Mit Zins und Zinseszins

Epos zum Thema Charakterisierung/ Charakteristik

von  LottaManguetti

1

Der Mond verschwimmt im tiefen Meer der Funken;
erst einmal haben Menschen ihn betreten –
ein Gruß an ihren blauen Erdplaneten.
Sie taumelten und winkten freudetrunken.

Stolz weht die Flagge der Besatzungsmächte;
sie piekte ihn nur an der Oberfläche.
Ich glaub, der Mond, der Gute, widerspräche,
wüsst' er die wahren Gründe dieser Knechte.

Wie stets im Leben glaubt der Mensch ans Siegen,
und wieder mal scheint er verkehrt zu liegen:
verirrt, glaubt er (der Mensch) den Mond, den knack' er.

Was will er denn, der Erdenwurm, der flüchtig?
Der Mond schaut stumm nach nebenan, wo tüchtig
Herr Mars pflügt heuer seinen roten Acker:

2

Herr Mars pflügt heuer seinen roten Acker.
Der Boden taugt durchaus nach all den Jahren
dazu, ein Dutzend Menschen aufzubahren,
die unterwegs zu ihm, dem alten Knacker.

Verschmitzt winkt er im Flug dem Erdtrabanten,
mit einem Schmunzeln zu. Bald ist er endlich sauber
und präsentiert in Purpur seinen Zauber,
auf dass bald jene Gäste auf ihm landen.

Er sieht sich um, wo sonst die Venus brannte,
sie war ihm lieb geworden als Bekannte;
die Weiße, seine Freundin, blieb versunken.

Am frühen Morgen schon schien sie erbleicht,
war sie von Sonnenstrahlen aufgeweicht?
Frau Venus hatte zu viel Licht getrunken?

3

Frau Venus hatte zu viel Licht getrunken
und sich verschnattert in den Galaxien.
Sie ließ die Welt an sich vorüberziehen;
für ein paar Stunden ruhte sie versunken.

Die Alte sah gar viele kommen, gehen,
sie weiß: Nichts ist und bleibt. Nichts ist von Dauer.
Ein Staubkorn nur von einer morschen Mauer,
wirds jeden Himmelsgast einstmals verwehen.

So sinnlos es auch scheint – ewig umkreisen
die Steine nur den Schein des Steins der Weisen
und den, der schuf den weiten Gottesacker.

Frau Venus macht da keine Unterschiede.
Sie ist, das reicht ihr, Teil der Kaderschmiede,
auch Pluto hält als Zwergenchef sich wacker.

4

Auch Pluto hält als Zwergenchef sich wacker
als größter Kleiner einer kalten Bande.
Bislang verliefen Pläne stets im Sande,
den kleinen, aber tapfren Sternenracker

rasch zu besiedeln (oder zu besudeln?),
grob auszuschlachten und zu missionieren,
in seiner Duldsamkeit brutal zu malträtieren,
zu überfallen ihn mit wilden Rudeln!

Gemeinsam zieht er seine Bahnen, Kreise,
mit den Geschwistern auf der Weltallreise
und weiß genau: Auch Sterne haben Träume!

Sie haben einen Plan, denn sie durcheilen,
die fernen Weiten, Kreis um Kreis, derweilen
heizt Sonnenlicht und gleißt durch Zwischenräume.

5

Die Sonne heizt und gleißt durch Zwischenräume;
ihr Puls ist der Impuls für unser Leben
sie muss dem Kampf sich oft geschlagen geben
und wünschte doch, dass Frieden es umsäume.

Sie lächelt nicht, sie strahlt und wärmt verhalten,
kämpft mit dem Wind, spielt mit Protuberanzen.
Der Venus, die sich aalt in den Substanzen,
ist Freundin sie und leuchtet heim der Alten.

Ihr liebstes Kind ist Merkur: höchst vertraulich,
doch fern genug. Zu nahe - unverdaulich
wär' die Beziehung, weiß auch seine Mutter.

Er ist kein Kind, ihn darf man nicht verregeln,
er läuft von selber, weiß schon selbst zu segeln.
Merkur rennt wie geschmiert, fast wie auf Butter.

