Was hier stinkt

Anekdote zum Thema Gesellschaft/ Soziales

von  EkkehartMittelberg

Meine Großmutter war eine vornehme Dame, die diese Eigenschaft meistens mit entsprechenden Worten und Gesten zur Geltung zu bringen wusste. Es passte zu ihrem Anspruch, dass meine Tante damals von einem feinsinnigen Pastor umworben wurde.
Am Tage, als dieser seinen Antrittsbesuch machte, ließ meine Großmutter nicht die Umsicht walten, die ihr sonst zu eigen war. Wir frühstückten mit einem Käse, dessen kräftiges Odeur das ganze Haus füllte. Es ließ sich auch durch ausgiebiges Lüften nicht vertreiben.
Als am Nachmittag einige Gäste mit dem geistlichen Würdenträger eintrafen, meinte die Großmutter ihnen eine Erklärung schuldig zu sein und sagte schon bald nach der Begrüßung: „Meine Herrschaften, was hier riecht, ist der Käse.“ Die Damen drückten ihr Kinn auf die Brosche und die Herren auf die Fliege und sie glucksten in sich hinein.
Doch der Herr Pastor half allen aus der Verlegenheit und sagte: „Gnädige Frau, ich habe  nichts anderes erwartet.“ So befreit lachte die Gesellschaft schallend los.

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Kommentare zu diesem Text

nobbi (63)
(01.04.21)
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nobbi (63) meinte dazu am 01.04.21:
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 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 01.04.21:
Merci, nobbi, leider kann ich deinen Tipp nicht mehr an meine Großmutter weitergeben. Wie ich sie kenne, wäre sie bestimmt einsichtsvoll gewesen. :)

Antwort geändert am 01.04.2021 um 15:46 Uhr
ich (54) schrieb daraufhin am 01.04.21:
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 Artname (01.04.21)
Für mich wiederum macht gerade die Erklärung den Charme der Anekdote aus. Die Lockerheit der Großmutter ist eine Treppenstufe für die Lockerheit des Pfarrers. - Eine angenehm leiser Hintersinn.
nobbi (63) äußerte darauf am 01.04.21:
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 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 01.04.21:
Gracias, Artname, meine Oma war nicht ohne Humor. Vielleicht wollte sie diesbezüglich auch speziell den Pastor testen..
@nobbi: Es wäre schade um diese Anekdote gewesen, wenn meine Großmutter geschwiegen hätte.

 TrekanBelluvitsh (01.04.21)
Solange niemand auf die Socken schaute, war das halb so schlimm.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.04.21:
Spassibo, Trekan, ich verstehe, du denkst sicher an die Sockenhalter, die man damals dezent zu verbergen suchte.

 Didi.Costaire (01.04.21)
Hallo Ekki,

das muss ja ein extrem aromatischer Käse gewesen sein. Gibt es so einen heute eigentlich noch?

Beste Grüße,
Dirk

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.04.21:
Gracias, Didi, Madame Pompadour bevorzugte Romadur. Den gibt es immer noch.
Schmunzelnde Grüße
Agnete (66)
(01.04.21)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.04.21:
Vielen Dank, Agnete, es ist paradox. Man kennt kaum noch die Etikette, aber umso besser den Etikettenschwindel.
LG
Ekki

 tueichler (01.04.21)
Das zeugt zumindest von der Aufrichtigkeit und Ehrhaftigkeit des Pastors. Wurde er's denn?

😎

Kommentar geändert am 01.04.2021 um 12:34 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.04.21:
Danke, Tueichler, er war meiner lebenslustigen Tante etwas zu pastoral.
LG
Ekki
Stelzie (55)
(01.04.21)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.04.21:
Merci, kerstin. Er hieß Schade Auch unsere Familie mochte ihn. Als meine Tante sich anders entschied, kommentierten wir: Schade um Herrn Schade.

