Sensibilität und Kontrolle

Ansprache zum Thema Mut

von  Terminator

Menschen, die zu stark empfinden, denen z. B. das Leid anderer wirklich nicht am Arsch vorbei geht, die tatsächlich mitfühlen, und lösungs- und nicht linderungsorientiert helfen, sind nicht nur gut und selten, sondern auch für die Mitmenschen ein großer Segen. Und doch verflucht man sie, indem man echter Sensibilität vorwirft, sie könne bloß ihre Emotionen nicht kontrollieren. Ehrliche und wohlüberlegte Statements werden zu Floskeln abgewertet; eine von tatsächlichen Floskeln (etwa der political correctness) freie Rede wird als Stammtischgequatsche missverstanden oder sogar des politischen Extremismus bezichtigt. Dabei ist das Mitfühlen sowenig politisch wie Humanität und echte (lösungs- und nicht linderungsorientierte) Hilfsbereitschaft.

Natürlich können Worte und Taten sensibler Menschen politisch missbraucht werden, so kann z. B. jede Aussage über unschuldige Opfer des Krieges oder etwa der Kinderzeugung in ein Leben des Elends und der Kriminalität hinein als undifferenzierte Anklage der Täter mit Sippenhaft oder als faschistoide Kastrationsforderung für bestimmte Bevölkerungsgruppen missverstanden werden. Die folgende Feststellung ist nicht politisch korrekt, aber sie ist wahr: es kommt sehr wohl darauf an, WER etwas sagt, und zwei identische Statements können aus dem einen Munde wahr und zustimmungswürdig und aus dem anderen falsch und abscheulich sein.

Es gibt in jeder Gesellschaft einen Rahmen für akzeptierte Statements, und wer sich innerhalb dieses Rahmens bewegt, gibt oft nur Floskeln wieder, die er wie ein Hündchen andressiert bekam, wogegen tieferes Nachdenken immer die Grenzen des Korrekten, ja oft sogar des Sagbaren sprengt. Kontrollierte Kälte, am besten noch gepaart mit Zynismus, mag vielleicht einen tadellosen Eindruck hinterlassen, kann aber keinen Nachweis erbringen, dass die sich kontrolliert im Rahmen bestimmter Denk- und Sprechverbote befindende Person in Wirklichkeit nicht doch verabscheuungswürdige An- und Absichten hat, und diese nur - anders als etwa ein Dummkopf - für sich behalten kann, wenn (und wo) diese für das Image nachteilig sind. Auf einem Nazikonzert irgendwo im Nirgendwo treffen sich dann der offen faschistische Dummkopf und der Schwätzer vom Stammtisch, und begrüßen ihren Gruppenführer, den überangepassten politisch korrekten Musterbürger.


Anmerkung von Terminator:

"Für Persönlichkeiten ist Empathie persönlich". Karachinado Ceresa

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