nicht!"?
Und übrigens: Kennen nicht auch Jeohvas Zeugen nur die Erwachsenentaufe?
Ein Baptistenkind wird erst dann getauft, wenn es dies auch wirklich will ... denn nach baptistischem Verständnis macht eine Taufe wenig Sinn, wenn der echte Glaube fehlt.
Die Zeugen Jehovas taufen erwachsen, aber nicht trinetarisch, wie ich heute gelesen habe
Die Zeugen Jehovas taufen erwachsen, aber nicht trinetarisch, wie ich heute gelesen habe
"Was aber passiert, wenn ein Baptistenkind mit 14 oder 15 sagt: "Nee, Mama, Papa, nee, ich will nicht!"?"
Dann wird das Kind sicher nicht gezwungen. Anders bei Zeugen Jehovas. Dort wird das Kind verstoßen und innerreligiös geächtet. Es darf niemand mehr der Konfession mit diesem Mensch reden.
Dann wird das Kind sicher nicht gezwungen. Anders bei Zeugen Jehovas. Dort wird das Kind verstoßen und innerreligiös geächtet. Es darf niemand mehr der Konfession mit diesem Mensch reden.
Aber die Zeugen Jehovas haben immerhin den Vorteil, dass sie nicht an die Hölle glauben. Sprich, wer aus der Organisation verstoßen wurde, aber die Ideologie ganz oder teilweise für wahr hält - darf sich zwar auf die Vorstellung gefasst machen, Gott finde ihn, als Abtrünnigen, ab jetzt zum Kotzen. Ich glaube, das halten die auch für unumkehrbar. Aber: "Gott findet dich zum Kotzen" heißt für einen ZE "Du kannst vergessen, ins Paradies zu kommen, sondern stirbst für immer, wenn du stirbst". Aber nicht "Du wirst für immer leiden".
Ja, die Baptisten haben - nach meiner Beobachtung - im Allgemeinen eine gute Mischung zwischen engagiertem Glauben und gesellschaftlicher Bodenhaftung hinbekommen