6

Merkur rennt wie geschmiert, er läuft wie Butter;
auch scheints, er fliehe, wenn er in Ekstasen
geschwinde rast durch seine Monatsphasen,
beschleunigt durch die Nachbarin, die Mutter,

Er ist es auch, der Mittwoch seinen Namen spendet.
Zum Boten wurde er in der Antike,
im alten Rom war er „Olympionike“,
als Heiligtum für Händler auch verwendet.

Zwei Sonden meldete er seinen Brüdern -
(der Mensch versuchte mal sich anzubiedern!)
und wünschte sich doch lieber Apfelbäume,

aus denen sie die bunten Männchen kneten,
an Mandelbrot gereicht, wo dann auf Feten
Kometen schlagen ihre Purzelbäume.

7

Kometen schlagen ihre Purzelbäume,
Asteroiden spielen Wichtelmännchen,
begießen Straßen sahneweiß aus Kännchen,
verschenken Puderzucker, Märchenträume.

Und wenn sie kreuzen, dort in hohen Sphären,
In die bislang sich noch kein Mensch verirrte,
sind sie sich Schaf zugleich und sind sich Hirte.
Hier muss sich niemand fürchten, sich nicht wehren,

Ist auch der Kosmos groß, der Mensch muss greifen,
den Maden gleich, die Kot durch Äpfel schleifen,
mit seinem Schlund nach der Planeten Futter.

Und weil er nicht verbrennen und vergären
und nicht zerstören kann in hohen Sphären,
erstickt der Mensch im Rausch die alte Mutter!

8

Der Mensch erstickt im Rausch die alte Mutter
und schleicht sich fort wie einer dieser Paten;
er wirft als letzten Gruß ein paar Granaten,
gezielt - getroffen, und schon nimmt den Hut er.

Der Venus, Sonne ..., wie sie alle heißen,
ist solch Verhalten überaus befremdlich.
Denn Dummheit sei, mehr als das All, unendlich
Sie wissen um die Worte jenes Weisen.

Sie fragen sich, wes Geist sei jenes Wesen,
das sich ereifert, rücksichtslos in Thesen
über die Welt, sie konsequent alsdann

zu seinem Eigentum erklärt, zum Diener?
Sie grübeln, meiden, nennen ihn Schlawiner.
So tut ein jeder, was er wirklich kann.

9

So tut ein jeder, was er wirklich kann:
die einen kreisen gleich einem Tornado
auf ihrer Suche nach dem Eldorado,
die andren prügeln sich um Kirchenbann.

Dabei erschauern sie vor Gott, tun heilig,
bezahlen sich mit Gold und unbekümmert
wird weiterhin die Erde derb zertrümmert.
Was dieser Wurm bewirkt, ist unverzeihlich!

Ach, ließe er nur einmal nach den alten,
den neuen Psalmen, Suren ... Einsicht walten!
Wozu liest Bibel, Talmud er, Koran?

Stattdessen schafft er Wahrheiten dazwischen,
will die Vernunft zu seinem Vorteil mischen!
Sinnlos, sinnvoll – man sieht's woran?

10

Sinnlos, sinnvoll – man sieht's woran?
Woran erkennt man, dass der Sinn zumindest,
wenn du dich selbst um die Erkenntnis windest,
als Antwort Ausreden, Gewalt ersann?

Und falls du reich bist, fürchtest du Verbrechen.
Und falls du arm bist, träumst du stets vom Gelde.
Selbst wenn du nichts hast, ziehen sie ins Felde,
die andren Diebe - du sollst trotzdem blechen.

Gibts nebenan auch Streit um etwas Essen,
ein wenig weiter siehst du Leute Hummer fressen.
So einer darbt, ein andrer munter zecht.

Im Weltmonopoly der Machtmoneten
wird totgeschlagen, explodiern Raketen.
Was sucht der Mensch, was will er im Gefecht?

11

Was sucht der Mensch, was will er im Gefecht?
Ist er gekommen um die Welt zu lieben?
Er kennt sich aus, er wirkt in seinen Trieben.
Denkt er an Gold, dann kribbelt's im Gemächt-

Wozu soll er denn lernen, was verborgen?
Welch ein Gewäsch, romantisch und verklärend,
dass Liebe Sehnsucht stille, immerwährend
und sich die Sonn erhebt am frühen Morgen!

