Die Kneipe

Kurzprosa

von  BeBa

Es ist still geworden in den letzten Minuten. Der Wirt hat die Musik abgedreht. Ein wenig zu früh, erst danach schlug die Kirchturmuhr eins.

Dann sind sie alle gegangen. Jürgen, der mir ein paar Bier vom Rosenmontag schuldet. Tom, dem sie für ein Jahr den Führerschein abgenommen haben. Seitdem prahlt er vermutlich jeden Abend damit. Sternhagelvoll. Und Mike, den ich immer mit letzter Kraft nach Hause geschleppt habe. Wer macht das jetzt?

Der Wirt wischt schon die Tische ab. Etwas Hintergrundmusik wäre nett, vielleicht ein wenig Klassik. Aber das fällt ihm nicht ein. Immer hat er uns das Geld aus der Tasche gezogen, und wenn wir dann völlig betrunken waren und nichts mehr bestellten, hat er FEIERABEND geschrien.
Dort in der Ecke schnarcht einer, den Kopf auf dem Tisch. Der Wirt ruft ihm etwas zu. Der Gast schreckt hoch, schaut sich um, sucht etwas. Ich kenne das. Er sieht zu mir herüber, die Augen halb geschlossen. Das bin ich.

Kann nicht sein. Meine Akte: Kreislaufkollaps an der Theke, Rettungswagen, Intensiv- und mit dieser Leber Endstation.

Manchmal darf ich raus und komme hier hin. Nichts mehr trinken zu können, daran habe ich mich gewöhnt.
„Alles gut“, flüstere ich Jürgen, Tom und Mike ins Ohr. Und all das Andere, was ich ihnen schon immer sagen wollte. Sie hören es nicht mehr.

Der Wirt macht Feierabend. Auch für mich ist es Zeit zu gehen. Ich sehe mich in der Ecke hocken.

Gern würde ich mal mit mir reden.

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Kommentare zu diesem Text


 TassoTuwas (21.02.21)
Nun sind die Kneipen alle zu
wo sage ich zu mir jetzt - Du?

LG TT

 BeBa meinte dazu am 21.02.21:


Danke, TT.

 GastIltis (21.02.21)
Sich den Lockdown einzubilden, wird etwas preiswerter.
Dafür aber langweilig. Oder?
Eh, ich steh auf der andern Straßenseite. Gil.

 BeBa antwortete darauf am 21.02.21:
Ich grüße dich dort drüben.

LG
Beba

 EkkehartMittelberg (21.02.21)
Hallo Beba,
man kehrt gedanklich immer wieder dahin zurück, wo sich das Leben abgebildet hat. Eine Kneipe ist nicht Arkadien, aber immer noch besser als nichts.
Liebe Grüße
Ekki

 BeBa schrieb daraufhin am 21.02.21:
Eben, besser als nichts.

Danke dir, Ekki.

LG
Beba

 AchterZwerg (22.02.21)
In Zeiten, in denen einem selbst die schlichteste Pilsstube als Ausschankstätte göttlichen Mannas erscheint, ist ständig Feierabend.
Auch für die Leber!

;-)

 BeBa äußerte darauf am 22.02.21:
Völlig richtig, lieber 8er.

LG
Beba

 FrankReich (01.03.21)
Sieben mal auf dem Absatz umgekehrt, werde ich hier dennoch wieder gerne einkehren, für mich ist dieser Text ein Prosagedicht, ein Spaziergang durchs Oberstübchen.

Ciao, Frank

 BeBa ergänzte dazu am 01.03.21:
Hallo Frank,

danke dir für das Lob und Interesse an dem Text.

LG
BeBa
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