Corona-Almosen.. oder wie der Kulturszene wirklich helfen

Kommentar zum Thema Kultur

von  eiskimo

Wie barmherzig ist das denn?  Es gibt sage und schreibe je 5000€ Corona-Zuschuss für die vielen Tausend Solo-Selbständigen aus der Kultur- und Kreativszene, die wohl noch auf Monate hin Auftrittverbot haben werden. Wauuww! Die Regierung feiert sich als generös. Ich nenne das Almosenpolitik  und unwürdig.
Warum verschafft man den Künstlern und Kreativen stattdessen nicht Gelegenheit, mit ihrem Können vor einem zahlenden Publikum aufzutreten? Und zwar ganz ohne Verstoß gegen die Corona-Regeln!
Was ich da als verfügbare Bühne sehe, das sind zum Beispiel die deutschen Funk- und Fernsehanstalten, die jeden Tag viele Hundert Sendestunden abdecken müssen. Zwanzig Prozent des hier verfügbaren Volumens würde ich freiblocken für diese tollen Artisten und Akteure, die heute zur Untätigkeit gezwungen sind. Lassen wir sie doch dort Musik, Comedy und Theater aufführen, und zwar in neuen Formaten, mit ordentlicher Werbung, gut honoriert  und das Ganze dem  Publikum nahe gebracht als solidarischer Akt der Medien mit ihren so hart getroffenen „freien“ Kollegen.
Damit ich richtig verstanden werde: Ich denke nicht an scheinheilige  Spenden-Galas  oder Charity-Shows  wie „Ein Herz für die armen Künstler“, sondern  wirklich neue, von den Künstlern selber mit entwickelte Konzepte. Wer jahrelang solo Säle füllen konnte, der kann ,da bin ich mir sicher,  auch in einem Studio performen!  Und warum nicht, auf diesem Weg zusätzlich den etwas behäbig gewordenen Funk- und Fernsehanstalten neues Leben einhauchen.
Klar, dafür müssten ein paar lieb gewordene Platzhalter weichen. Vielleicht streicht man mal die eine oder andere Fußball-Übertragung. Statt überbezahlte Kicker zu zeigen bei ihren Geisterspielen, sollte man besser echter Begeisterung Raum geben, von und mit Künstlern, die da wirklich ihr Geld wert sind.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (14.11.20)
Meine Erfahrung in der Öffnungsphase bis Oktober ist: Es geht kaum einer hin. Einmal war ich sogar der einzige Zuschauer!
Geld hin oder her, das Volk bleibt zuhause, das ist die eigentliche Armseligkeit.

 eiskimo meinte dazu am 14.11.20:
Ich meinte auch nicht, dass Interessierte hingehen, weg von zu Hause, sondern dass man den Solo-Selbständigen Sendezeit einräumt und damit Honorare. Sie hätten dann ein Publikum in den Empfänger-Haushalten. Wenn eh keiner mehr ausgeht, könnte das allen zugute kommen.

 drmdswrt (14.11.20)
Es ist zu befürchten, dass du deinen Vorschlag für eine gute Idee hältst.
Da er das nicht ist, ein paar kleine Anmerkungen.

1.
Man stelle sich einen von mehreren zigtausend Künstlern vor, der regelmäßig vor kleinem Publikum auftritt, sagen wir auf Bühnen mit weniger als 100 Zuschauern. Es ist weder zu rechtfertigen noch nachvollziehbar, weshalb man diesem ein solches Podium zur Verfügung stellen sollte. Das ist viel zu groß gedacht, geht aber mit dem Kleingeist der verantwortliche Politiker einher, die in völlig absurden Kategorien denken.

2.
Den wenigen Künstlern, die mit ihrem Schaffen ein derart großes Publikum erreichen, dass sich das Podium TV lohnt, treten ohnehin dort auf und verdienen dort ihr Geld.

3.
Von den Maßnahmen sind weit mehr betroffen als nur die verhältnismäßig wenigen Darstellenden. Für den größten Teil der Branche hätte man trotzdem keine Lösung, denn weshalb sollte der produzierende TV-Sender eine fremde Maskenbildnerin oder den auswärtigen und für den Künstler tätigen Licht- oder Tontechniker engagieren?

4.
Würde man neue Formate schaffen und mehr der eigentlichen Live- und Bühnenkunst ins TV bringen, und würde das auch noch funktionieren und vom Publikum angenommen werden, würde das den sicheren Tod vieler Bühnen bedeuten, so wie Film-Streaming den zahlreicher Kinos.

Tatsächlich sind es solche Ideen und Vorschläge wie deiner, die der völlig ahnungslosen Poltitik offensichtlich ständig vorgelegt werden, denn sonst würden sie nicht zu diesen absurden und schwachsinnigen Maßnahmen und Hilfsaktionen greifen.