Welch ein Gewäsch, dass Sterne nur zur Zierde
den Nachthimmel belebten, ohn Begierde!
Die Sehnsucht - ein finaler Todeskuss?
Die Ratio wehret sich immens dagegen.

Bei diesem Menschen muss man Argwohn hegen:
Er lügt, verzinst, betrügt sich bis zum Schluss.

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Er lügt, verzinst, betrügt sich bis zum Schluss,
benimmt sich dümmer als ein alter Zausel,
zu seinem Stumpfsinn fehlt ihm keine Klausel:
Er rast in Autos, Flugzeug, Linienbus ...

Die Schlupflöcher, sie kriechen aus der Ecke,
Der Mensch plant gierig nur, wie er in Ehren
betrügen kann und sucht stets zu vermehren
sein güldnes Eigentum zu eignem Zwecke!

Lasst Schollen beben, lasst Vulkane rauchen!
Er denkt sofort daran, dies zu gebrauchen
und heult zum Schein nur vor Verdruss.

Die Pfründen sind verteilt, der Staat gegründet;
zuletzt ist er's, der seinen Stern entzündet,
verendet, blutleer im Finanzausschuss!

13

Verendet, blutleer im Finanzausschuss,
steht fest, er hätt' es besser wissen müssen,
zu oft schon hatte er sich selbst beschissen.
Erneut ging er nach hinten los, der Schuss!

Es steht geschrieben, so spricht die Geschichte,
dass Dunkelheit den meisten Menschenaltern,
(betätigte er sich an weisen Schaltern)
als Widmung galt, wie im antiken Lichte.

Und Unrecht gab und wird es immer geben,
doch sei das Maß der Dinge ehrlich' Streben.
Es nützte nichts, wenn man‘s geradebrecht,
wo Lobbyisten ihre Kräfte bündeln.

Des Menschen Gier wird unablässig zündeln.
Und insgesamt geseh'n geschieht ihm Recht!

14

Und insgesamt gesehn geschieht ihm Recht!
Denn wie mein Großvater zu sagen pflegte,
bevor er sich zum Sterben niederlegte:
„Don Minschen hult der Deibel, hebb ick secht“,*

Die Großmutter war lange schon gegangen;
doch bleiben ihre Worte in mir leben:
Sie glaube, ihn könnt's nur im Herzen geben,
Gott zu erkennen sei kein Unterfangen.

Solang ich denken kann, betrachte ich die Sterne
und wie sie funkeln, leuchten, schaue gerne
und bin in ihnen oftmals tief versunken.

Ich kenne manchen Stein, manchen Planeten.
Dereinst verriet mir einer der Kometen:
Der Mond verschwimmt im tiefen Meer aus Funken.

15  Mit Zins und Zinseszins

Der Mond schwimmt durch ein tiefes Meer von Funken;
Herr Mars pflügt marsvoll seinen roten Acker.
Frau Venus träumt - hat zu viel Licht getrunken
und Pluto hält als Zwergenchef sich wacker.

Die Sonne heizt und gleißt durch Zwischenräume;
Merkur rennt wie geschmiert, läuft wie auf Butter.
Kometen jagen, schlagen Purzelbäume -
der Mensch erstickt im Rausch die alte Mutter.

So tut ein jeder, was er bestens kann;
Und jenen Sinn darin kennt man woran?
Was will der Mensch, was plant er im Gefecht?

Er lügt, verzinst, betrügt sich bis zum Schluss,
verendet blutleer im Finanzausschuss.
Und insgesamt gesehn geschieht ihm Recht!



* altmärkisch Platt: Den Menschen holt der Teufel, habe ich gesagt.

Meinen Großeltern gewidmet

-grundlegend überarbeitet-


Anmerkung von LottaManguetti:

Im Eifer des Gefechts können Interpunktionen falsch gesetzt sein oder sich andere Fehler einschleichen. Die dürfen gern per PN mitgeteilt werden. Ich würde mich freuen.
Die Betriebsblinde.

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