Spiegel

Kurzprosa

von  BeBa

Lange wohnen wir in einer geräumigen Wohnung, ziehen um in drei, zuletzt in zwei Zimmer und gehen nicht mehr aus. Wir lassen uns das Essen liefern und mein Arzt schreibt mich bis auf weiteres krank.
An diesem Morgen aber, ich ziehe gerade heimlich die gesammelten Parkknöllchen unter dem Scheibenwischer meines Autos hervor, zwinkert mir jemand zu, stolpert und fällt zu Boden. Ich stehe wie angewurzelt da, er jedoch erhebt sich, streicht seine schmutzige Hose glatt und läuft weiter.
Ich stehe mit all den Knöllchen in der Hand, als die Kirchturmuhr fünf Uhr nachmittags schlägt. Und ihr Schlagen nimmt kein Ende.
Als ich heimkehre, ist meine Frau um Jahre gealtert. Ihr Lächeln erschreckt mich, ihrem Gebiss fehlen die Zähne.
Früh gehe ich zu Bett.
Am nächsten Morgen liegt sie neben mir: schön und jung wie immer. Ich küsse sie und ihren Schlaf. Stehe auf. Gehe ins Badezimmer.
Dort, im Spiegel dann: Ich in über dreißig Jahren.
Aus dem Schlafzimmer lockt es: Komm zu mir!

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Kommentare zu diesem Text

Stelzie (55)
(03.07.21)
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 BeBa meinte dazu am 03.07.21:
So ist es, liebe Kerstin.

LG
BeBa

 eiskimo (03.07.21)
Ich überlege, wer dieses schattenlose Wesen war, dass Dich just beim Knöllchen-Einsammeln traf.
Ich selbst habe auch eine Frau ohne Zähne, aber kein Auto - wie komme ich zu einer so tief greifenden Begegnung?
Zwei-Zimmer-Grüße von
Eiskimo

 BeBa antwortete darauf am 03.07.21:
Fragen über Fragen, Eiskimo.

Danke dir und LG
BeBa
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