Frisch und Frei.

Erzählung zum Thema Ruhe/ ruhelos

von  franky

„Warte du! Dir werde ich helfen!“
Und schon haben sich Hilfsbereitschaft In wilde Schläge umgewandelt.

Verrate mir wo du schläfst
Und ich sage dir was morgen in der Zeitung steht.

Ein älterer, durchaus noch Lebenslustiger Mann sitzt auf einer Bank und richtet sich beschaulich die Brille.
Er sieht etwas besser, aber das was er sehen will sieht er dann doch nicht.
Lauter alte, verknatschte Menschen, die geschäftig einen Sitzplatz auf den vielen Bänken, rings um der Seniorenresidenz suchen.
Eine Frau mittleren Alters nähert sich und sagt zu ihm:
„Bei ihnen schaut die Neugier schon bei den Ohren heraus.“
„Nein, das ist nicht möglich, das sind meine neuesten Hörgeräte.“
„Ja so was und hören wollen sie auch noch alles!“

„Das geht mir doch heftig auf den Wecker, da nähert sich schon wieder Jemand, der sich nicht angemeldet hat. Will sich so eine runzlige Modepuppe auf meine Bank setzen.“
„Wunderschönen guten Tag hübscher Mann!
Wäre da für mich noch ein Plätzchen frei?“ 
Ganz überrascht, vor so viel Höflichkeit, brachte er vorerst gar kein Wort heraus und nickte nur mit dem Kopf, mit dem schloweißen Haarkranz. 
Er begann nervös seine Finger zu kneten, was sonst nur bei steigender Nervosität passiert und normal nicht seine Art war.
„Zählen sie zu den Insassen dieser Seniorenresidenz Visavie?“
Erkundigt sich die Dame. 
Er macht schon den mund auf, bevor er sich noch eine Antwort zurechtgelegt hat.
„Ja, ich, ich  bin vor einem Jahr hier eingezogen. Ist sehr preiswert und auch toll ausgestattet.“
„Könnten sie mir dieses Etablissement empfehlen?“
„Habe mir schon ein Prospekt besorgt und bin auf eine Zimmerzahl von über dreihundert gekommen, ist das nicht etwas viel?“
„Nein gar nicht, ich habe die Zimmernummer 301, das ist im dritten stock, dadurch genieße ich eine wunderschöne Aussicht über den herrlichen Park und den Blick auf die schönen Schweizer Berge.“
Die (Runzlige Modepuppe, die gar nicht so runzlig aussah) wie Joe vorhin meinte, hörte ihm interessiert zu und sah ihm auch bei seiner kurzen Konversation freundlich ins Gesicht, als wolle sie ihn studieren und auffordern, noch mehr zu erzählen.
Joe war bedacht nicht zu viel von seiner Privatsphäre preiszugeben, konnte sich aber dann doch nicht verkneifen zu sagen:
„Das 302, mir gegenüber steht schon länger frei. Eine kleine gemütliche Zweizimmerwohnung. Habe sie mir auch angesehen, bin dann aber bei meiner großen Einzimmerwohnung geblieben.“ 
„Ihre Ausführungen sind mir sehr hilfreich, werde mir diese freistehende Wohnung von der Direktion zeigen lassen.“
Joe meinte darauf: 
„Da besteht ja die Möglichkeit, dass wir gewissermaßen Nachbarn werden;“ 
Auf das hinauf schlug Gina freudig die Hände zusammen und wollte wissen:
„Darf ich fragen wie sie heißen?“
„Ich bin Joe Klein, Siebenundsiebzig Jahre alt, ein Meter sechsundneunzig groß.“
„Ich bin Giny Trautenfels, pensionierte Fernsehmoderatorin.“
Joe machte große Augen und dachte sich:
„Deshalb ist sie immer noch so perfekt geschminkt, keine Runzelpuppe, wie er zu erst gedacht hat, fast kein Fältchen zu sehen in dem schönen Gesicht.“
„Habe mich vor 15 Jahren aus dem öffentlichen Beruf zurückgezogen, bin jetzt 75 und möchte meinen Lebensabend etwas ruhiger angehen lassen.“
Joe erwachte wieder aus seiner anfänglichen Befangenheit und erzählte auch, auf welchen Wegen er in die Residenz gekommen war.
„Nach dem auch das letzte von fünf Kindern ausgezogen war, fühlte ich mich sehr einsam in dem großen Haus in der Stadt. Habe es erst vermietet und später dann dem Mieter verkauft.
Um der ständigen Einsamkeit zu entfliehen, fuhr ich mit Kreuzfahrtschiffen jahrelang über sämtliche Meere. Sommer Mittelmeer, rotes Meer und Atlantik auf der nördlichen Halbkugel und Winter im Süden, Indischer Ozean, Südsee Australien, Neuseeland, Südamerika und die märchenhafte Karibik. Weihnachten und Neujahr, Ostern und wie die Feiertage alle heißen, habe ich auf dem Schiffen verbracht.“ 
Giny hat aufmerksam zugehört, ist dann spontan aufgestanden: 
„Dann sind sie ja ein weitgereister Mann und wissen was zu erzählen.“ 
Giny nimmt ihre Handtasche von der Bank und verabschiedet sich:
„Jetzt versuche ich an der Resektion jemand zu erwischen, der mir diese Wohnung zeigen kann, von der sie so geschwärmt haben.“

Am Abend sitzt Joe vor dem Fernsehen, wobei ihm immer noch die zauberhafte Giny durch den Kopf schwirrt und die Nachrichten nur so nebenbei seine Ohren streifen und denkt sich: „Wäre doch sehr angenehm, eine weibliche Seele neben sich zu haben, mit der man das Eine oder Andere diskutieren könnte.“ 
Als der Wetterbericht von der Sprecherin abgelesen wird, war es nicht nur ein teilnahmsloses Plappern, die bemühte sich tatsächlich alles Wichtige zu betonen und trotzdem eine schöne Sprachmelodie beizubehalten.
Auf das hatte er vorher gar nie so geachtet.
Während er so sinniert, klopft es vorsichtig an der Türe.

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Kommentare zu diesem Text


 Moja (24.03.21)
Na also, dachte ich am Ende der Erzählung, geht doch, die Geschichte nimmt nun eine andere Richtung.
So wandeln sich Einstellungen, lieber Franky.

Lieben Gruß,
Moja

 FrankReich (24.03.21)
Bezaubernde Jeannie? 😂

Ciao, Frank

 EkkehartMittelberg (24.03.21)
Die negativen Nachrichten häufen sich wie nie zuvor, Franky, da tut deine aufbauende Erzählung gut,
LG
Ekki
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