Der weise Hypothenus

Persiflage zum Thema Idealismus

von  Terminator

- Ich kann deinen Schmerz fühlen, Kathetus.
- Wieder Hungertote, Hypothenus.
- Hast du sie eingesperrt und verhungern lassen?
- Nein, werter Meister. Aber sie tun mir leid.
- Befreie deinen Geist von ihnen, Kathetus. Kümmere dich nicht um sie.
- Wer soll sich denn um diese Armen kümmern, o Hypothenus?
- Diejenigen, die dir vorwerfen würden, über sie zu reden, aber selber tatenlos dazusitzen.
- Warum gerade die?
- Weil die doppelt selbstgerecht sind, o Kathetus. Zuerst lassen sie die Menschen mit ihrer Marktwirtschaft zugrunde gehen, und dann werfen sie jedem Kritiker vor, nichts zu tun ausser zu kritisieren. Nun, wenn sie das Richtige tun, indem sie Menschen verhungern lassen und wiederum das Richtige tun, indem sie die Kritiker in die Schranken weisen, werden sie diejenigen sein, die das Schicksal der Welt zu verantworten haben.



- Was ist los, mein schöner Pyramidian?
- Das Mädchen da, es bricht mein stolzes Herz!
- Erzähl, o Jünglinng!
- Sieh, Hypothenus o Hypothenus, der alte Ratsherr treibt jede Nacht empirische Erkenntnis ob des Mädchens.
- Was geht dich das an, o süßer Pyramidian?
- Das Mädchen ist Mein, o Meister! Ich liebe es und es gehört einem Anderen.
- Nein, Unwissender, du liebst es nicht. Was liebtest du einen Körper, der zu 6 Teilen aus Wasser besteht, zu 2 Teilen aus Fett und zu 2 restlichen Teilen aus weiß Zeus was! Es sind nur neunzig Handvoll rohes Fleisch, was gedenkst du es zu lieben? Lieben tuest du nicht, du begehrest nur.
- Wen liebe ich dann, Meister?
- Dich selbst, holder Pyramidian. Du ehrst dich und hast Achtung vor dir, und sobald du ein Mädchen findest, für welches du dasselbe empfindest, dann liebst du es, o Jüngiling!
- Und wenns die Göttin Aphrodite ist?
- PYRCHEN, KOMM MAL KURZ IN DEN HIMMEL!



- Lass dich nicht stören, Hedonikus.
- Du weißt, ich plane einen Attentat, lieber Hypothenus.
- Es dauert mich zwar des Lipophilikus, aber ich halte dich nicht auf noch erzähle ich seinen Bodyguards von deinem Vorhaben.
- Wieso, o Hypothenus?
- Das ist der Lauf der Dinge, Hedonikus. Lässt du ihn heute leben, tötet ihn morgen ein Anderer. Ein Betrüger ist Lipophilikus, viele stolze Jünglinge hat dieser Anwalt um ihren Lohn gebracht.
- Aber ist das nicht deine moralische Pflicht, ihn zu warnen, Hypothenus?
- Ich bin doch nicht sein Babysitter. Warum soll ich einen Verbrecher vor einem anderen Verbrecher warnen, Hedonikus?
- Halte bitte kurz die Schnur, lieber Hypothenus.
- Von mir aus...
- Danke, Hypothenus. Wünsch mir Glück.
- Du hast ohnehin ein glückliches Händchen, Hedonikus. Es ist moralisch verwerflich, was du vorhast, und ich verurteile dich zutiefst. Nun geh schon, geh, bevor Lipophilikus in seinem Gemache verschwindet...


Anmerkung von Terminator:

2007

2111 Emil-Cioran-Preis zur Förderung des Nihilismus

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