Das Nachspiel

Dialog zum Thema Entfremdung

von  keinB

"Also, weißt du, Autor, ich habe dein Buch in den letzten Tagen so ungefähr 36 Mal gelesen, aber ich finde einfach keinen Zugang. Intuitiv würde ich sogar sagen, es hat nicht einmal eine einzige rote Faser!"
"Was? Wie kannst du so etwas behaupten? Annes Pullover war karminrot! Ich hatte das über mehrere Seiten sehr brillant und ausführlich beschrieben."
"Keine sonderlich passende Farbe für eine Beerdigung!"
"Anne ist eben überaus progressiv!"
"Was man von der nicht vorhandenen Handlung nicht gerade behaupten kann."
"Lass uns nicht schon wieder über Nichtigkeiten streiten, Babe. Komm lieber wieder ins Bett."
"Und die Sache mit dem Maultier und der Honigwabe verstehe ich einfach nicht."
"Weil das ein Herrenwitz ist."
"Du bist 25!"
"Und du eine Frau. Du verstehst das sowieso nicht."
"Das Problem ist, dass du es nicht so schreiben kannst, dass man es versteht."
"Ha! Mit dieser Meinung stehst du aber alleine da. Mein Buch wurde nicht ein einziges Mal von der Presse kritisiert."
"Kein Wunder, dein Buch wurde von der Presse überhaupt gar nicht beachtet. Meinen hohen Ansprüchen an Literatur genügt es im Übrigen auch nicht."
"Du hast es 36 mal gelesen."
"Und deswegen kann ich auch mit absoluter Sicherheit sagen: Es ist doof.  Und ich werde es verschenken. An einen sehr guten Freund, der sich demnächst nach langer, langer Zeit wieder bei mir melden wird, um mich zu einem runden Geburtstag in kleinem Kreis einzuladen. Das hast du jetzt davon, so!"
"Kommst du jetzt bitte endlich wieder ins Bett?"
"Meinetwegen. Aber nur, wenn du das mit der Trillerpfeife noch einmal machst."

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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (13.03.21)
Das ist wahrhaft brilli(!)ant! :)
Das gepfiffene Kommando leuchtet ein: Bonzo lässt den adipösen Körper aus Herrchens Bett fallen und geht Stöckchen suchen.
Die Hoffnung stirbt halt zuletzt.

 keinB meinte dazu am 13.03.21:
Ich gestehe an dieser Stelle: keine Ahnung, was er da mit dieser Trillerpfeife praktiziert. Zählt vermutlich zu diesem ominösen 'schrägen' Sex. ;)

 drmdswrt (13.03.21)
... natürlich mehr als erfüllt werden. Hier ist man zunächst geneigt, mehr über diese erfreuliche und erfrischende neue Wegstrecke der Erzählung erfahren zu wollen, obwohl sich recht bald andeutet, dass sich der völlig überraschende und absolut willkürliche Weg über einen Freund, der die eigentliche Hauptfigur, mit der wir uns bis hierher schon vollkommen identifiziert haben, einfach mal ins Nirvana schießt, auch hier androht;
und so passiert es dann doch, auf eine Weise, wo ich das mit dem Kaffee spätestens jetzt ein zweites, ehrlich gesagt aber schon ein viertes oder fünftes Mal schreiben müsste, und das ermüdet irgendwann.

Jetzt sitze ich schon in fast kindlicher Vorfreude auf die Fortsetzung und muss mir selbst eingestehen, dass ich meine eigenen Bemühungen am Zwischenstopp der exakt gleichen Stelle in der Erzählung einstellen muss, weil sie an nichts bisher Dagewesenes herankommt.

 keinB antwortete darauf am 13.03.21:
...
dass sich der völlig überraschende und absolut willkürliche Weg über einen Freund, der die eigentliche Hauptfigur, mit der wir uns bis hierher schon vollkommen identifiziert haben, einfach mal ins Nirvana schießt, auch hier androht

Das weiß ich noch nicht so genau. Ich glaube, da habe ich eine wesentlich coolere Idee. ;)

 drmdswrt schrieb daraufhin am 13.03.21:
Ich bin da überzeugt, dass du eine wesentliche coolere Idee hast.
Ich nämlich nicht, deshalb bin ich auch schon fertig.

Ich freu mich auf Neues.
Sin (56)
(13.03.21)
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 keinB äußerte darauf am 13.03.21:
Ich könnte mir vorstellen, dass es sich bei Geburtstagsfeiertexten um Kompensationstexte handelt. Schließlich darf man ja real grade nicht ... nicht, dass es mich persönlich gestört hätte, tbh.
Bzgl. der Geschenkideen: einen unbekannten Autor suchen, ne Kiste Bücher kaufen und zack! - biste ne Weile versorgt. Je nach Qualität kannst du dabei noch ganz subtil unliebsame Bekanntschaften ausrangieren. :)

Liebe Grüße
KB

 LottaManguetti (13.03.21)
"... Sei eingedenk, dass dein Geschenk du selber bist" (Ringelnatz)
Dieser Gedichtteil streunert seit Tagen durch meine Hirnwindungen und er sagt mehr als tausend Bücher eines Unbekannten.
Der Eindruck, den die Schenkenden in diesen "Geschichten" hinterlassen, kann daher abstoßender nicht sein.
Solchen Zeitgenossen eine Persiflage zu widmen finde ich sehr angemessen. Mir selbst würde das schwer fallen, immerhin könnte sich ein Konvolut abscheulichster Charaktereindrücke Bahn brechen, indem sich dabei promiskuitive Kubanerinnen, wie ins Moos gepresste Weibchen mit ohnmächtig machender Sabberei nicht so einfach ignorieren ließen. Bäh, schüttel.
Du machst das aber sehr unterhaltsam und klasse!
Danke.

Lotta

Kommentar geändert am 13.03.2021 um 10:47 Uhr

Kommentar geändert am 13.03.2021 um 10:50 Uhr

 keinB ergänzte dazu am 13.03.21:
Dass mein Kopfkino bei "Mir selbst würde das schwer fallen, immerhin könnte sich ein Konvolut abscheulichster Charaktereindrücke Bahn brechen, indem sich dabei promiskuitive Kubanerinnen, wie ins Moos gepresste Weibchen mit ohnmächtig machender Sabberei nicht so einfach ignorieren ließen." komplett Amok läuft, ist dir aber bewusst, gell? :D
Paulila (55) meinte dazu am 13.03.21:
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 drmdswrt meinte dazu am 14.03.21:
Meine unschuldige Seele wird nicht durch bestimmte Texte, sondern allein durch derartige Kommentare unrettbar verdorben.
Paulila (55)
(13.03.21)
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 keinB meinte dazu am 17.03.21:
Kapierschutz ... auch schön. :)

 TrekanBelluvitsh (13.03.21)
Dazu gibt es ein passendes Zitat aus der US-Sitcom "Frasier": "Ich versuche das Buch zu empfehlen. Es zu lesen, ist dabei nicht hilfreich."

 keinB meinte dazu am 17.03.21:
Hahahaha. Ist bei vielen Dingen so, oder? ;)
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