Ich hoffe, meine Anregungen sind ausreichend genug, um weiter- und zu Ende gedacht zu werden, ohne dass ich sie in der weiteren Tiefe erläutern oder rechnerisch belegen müsste. Eigentlich ergibt sich das von selbst mit ein wenig Logik und Verstand.
Ich schlage mich als direkt Betroffener lange genug mit der Thematik herum und bin inzwischen müde. Deinen realitätsfernen und unnützen Gedankengang wollte ich aber nicht ganz unkommentiert lassen.

 eiskimo antwortete darauf am 14.11.20:
Ich fasse mal zusammen: Was ich von mir gegeben habe, ist realitätsfern und unnütz, die Maßnahmen und Hilfsaktionen der "völlig anhnungslosen Politik" sind absurd und schwachsinnig. Du selbst als direkt Betroffener bist müde.
Lassen wir die Szene also den Bach runtergehen...

 drmdswrt schrieb daraufhin am 14.11.20:
Wenn du glaubst, dass idiotische Ideen und Aktionen, die nichts retten, höher zu bewerten sind als die derjenigen, die davon betroffen sind und sich damit auskennen...
Vor allem: WIR. Wer seid denn IHR, die die Szene den Bach runtergehen ließen? Oder wer bist denn du, dass du darauf irgend einen Einfluss hättest?
Mit Verlaub: Das ist nicht mehr als der Applaus für Pflegekräfte. Und deine Ideen brächten NICHTS. Die Kultur ginge mit oder ohne ihnen den Bach runter.

BTW:
Müde bin ich, es nach 8 Monaten noch in der Tiefe erklären zu müssen. Das sollte aus dem Zusammenhang eigentlich deutlich geworden sein. Damit lassen WIR (also ich und meine Mitstreiter) die Kultur nicht den Bach runtergehen. Weil WIR um unser Überleben kämpfen. Und sicher besser wissen, was UNS hilft, als Außenstehende mit frühmorgendlichen Geistesblitzen.
Nimmer (45)
(14.11.20)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 keinB äußerte darauf am 14.11.20:
Liegt doch auf der Hand: Religiöse Fanatiker beschäftigt halten statt sie sich langweilen lassen. ;)

 eiskimo ergänzte dazu am 14.11.20:
Die Schwund der Praktizierenden bei beiden Konfessionen hat den Lockdown doch vorweggenommen. Eng werden könnte es doch höchstens noch Weihnachten, wenn zur Einstimmung auf die Bescherung retardierend die Mette besucht wird
Nimmer (45) meinte dazu am 14.11.20:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Thomas-Wiefelhaus (14.11.20)
Ich befürchte, dass sich mancher freier Künstler schon bald nicht mehr den Luxus leisten kann, "frei" zu sein. Die Branche der Werbung wartet schon auf unterbezahlten und willigen Nachwuchs..

 eiskimo meinte dazu am 14.11.20:
Der Markt regiert auch hier. Umso mehr Verantwortung haben m.E. die Öffentlich-Rechtlichen Sender, dem etwas entgegen zu setzen

 Graeculus (15.11.20)
Es steht nicht so, daß nichts geschähe.

Die Stadt Pforzheim hat Künstlern der verschiedenen Sparten die Möglichkeit gegeben, auf offenen Plätzen und mit Zuhörern/-schauern in gehörigem Abstand ihre Kunst vorzutragen.
Anschließend konnte gespendet, konnten Bücher verkauft werden.
Die Resonanz war mäßig.

Wahrlich, ich sage Dir: Mit den 5000 Euro kommt man weiter.

Übrigens ist nach 20.00 Uhr im öffentlich-rechtlichen Fernsehen Werbung verboten - darauf achten die Privatsender.
Selbst wenn es anders stünde, weiß ich nicht, wie viele Unternehmen da Werbung platzieren würden, wenn statt Dieter Nuhr eiskimo oder Graeculus aufträten.
Immerhin dürften wir mal unsere Bücher in die Kamera halten ... wie 100000 andere Kleinautoren auch.

 eiskimo meinte dazu am 15.11.20:
In der Pariser Metro (RATP) versuchen seit Jahr und Tag tausende "Kleinkünstler" aller Provenienz die Erlaubnis zu kriegen, in den Gängen dort auftreten zu dürfen. Seit 20 Jahren gibt es ein Casting - 300 lässt man dann für jeweils sechs Monate in den vielen Stationen auftreten. Und es wurden dort Stars geboren und tolle Karrieren begonnen...Die, die nicht groß rauskamen, hatten wenigstens ein passables Auskommen.
Ja, klar. Die Situation mit Corona ist komplizierter. Aber Selbstmitleid und staatliche Almosen sind auch nicht der Bringer.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram