Omi

Kurzgeschichte zum Thema Horror

von  Der_Rattenripper

„Sei schön artig, Oma wird auf dich aufpassen. Falls etwas ist Mutter, wir haben das Smartphone bei, die Nummer ist im Telefon gespeichert. Euch beiden einen schönen Abend.“, sagte Brigitte Lohmann und verließ zusammen mit ihrem Mann das Haus. Elfriede Lohmann eine 82 Jahre alte Dame und Brigittes Mutter. Elfriede war bei ihrer Tochter zu Besuch, um auf ihre Enkeltochter aufzupassen. Elfriede saß mit Strickzeug in den Händen im Wohnzimmer und sah sich die Nachrichten an,
„Ja Mami, ich werde artig sein, versprochen.“ ,sagte Samanta und gab ihrer Mutter und ihrem Vater einen Abschiedskuss auf die Wange. Samanta ging die Küche und kochte Oma Elfriede einen Lindenblütentee, den trank sie immer so gern. Oma Elfriede konnte immer so schöne Geschichten erzählen. Von früher von dem was Elfriede selbst als Kind erlebt hatte, damals als ich in deinem Alter warm so fingen meistens Oma Elfriedes Geschichten an. Dabei saß Samanta immer auf Oma Elfriedes Schoß. Gab es etwas Schöneres, als den Geschichten seiner Oma zu lauschen? Samanta machte sich einen Kakao und eilte ins Wohnzimmer. Normalerweise durfte Samanta abends um sieben keinen Kakao mehr trinken, sondern höchstens Wasser oder Tee. Aber bei Oma Elfriede war das anders, ihre Oma hatte absolut nichts dagegen, solange sie sich vor dem Schlafen gehen gründlich die Zähne putzte und das tat Samanta jeden Abend. Sie hatte keine Lust, dass die beiden frechen Burschen Karies und Backtus in ihrem Mund einzogen, um sich dort eine Wohnung einzurichten. Oma Elfriede saß wie immer in ihrem Lieblingssessel. Sie hatte aufgehört zu stricken. Das Strickzeug war ihr aus den Händen gefallen und lag achtlos weggeworfen auf dem Teppichboden. Seltsam dachte Samanta, normalerweise achtete Oma Elfriede immer darauf, dass ihr Strickzeug nicht auf dem Boden herumlag. Die Wohnzimmertür knarzte leise, als Samanta sie aufschwang. Aber ihre Oma schien davon keine Notiz zu nehmen. Ihre Augen waren geöffnet und blickte starr auf den Fernseher, auf dem gerade jemand etwas über die Präsidentschaftswahl in den USA verlauten ließ.
„Oma Elfriede dein Strickzeug ist dir entfallen.“
Aber ihre Oma reagierte nicht.
„Oma Elfriede schläfst du?“, fragte Samanta etwas lauter.
Ihre Oma gab keine Antwort.
Ihre alten runzligen Hände lagen regungslos auf ihren Knien, Oma Elfriede hatte sich in ihrem Sessel zurückgelehnt, ihre Augen lagen tief in den Höhlen. Die dicke Hornbrille war Oma Elfriede von der Nase gerutscht und lag in ihrem Schoß. Samanta beschlich ein seltsames Gefühl, als sie sich ihrer Großmutter näherte.
„Oma Elfriede.“ , sagte Samanta.
Aber ihre Großmutter saß weiter regungslos in ihrem Fernsehsessel, den Blick starr geradeaus gerichtet, als würde sie ihre Enkeltochter überhaupt nicht bemerken.
„Oma Elfriede ist alles in Ordnung mit dir?“; fragte Samanta mit brüchiger Stimme, während sich ihre Nackenhaare langsam aufrichteten. Ihr Herz schlug schneller. Was war mit ihrer Oma los? Samanta berührte Elfriedes Hände, sie waren ganz hart und kalt. Das konnte doch nicht sein? Ihre Brust hob und senkte sich nicht mehr. Hatte Oma vergessen zu atmen? Sowas vergaß man doch nicht.
„Oma Elfriede, Oma Elfriede, ich habe Hunger, aufwachen, bitte Oma Elfriede bitte wach auf.“
Samantas Stimme zitterte, während sie mit den Tränen kämpfte.
„Ich werde Hilfe holen Oma Elfriede, ich werde Hilfe holen.“, sagte Samanta.
Ihre Eltern hatten ihr vor einiger Zeit erklärt, welche Nummer sie bei einem Notfall anrufen musste. Samanta nahm das Telefon und wählte die 112.
Ein monotones Tuten erklang am anderen Ende des Hörers. Warum ging denn keiner bei Feuerwehr ans Telefon? Da war doch normalerweise immer jemand zu erreichen.
„Feuerwehr Notruf was kann ich für Sie tun?“; fragte eine Männerstimmen.
„Meine Oma Elfriede ist krank, ich brauche sofort einen Krankenwagen.“, sagte Samanta, wobei sich ihre Stimme fast überschlug und sie erneut mit den Tränen kämpfte. Plötzlich legte sich eine eiskalte Hand in ihrem Nacken, Samanta ließ den Hörer fallen und sah sich um. Da stand ihre Oma, aber was war mit Oma Elfriede? Im ersten Moment fiel ihr ein Stein vom Herzen. Aber das war nicht die Oma Elfriede, die Samanta kannte, ein kalter Schauer lief Samanta über den Rücken. Ihre Beine fühlten sich an wie Wackelpudding. Samanta hielt den Atem an, ihr Herz schien für einige Sekunden auszusetzen, als das Oma Ding, einen guturalen Laut ausstieß und ihre spinnenartigen Finger langsam in ihr linkes Auge bohrte. Samanta schrie, alles um ihr herum wurde schwarz. Omas Elfriedes Hände waren eiskalt, als sie Samantas Kehle umschlossen. Als ihr die Luft ausging, wusste Samanta, das war nicht Oma Elfriede. Vor Samantas innerem Auge schossen Bilder aus vergangenen Tagen hoch. Bilder wie sie zusammen mit Oma Elfriede in den Zoo gegangen war. Bilder wie sie mit Oma Elfriede Ball- und Brettspiele gespielt hatte.