Liebe Grüße
Ekki

 FrankReich meinte dazu am 01.04.21:
... zu pastoral, nee, ist klar, so ist Deine Tante also aus der Nummer wieder herausgekommen, allererstes Geruchskino, Ekki. 😂

Ciao, Frank

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.04.21:
Danke, Frank. Apropos Geruchskino. Ich habe meiner Frau im Orient mal sehr teures Parfum gekauft und durfte danach die besten Parfums öffnen und schnuppern.. Man glaubt ja gar nicht, dass es so etwas Feines gibt. Das war wirklich Geruchskino.
Servus
Ekki

 TassoTuwas (01.04.21)
Hallo Ekki,
so ist es, die richtige und gepflegte Wortwahl, kann auch heute noch ganze Lebenswege entscheiden!
Raffste das, Alter?
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.04.21:
Gracias, mein Freund,

Hatte ich erst überlegt gewählt,
hat's mir an Worten nicht gefehlt.
Doch will ich nicht verschweigen;
manchmal wollte ich's vergeigen,
habe auf grobe Worte einen groben Keil gesetzt.
Das tat mir gut, es hat gefetzt.

Herzliche Grüße
Ekki

 tulpenrot (01.04.21)
Das war bestimmt der "starke Holger". Ich kenn mich mit Käsedüften aus! *schmunzel* Schließlich gibt es bei uns öfter mal auch Käsefondue. Das riecht noch am nächsten Tag nach ... naja schweigen wir lieber .
Schade um den pastoralen Schade. Er war jedenfalls schlagfertig. Aber deine Großmutter hatte wohl den richtigen "Riecher", um die Begegnung mit ihm in die richtigen Bahnen zu lenken - oder?
LG Tulpi

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.04.21:
Vielen Dank, Tulpi, du hast es getroffen, es war tatsächlich "der starke Holger".
Der pastoralen Schade hatte mit meiner Großmutter mehr Glück. Sie war lange im Gemeindeleben aktiv tätig.
LG
Ekki

 GastIltis (01.04.21)
Lieber Ekki,

als notorischer Zwiebelesser, eine Zwiebel pro Tag schützt lebenslang vor Arthrose, kann ich mich zu deinem Text nur ganz entfernt äußern. Zumal ich gelegentlich vier erwachsene Frauen im Haushalt habe, die alle nicht nur gut riechen, sondern das auch noch können. Wenn ich denke, dass ich alle notwendigen persönlichen hygienischen Maßnahmen abgeschlossen habe, fangen bestimmte für mich irritierende Fragestellungen an. Dagegen ist der Inhalt deines Textes verhältnismäßig harmlos, aber wesentlich erfreulicher. Ostern werde ich nur mit drei von ihnen zu tun bekommen. Und das Küken bringt mir bezeichnenderweise den neuesten DreckSack mit.

Vornehm nimmt die Welt ihren Lauf!
Sei, lieber Freund, von Herzen gegrüßt. Gil.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.04.21:
Lieber Gil,
wenn ich daran denke, wie behutsam du die Schalen von vielen Dingen entfernst, um zum Kern vorzudringen, gewinnt dein Zwiebelessen symbolische Bedeutung.
Mach bitte weiter so mit den Gartenzwiebeln und mit den poetischen Zwiebeln.
Herzliche Grüße
Ekki

 harzgebirgler (01.04.21)
als gottesmann war er eh in der pflicht
denn zum himmel stank der käse sicher nicht!

schmunzelnde grüße
henning

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.04.21:
Merci Henning,

dieser Pastor war unverkrampft in der Liebe,
einigen Priestern wünsche ich...na,du weißt schon.

Besonnene Grüße
Ekki

 AchterZwerg (01.04.21)
Das waren noch Zeiten, lieber Ekki,
als man der züchtigen Hausfrau mit Charme "entgegenkam" und dem Herrn Pastor den Respekt zollte, der ihm zukam.
Schade um Herrn Schade und noch mehr um die sog. gute alte Zeit, wenngleich die bei näherem Hinsehen so schön auch wieder nicht war.
Aber trotzdem schade um all das gute Benehmen ...

Piccola

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.04.21:
Grazie, das empfinde ich auch so, Piccola. Wo man sich gut benimmt, wird Charme geschätzt.
Es grüßt der diskrete Charme der Bourgeoisie
Ekki
Hilde (62)
(02.04.21)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 02.04.21:
Merci, Hilde, ja, sie war couragiert und verstand es, mit ihrem Humor peinliche Situationen aufzulösen.
Liebe Grüße
Ejkki
Al-Badri_Sigrun (61)
(06.04.21)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.04.21:
Grazie, Sigi, ich wollte mit dieser Anekdote ein Schmunzeln auslösen, mehr nicht.
Liebe Grüße
Ekki
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