Tom - der Freundin oder Jesus nachfolgen?

Erzählung zum Thema Lebensweg

von  Bluebird


"Wer nicht alles loslassen kann,(wenn es erforderlich ist), kann nicht mein Jünger sein!" (Jesus)
Tom und ich verstanden uns auf Anhieb recht gut. Man sah ihm erstaunlicherweise seine vormaligen Drogenkonsum nicht an. Was er damit erklärte, dass er Kokain und kein Heroin genommen hätte.
  Seine Bekehrung war echt und er war nun drogenfrei. Zudem war er sehr wissbegierig, was den Glauben anging. Er erinnerte mich ein wenig an mich selber nach meiner Bekehrung.
  Zudem war er von recht angenehmer Wesensart, so dass ihm schnell die Gunst und Herzen der Menschen zuflogen. Man konnte kaum anders, als ihn zu mögen.

Es hätte alles gut weitergehen können, wenn er nicht eines Tages auf die Idee gekommen wäre, sich mit seiner vormaligen Freundin zu treffen. Er wollte ihr von Jesus und seiner Bekehrung erzählen! Sie hätte so viel für ihn getan und immer zu ihm gehalten. Er fühlte sich irgendwie in ihrer Schuld und wolle unbedingt, dass sie auch zum Glauben fände.
  Ich war skeptisch und warnte ihn: "Beim Versuch jemanden hochziehen zu wollen, kann man leicht heruntergezogen werden!" Aber er fühlte sich stark genug  und so traf er sich mit ihr.

Tatsächlich kam sie auch ein paar mal mit in Toms Hauskreis, aber sie bekehrte sich nicht. Tom war recht deprimiert deswegen, und schlug vor, dass ich mal mit ihr reden sollte. Ich war einverstanden und so kam es dann zu einem Treffen zu dritt.
    Dana war eine hübsche, intelligente Frau und mir auf Anhieb sehr sympathisch. Sie freute sich zwar, dass Tom nun drogenfrei war, konnte aber mit seinem Glauben nicht viel anfangen. Ich fragte sie, ob sie sich vorstellen könnte, vielleicht eines Tages doch mal gläubig zu werden . Zum Beispiel, wenn sie merken würde, dass Jesus doch existierte. Sie antwortete lächelnd: "Nein, niemals! Ich will selbstbestimmt leben!"
 
Nach diesem Gespräch sagte ich Tom klipp und klar: "Wenn du den Weg mit Jesus gehen willst, musst du dich von ihr trennen!" Er entgegnete traurig: "Ich weiß, Jesus hat es mir selber gezeigt. Aber ich kann nicht!"
  Es kam dann so, wie es kommen musste. Er traf sich weiter mit ihr, kam dadurch wieder häufiger in die Innenstadt und in die Nähe seines altes "Milieus", und schließlich hatte er einen Drogenrückfall.
  Das war dann der Zeitpunkt, wo Heinz B., der Leiter der Heimstätte, eingriff und ihm ein Ultimatum stellte. Entweder Trennung von der Freundin und eine Drogentherapie in einer christlichen Einrichtung, oder aber er müsse ausziehen.
 
Tom entschied sich für Letzteres. Wohl wissend, dass er sich damit gegen Jesus entschieden hatte. Vier Wochen nach seinem Auszug erhielt ich einen Brief von ihm: "Hallo Heiner! Ich wohne jetzt mit  Dana zusammen in München. Fahre Lkw und lese weiterhin täglich in der Bibel. Herzlichen Dank für Alles! Tom"

Gedankenimpuls:
Heute mit dem Abstand vieler Jahre beurteile ich diese Geschichte etwas vorsichtiger.  Für mich sieht es nach wie vor so aus, dass er sich damals falsch entschieden hat. Aber zumindest scheint er am Glauben festgehalten zu haben. Das ist - aus meiner Sicht - schon mal viel wert!


Anmerkung von Bluebird:

Bremen 1988

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 Regina (07.12.20)
Da sollte mal die Überlegung angestellt werden, wer wen nach oben oder nach unten transportiert, im allgemeinen: der Mann die Frau oder die Frau den Mann, oder ob die religiöse Ausrichtung ganz unabhängig von Partner oder Partnerin gelebt werden kann. Das fehlt an diesem Artikel.