Als Brigitte und Hermann nach Hause kamen, fanden sie den leblosen Körper ihrer sechs Jahre alten Tochter auf dem Fußboden im Wohnzimmer. Von ihrer Großmutter fehlte jede Spur. Brigitte und Herrmann riefen die Polizei und einen Notarzt. Der Arzt konnte jedoch nur den Tod der kleinen Samanta feststellen. Samantas Großmutter wurde trotz einer groß angelegten Suchaktion nie gefunden.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (17.12.20)
Vielen Danke für dieses Paradebeispiel!

„Sei schön artig Oma wird auf dich aufpassen.

Das hier ein Komma fehlt, ist nicht zu leugnen, denn in dieser Form ergibt der Satz keinen Sinn.

1. „Sei schön, artig Oma wird auf dich aufpassen"
Etwas krumm, aber möglich. Aufruf zur Schönheit, sehr poetisch!

2. „Sei schön artig, Oma wird auf dich aufpassen.
Eher langweiliger Klassiker.

3. „Sei, schön artig Oma wird auf dich aufpassen."
Ja, unsere Goldenager sind attraktiv!

 Graeculus meinte dazu am 17.12.20:
Bilder wie mit Oma Elfriede Ball- und Brettspiele gespielt hatte.
Oma mit Elfriede?
Elfriede mit Oma?
Da aber Oma die Elfriede ist, wird wohl gemeint sein: wie sie mit Oma Elfriede ...

Antwort geändert am 17.12.2020 um 18:49 Uhr

 Der_Rattenripper antwortete darauf am 18.12.20:
Danke für den Hinweis,

Schönen Gruß

Der Rattenripper
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