Auf die Perspektive kommt es an

Fabel zum Thema Betrachtung

von  EkkehartMittelberg

Er hatte das Bad gerade verlassen, da lästerte die Zahnbürste: „Er ist ein
eitler Fatzke. Habt ihr gesehen, wie er die Zähne gebleckt und eitel gegrinst
hat.“ „Das kann ich nur bestätigen“, ergänzte die Schere. „Jedes Härchen von
seinem Bart stutzt er zurecht, damit sein Porträt vollkommen wirkt.“ Der
Rasierapparat setzte noch einen Tadel drauf: „Er kann es morgens kaum erwarten
nach mir zu greifen, weil er bei der Rasur minutenlang wohlgefällig sein
Konterfei betrachten kann.“
„Ich weiß nicht“,gab der Spiegel zu bedenken. „Keiner von euch sieht ihn täglich
so oft und intensiv wie ich. Er blickt sich manchmal sehr skeptisch und
missbilligend in die Augen. Vielleicht ist er nicht eitler als die Meisten von
uns, wenn er sich unbeobachtet glaubt.“

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Kommentare zu diesem Text

Al-Badri_Sigrun (61)
(23.01.21)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.21:
Vielen Dank, Sigi, so sehe ich es auch. Man sollte Selbstbeobachtung nicht mit Eitelkeit verwechseln.
Herzliche Grüße
Ekki
Sätzer (77)
(23.01.21)
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 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 23.01.21:
Merci, Uwe, wäre den Menschen die Abhängigkeit von der Perspektive bei der Urteilsbildung bewusster, wären sie toleranter,
LG
Ekki

 Graeculus (23.01.21)
Ha! Zahnbürste, Schere und Rasierapparat sollten selber einmal in den Spiegel schauen. Sonnen sie sich, sonnen wir uns nicht alle in moralischer Überlegenheit?

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 23.01.21:
Merci, Graeculus, so ist es. Aber die moralische Überlegenheit wird erst perfekt4, wenn man seinem Schöpfer dafür dankt, dass man besser geraten ist als andere.

 Moja (23.01.21)
Dein Personal, sprich: Interieur, gebärdet sich ziemlich dreist, lieber Ekki, der Spiegel dagegen scheint über Menschenkenntnis zu verfügen, er reflektiert empathisch, ob er über Spiegelneuronen verfügt? Auch eine Perspektive...

fabelhafte Grüße,
Moja

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 23.01.21:
Vielen Dank, Moja,
ich wünsche uns allen einen Spiegel, wenn Nachsicht mit unseren Schwächen erwünscht ist.
Liebe Grüße
Ekki
Hilde (62)
(23.01.21)
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 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 23.01.21:
Grazie, Hilde, meiner Fabel kommen die am wenigsten auf die Schliche, die den Spiegel entbehren könnten. Ich bin sicher, dass dir dein Haarkamm dies bestätigen wird. :)
Liebe Grüße
Ekki

 TassoTuwas (23.01.21)
Hallo Ekki,
viele Menschen gibt es zweimal.
Da ist die Darstellung für die Außenwelt und die in der Privatsphäre. Je größer der Abstand zwischen den beiden, umso problematischer wird es.
Gut, dass wir in uns ruhen
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.21:
Merci, mein Freund, wenn Eitelkeit die Persönlichkeit spaltet, wird es gefährlich- Aber bis es soweit kommt, ruhen wir noch ein wenig in uns selbst. :)
herzliche Grüße
Ekki
Agnete (66)
(24.01.21)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.01.21:
Merci, Agnete, ob beobachtet oder nicht. der Eitle macht anderen nicht lange etwas vor.
Liebe Grüße
Ekki

 GastIltis (25.01.21)
Lieber Ekki,
hier in Vorpommern werden die Bäder doch erst im nächsten Fünfjahrplan eingeführt. Wer sein Spiegelbild sehen will, macht es so wie Narziss, er geht zum See und versucht in einem ruhigen Moment ein Bild zu betrachten, von dem er meint, es könnte ihm ähnlich sein. Seen gibt es zur Genüge. Und den Rest erledigen wir mit Stein schleift Schere.
Herzlich grüßt dich Gil.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.01.21:
Vielen Dank für den hintergründigen Witz, Gil: "ein Bild zu betrachten, von dem er meint, es könne ihm ähnlich sein." Vielleicht betrachtet Narziss ja das Bild eines anderen, der noch schöner ist als er, und er hält dieses Bild für sein eigenes. ;)
Herzliche Grüße
Ekki
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