Papier sparen? - Als Wessi auf dem Ossi-Klo

Anekdote zum Thema Arbeit und Beruf

von  Thomas-Wiefelhaus

Gerade bin ich am Magdeburger Bahnhof angekommen. Vor der Stadterkundung lieber kurz eine  „Sitzung“ halten! Ich finde die Toiletten, schau hinein. Kein Klopapier! Natürlich! Doch schon naht Hilfe. Ein ärmlich wirkender Mann um die fünfzig, in der Hand eine Rolle Klopapier. Das ist die Rettung!

„Wie viel Blatt möchten Sie?“

Diese Frage wird mir, dem ahnungslosen Wessi, noch lange in Erinnerung bleiben! Wie viel Blatt möchten Sie? Ich muss wohl etwas dumm drein geschaut haben, damals ...?
Meine erste Fahrt in die DDR, von Tagestrips nach Ostberlin abgesehen, bei denen ich die Welt auf der anderen Seite auch nicht immer gleich verstanden habe.

Der Mann blickt  mich an.  „Sie können auch 2 oder 3 Blatt bekommen!",  meint er großzügig. "Das spielt keine Rolle!“

Bitteschön? Woher soll ein verwöhnter  Wessi, wie ich, schon VOR dem Toilettengang wissen, ob er viel oder wenig Papier verbraucht? Die Haufen eines Wessis ändern sich täglich! Je nachdem, was er gegessen hat! Tiefkühlpizza oder Pommes Bahnschranke? Oder lieber doch eine Grünkernsuppe? - Blätter abzählen? Ist  nicht! Wo kämen wir sonst hin?

Und überhaupt: Wer bezahlt den armen Mann? Sein Job als Klopapier-Einteiler könnte sich im Kapitalismus kaum rentieren! Verschwendung scheint hier oft der billigere Weg zu sein.

Ich möchte im Osten nicht gleich unangenehm auffallen, auch nicht unbescheiden wirken und sage gehemmt: „Drei Blatt.“ Ob das wirklich reicht? Na, hoffentlich habe ich gleich nicht dünn!

Ich falte die Blätter Marke „Reibeisen“ mehrfach und komme damit hin. Das Ost-Papier ist wohl eher nicht für zarte Wessi-Hintern gedacht, aber es erfüllt seinen Zweck. Vielleicht besser und sparsamer, als Marke „Wessi-Superweich“? Der Tag in Magdeburg kann beginnen.

Wer hätte damals im Westen gedacht, dass hier eines Tages Klopapier gehortet würde? Ich jedenfalls nicht.

Übrigens: Hätte ich die Geschichte nicht selbst erlebt, würde ich sie vermutlich gar nicht glauben!                        (c) Thomas Wiefelhaus

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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (20.12.20)
Hallo Thomas,

da stand bestimmt folgendes Marx-Zitat an der Wand:

"Der höchste denkbare Grad der Gleichheit ist der Kommunismus, weil er die Unterdrückung aller natürlichen Neigungen voraussetzt."

Trotzdem Fan des Meisterdenkers
der8.

 Graeculus (20.12.20)
Keine Bretter für die Laube, keine Nägel, keine Schraube, für den Hintern kein Papier, aber ´n Sputnik haben wir.
(DDR-Witz)

 AchterZwerg meinte dazu am 21.12.20:

 Thomas-Wiefelhaus antwortete darauf am 24.12.20:
Aber Humor hatten sie, trotz, oder wegen, allem!

Übrigens hat sich ein DDR-Bürger, den ich nach der Wende besuchte, beschwert, er würde sein altes Klopapier (Marke Reibeisen) nirgends mehr bekommen.

Hatte überlegt, das auch noch in die Geschichte zu packen.
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