 Bluebird meinte dazu am 07.12.20:
Ich habe natürlich hier in diesem Post eine gläubige Sichtweise eingenommen ... jemanden zu heiraten, dass er oder sie sich eines Tages ja vielleicht bekehren würde, ist ein sehr gewagtes Unterfangen ... die Wahrscheinlichkeit seinen Glauben zu verlieren scheint mir ungleich grösser

 Graeculus (07.12.20)
Es kam dann so, wie es kommen musste. Er traf sich weiter mit ihr und schließlich hatte er einen Drogenrückfall.
"Es kam dann so, wie es kommen musste." Das verstehe ich nicht. Weil die Freundin nicht an Jesus glaubte, hatte er einen Drogenrückfall?
Falls die Freundin selber drogenabhängig war, wäre die Aussage verständlich, ganz unabhängig von Jesus - aber das hättest Du unbedingt erwähnen müssen.

 Bluebird antwortete darauf am 07.12.20:
Da hast du vollkommen Recht, diese Schwachstelle war mir inzwischen auch schon aufgefallen ... ich habe sie jetzt ausgebssert ... seine Freundin war drogenfrei, aber seine Besuche bei ihr brachten ihn in "Milieunähe". Das war wohl das Problem.

Dazu muss man sagen, dass das Sozialwerk in Grambke also mehr im Randbezirk von Bremen liegt. Er da eigentlich weit genug vom "Milieu" am Ostertor entfernt war

Antwort geändert am 07.12.2020 um 17:16 Uhr

 Graeculus schrieb daraufhin am 07.12.20:
Ein Bekannter, ein Baptist und Religionslehrer, sagte mir einmal, in seinem Leben seien die wichtigsten Dinge diese drei: 1. alte Schiffe, 2. schöne Frauen, 3. Religion, in dieser Reihenfolge.

Geantwortet habe ich, was er denn unter Religion verstehe; gedacht aber habe ich, daß er da wohl Religion nicht richtig verstanden habe. Denn wenn es einen allmächtigen Gott, Schöpfer des Himmels und der Erde, Richter der Lebenden und der Toten gibt, dann kann er nur an erster Stelle im Leben stehen, nicht aber auf Platz 3!

Insofern bin ich sehr skeptisch in der Frage, ob eine enge Beziehung zwischen einem ernsthaft religiösen Menschen und einem Agnostiker bzw. Atheisten gelingen kann. Die Schwerpunkte ihres Lebens müssen zu unterschiedlich sein.

Allerdings ist ein agnostischer Freund von mir seit vielen Jahren mit einer Religionslehrerin verheiratet, und zwar glücklich. Dies funktioniert aber nur unter ganz bestimmten Bedingungen: er ist extrem tolerant und harmoniebedürftig, sie ist ebenfalls harmoniebedürftig und versteht unter Christentum nicht viel mehr als "seid nett zueinander, wie auch Jesus nett war!".

An meiner Skepsis ändert das nicht viel.

 Bluebird äußerte darauf am 07.12.20:
Ich stimme dir da zu ... Ausnahmen bestätigen da eher die Regel ... wenn jemand den Glauben Ernst nimmt und der andere nicht, wird es sehr schwer

 Graeculus ergänzte dazu am 07.12.20:
So ist es.
Ich zum Beispiel nehme die Sprache ernst; und wenn jemand ein Adverb großschreibt, dann werde ich nervös.
No hard feelings!

 LotharAtzert meinte dazu am 08.12.20:
Ob dich die Sprache auch Ernesto Che nimmt?
Uri (40)
(07.12.20)
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 Bluebird meinte dazu am 07.12.20:
Nein, diese persönlichen Erinnerungen nicht speziell an Christen gerichtet ... und natürlich sollen sie "glaubensmotivierend" wirken, aber was etwas Geschriebenes bewirkt, weiß man natürlich nie so genau!

Antwort geändert am 07.12.2020 um 20:42 Uhr
RufusThomas (20)
(11.12.20)
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